Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Trompete ist bis weit in die Nachbarschaft zu hören
Familie Lutz und Familie Schmal beteiligen sich am abendlichen Musizieren in Mengen
MENGEN (vr) - Das Wetter ist am Freitag- und Samstagabend nicht sehr einladend. Trotzdem haben in Mengen einige Bürger musiziert und gesungen. Dabei haben sie Abstand zueinander gewahrt, waren aber doch beieinander. Die benachbarten Familie Lutz und Familie Schmal haben dem Aufruf „Mengen singt“von Bürgermeister Stefan Bubeck gehört und haben am Samstag vom Balkon und von der Terrasse aus das Ölberglied gespielt und gesungen. Die Nachbarschaft saß an den Fenstern oder stand auf der Haustreppe, mit dem Amtsblatt in der Hand, um den Text mitzusingen. Es war ein Zeichen der Verbundenheit mit den Menschen, die täglich im Krankenhaus, im Pflegeheim und in den Geschäften arbeiten, damit das Leben weitergeht. Es war ein Musizieren gegen die Traurigkeit, die der Coronavirus ins Land gebracht hat.
„Als ich vor ein paar Tagen zum ersten Mal über Facebook gelesen hatte, dass in Mengen geplant werde, Lieder zu spielen und zu singen, dachte ich ehrlich gesagt im ersten Moment noch an Fake news“, berichtet Volker Lutz. Er hatte die Bilder vor Augen, wie in Italien Menschen in mehrgeschossigen Häusern und engen Straßen gemeinsam gesungen und auf Instrumenten gespielt haben und er habe gedacht, das könne in Mengen, wo es eher kleinere Häuserstrukturen und viele Wohngebiete gibt, nicht unbedingt funktionieren zumindest nicht mit so beeindruckenden Effekten wie in Italien.
Erst als er aber die Veröffentlichung auf der Homepage der Stadt Mengen und in den Stadtnachrichten gesehen habe, habe er es ernst genommen. „Als eingefleischter Musiker war es für mich und meine Familie natürlich eine Ehrensache, dass wir uns daran beteiligen“, erklärt Lutz. Also spielte er am Freitagabend wie im Amtsblatt vorgeschlagen das Schnettermarktlied. „Auf einen Foto-Post in Facebook und andere Mitteilungen kamen nach dem Spielen des Schnettermarktlieds Rückmeldungen aus der weiteren Nachbarschaft, dass unsere Trompetenmelodie gehört wurde und manche passend dazu mitgesungen haben“, sagt Lutz. Insbesondere an einem Abend, an dem sonst die Musikprobe der Stadtkapelle stattgefunden hätte, sei das Spielen ein kleiner Ausgleich und ein Zeichen in dieser Krisenzeit trotz verordneter und notwendiger Abstände doch noch gemeinsame Erlebnisse zu ermöglichen, sagt Lutz.
So hat die Familie Lutz mit ihrer Nachbarschaft dreimal pünktlich um 18 Uhr gespielt und gesungen: das Schnettermarktlied, das Ölberglied, die Nationalhymne und im Anschluss daran die Europahymne „Freude schöner Götterfunken“, weil sie in diesen Tagen auch sehr gut als Solidaritätszeichen mit den Nachbarländern passt und deutschlandweit dazu aufgerufen worden war.