Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Internistische Station schließt früher
Sana gibt Personalmangel dafür an – Ambulante Versorgung der Inneren bleibt in Riedlingen
RIEDLINGEN (ksc/mbu/wawo) - Im Oktober vergangenen Jahres wurde seitens des Betreibers bekanntgegeben, dass der stationäre Betrieb der Sana Klinik Riedlingen zum 30. Juni 2020 aufgegeben wird. Jetzt teilt Sana in einer Pressemitteilung mit, dass dies in Bezug auf die stationäre internistische Abteilung bereits zum 1. April geschieht. Begründet wird dies mit „aktuellen personellen Entwicklungen sowie der derzeitigen sehr dynamischen und überaus herausfordernden Situation im Hinblick auf die Corona-Pandemie“. Betont wird allerdings, dass die ambulanten internistischen Versorgungsangebote weiterhin „uneingeschränkt zur Verfügung“stehen und darüber hinaus planmäßig weiter ausgebaut werden. Versichert wird vom Ärztlichen Direktor der Sana-Kliniken Dr. Ulrich Mohl zudem, dass „selbstverständlich“weiterhin ein Notarzt rund um die Uhr am Standort Riedlingen in Dienstbereitschaft sein wird, sodass die notärztliche Versorgung vor Ort in vollem Umfang gewährleistet sei.
Begründet wird die Entscheidung, den stationären Betrieb der internistischen Abteilung vorzeitig einzustellen, mit personellen Problemen. „Das Ärzteteam der Medizinischen Klinik in Riedlingen hatte sich bereits Ende Januar mit dem Austritt einer Assistenzärztin angefangen, zu reduzieren. Ende Februar ist dann noch ein weiterer Assistenzarzt ausgeschieden; Ende März verlässt die letzte verbliebene Assistenzärztin sowie eine Fachärztin die Abteilung. Ab 1. April stünde somit nur noch eine internistische Fachärztin zur Verfügung. „Aus diesem Grund können wir den stationären Betrieb der Inneren Medizin, auch im Hinblick auf die vollumfänglich erforderlichen Biberacher internistischen Kapazitäten im Zuge der Versorgung einer möglicherweise größeren Anzahl an stationären Corona-Patienten, leider nicht wie geplant bis Ende Juni aufrechterhalten“, so Sana Geschäftsführerin Beate Jörißen.
Weiter wird in der Pressemitteilung erklärt, dass mit Bekanntgabe der Schließung der stationären Strukturen zum 30. Juni, in den vergangenen Monaten „zahlreiche konstruktive Gespräche und Verhandlungen mit dem Betriebsrat, insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarung eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sana Klinik Riedlingen“, stattgefunden hätten. „Gemeinschaftlich konnten wir dabei zufriedenstellende Lösungen erarbeiten und erfreulicherweise allen Mitarbeitern über alle Berufsgruppen hinweg ein Übernahmeangebot – mit neuem Dienstort in Biberach oder Laupheim – ab dem 1. Juli 2020 unterbreiten“, urteilt Jörißen.
Hierbei seien unter anderem auch Wegstreckenentschädigungen sowie finanzielle Unterstützung bei einem Umzug angeboten und vereinbart worden. 94 Prozent der Mitarbeiter am Standort Riedlingen hätten dieses Weiterbeschäftigungsangebot angenommen – so auch die Ärzte im Bereich der Inneren Medizin. „Leider haben sie sich im Nachgang nun aber doch für einen anderen Weg entschieden“, so die Geschäftsführerin weiter.
Um in der Medizinischen Klinik Riedlingen den Tag- und den Bereitschaftsdienst an Wochentagen sowie an Wochenenden und Feiertagen sicherstellen zu können, würden insgesamt mindestens ein Facharzt und drei Assistenzärzte, also insgesamt vier Vollzeitkräfte (VK), benötigt. Bei Abschluss des Sozialplans seien 1,9 Fachärzte und drei Assistenzärzte in Vollzeit in der Medizinischen Klinik Riedlingen beschäftigt gewesen. Nach den aktuellen personellen Entwicklungen stehe ab dem 1. April nun allerdings nur noch eine Facharztstelle (0,9 VK) zur Verfügung.
„Unter diesen Umständen kann eine adäquate ärztliche Betreuung im Bereich der Inneren Medizin am Standort Riedlingen sowie damit verbunden eine verantwortungsvolle stationäre Patientenversorgung nicht mehr gewährleistet werden“, so Sana. Man habe „natürlich versucht, Lösungen zu finden“und die Vakanzen bis zum 30. Juni 2020 beispielsweise durch die Unterstützung von Ärztinnen und Ärzten aus Biberach
zu überbrücken. Dies sei angesichts der aktuellen Situation nicht realisierbar, in der man alle vorhandenen Kapazitäten – insbesondere im Bereich der Inneren Medizin - am Biberacher Klinikum benötige. „Daher bleibt uns keine andere Möglichkeit, als den stationären internistischen Betrieb zum 1. April einzustellen“, so Jörißen. Die verbliebenen Mitarbeiter der Medizinischen Klinik Riedlingen würden dann bereits im April ihren Dienst in den Kliniken in Biberach oder Laupheim aufnehmen, womit eine nahtlose Weiterbeschäftigung garantiert sei.
Patienten, deren Symptomatik unter den Fachbereich der Inneren Medizin fällt, würden demzufolge ab 1. April im Sana Klinikum Biberach stationär behandelt werden. Darunter falle auch die internistische Notfallversorgung. Die Behandlung von Corona-Patienten wird im Kreis Biberach, wie berichtet, auf das Zentralklinikum Biberach konzentriert. Gerade in der aktuellen Situation sei es essenziell, die begrenzten Ressourcen sinnvoll, beziehungsweise gezielt zu bündeln, hält der Ärztliche Direktor Dr. Mohl fest, der unterstreicht, die Isolation von Patienten erfordere einen immensen personellen und materiellen Aufwand. „Hier ist es medizinisch absolut sinnvoll, zentral zu arbeiten und alle Kompetenzen und erforderlichen Strukturen in einem Haus unter einem Dach zu haben.“
Zur vorzeitigen Schließung der Inneren Medizin im Riedlinger
Krankenhaus sagt Josef Martin, Sprecher der Fraktion Bürgerliste im Gemeinderat von Riedlingen: „Das ist unverantwortlich von den Sana-Kliniken. Momentan ist völlig offen, wie Operationen jetzt und künftig in Riedlingen stattfinden sollen. Für mich ist nicht nachvollziehbar, wie wir das übergangsweise managen sollen. Wir brauchen in Riedlingen ambulante OP-Möglichkeiten. Es muss gewährleistet sein, dass der Operationsbetrieb weitergeht.“
Dorothea Kraus-Kieferle, Sprecherin der Fraktion „Wir in Riedlingen“im Riedlinger Gemeinderat sagt: „Ich bin am Donnerstag nur kurz informiert worden, dass die Innere Medizin im Riedlinger Krankenhaus, bereits am 1. April geschlossen wird. Die Rendite-Orientiertheit der Sana-Kliniken, bei der die Anzahl des Personals auf ein Minimum heruntergefahren wird, das fliegt den Bürgern des Landkreises Biberach nun um die Ohren. Das wird sich rächen. Unsere Fraktion wird den Gedanken weiterverfolgen, dass ein ambulantes OP-Angebot in Riedlingen etabliert wird. Wir müssen auch am Thema Gesundheitszentrum in unserer Stadt weiterarbeiten.
Verständnislos zeigt sich auch der Sprecher der Fraktion „Mut tut gut“im Gemeinderat Riedlingen, Manfred Schlegel. „Ich bin erbost über die Sana-Kliniken, denn wieder wurden die Riedlinger ohne vorherige Abstimmung mit den politischen Verantwortlichen dieser Stadt vor vollendete Tatsachen gestellt. Für unsere Fraktion ist es jetzt oberstes Ziel, den Bestand der vorhandenen chirurgischen Einrichtungen im Krankenhaus als Anker-Infrastruktur zu sichern. Wir bitten die SanaKliniken und den Landkreis Biberach darum, eine Einigung für einen Weiterbetrieb der Inneren Medizin zu finden. Darüber hinaus bitten wir den Landkreis als Gesellschafter der Sana-Kliniken Biberach und den Landrat persönlich, sich dafür einzusetzen, die vorgesehene Schließung zum 1. April zu verhindern. Der Landkreis muss sein Veto in den entsprechenden Gesellschafter-Gremien der Kliniken einlegen.“Außerdem müsse er auch sein Unverständnis zum Ausdruck bringen, dass die Innere Medizin ausgerechnet in Zeiten der schweren Coronavirus-Krise geschlossen werde. „Genau jetzt bräuchten wir jegliche Klinik-Kapazitäten, um die Pandemie zu bewältigen“, so Schlegel.
Nicht überrascht war Christoph Selg von der Riedlinger Bürgerinitiative (BI). Nun trete ein, was die Buschtrommeln schon seit längerer Zeit verkünden, sagte er gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“. Natürlich schmerze die Entscheidung. Allerdings müsse man endlich aufhören, immer nach Sana zu schielen. „Wir müssen unser Schicksal selbst in die Hand nehmen“, so Selg. Die Stadt müsse die Rolle annehmen, selbst etwas auf den Weg zu bringen und ein Konzept realisieren. Jörg Boßler von der CDU war am Donnerstag telefonisch nicht erreichbar.