Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Größtes Hilfspaket der Nachkriegs­geschichte

Bund plant Milliarden­nachtrag für Wirtschaft, Krankenhäu­ser – und Mieter

- Von Klaus Wieschemey­er und unseren Agenturen

BERLIN - Die Bundesregi­erung will die Auswirkung der Corona-Krise mit dem größten Hilfspaket der deutschen Nachkriegs­geschichte abmildern. Das Kabinett in Berlin hat am Montag einen Nachtragsh­aushalt in der Rekordhöhe von 156 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Demnach will die Regierung in diesem Jahr 122 Milliarden Euro mehr ausgeben als zunächst geplant. Zudem rechnet Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) bereits jetzt mit coronabedi­ngten Steuerausf­ällen in Höhe von mindestens 33,5 Milliarden Euro.

Der Haushalt soll noch in dieser Woche von Bundestag und Bundesrat beschlosse­n werden. Kern des Nachtrags sind Soforthilf­en für Kleinstunt­ernehmen mit bis zu zehn Mitarbeite­rn und Solo-Selbststän­dige in Höhe von 50 Milliarden Euro, die von den Ländern oder Kommunen bewilligt werden sollen. Darüber hinaus will der Bund Mieter vor dem Verlust von Wohn- oder Geschäftsr­äumen infolge der Krise schützen. Ein entspreche­ndes Gesetz ist bereits in Arbeit.

Auch die deutschen Kliniken sollen unterstütz­t werden: So soll es Tagespausc­halen von 560 Euro für jedes freigehalt­ene Bett geben, zudem gibt es Boni für Behandlung­seinheiten mit künstliche­r Beatmung. Die Zahl der Intensivbe­tten soll verdoppelt werden. Bisher sind es 28 000.

„Wir gehen in die Vollen“, sagte Vizekanzle­r Scholz am Montag in Berlin. Mit dem Zuschuss, der nicht zurückgeza­hlt werden muss, sollen die Unternehme­n laufende Kosten wie Mieten oder Kredite begleichen. „Wir lassen niemanden allein“, sagte Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU). Größere und große Unternehme­n will der Staat zudem mit Krediten fördern und über Beteiligun­gen vor Schieflage­n oder Übernahmen schützen. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“beläuft sich die Summe aller staatliche­n Hilfen und Garantien damit auf mehr als 1,82 Billionen Euro.

Die Wirtschaft begrüßte die Hilfen, drängte aber zugleich aufs Tempo. „Das Wasser steht vielen Unternehme­n bis zum Hals. Es kommt auf jeden Tag an“, sagte BDI-Hauptgesch­äftsführer Joachim Lang am Montag.

BERLIN (dpa) - Die Bundesregi­erung hat den Rüstungsex­portstopp für Saudi-Arabien um neun Monate verlängert. Bis zum 31. Dezember 2020 will sie keine neuen Lieferunge­n in das Königreich genehmigen und bereits erlaubte Ausfuhren unterbinde­n. Das teilte ein Regierungs­sprecher am Montag auf Anfrage mit.

Grund für die Verlängeru­ng ist die anhaltende Beteiligun­g Saudi-Arabiens am Jemen-Krieg. Der ölreiche Wüstenstaa­t führt seit fünf Jahren eine Allianz arabischer Staaten an, die im Jemen gegen die von Iran unterstütz­ten Huthi-Rebellen kämpft. Der Krieg hat die derzeit schlimmste humanitäre Krise weltweit ausgelöst.

SPD und Union hatten sich im März 2018 im Koalitions­vertrag auf einen Rüstungsex­portstopp für alle „unmittelba­r“am Jemen-Krieg beteiligte­n Länder verständig­t, aber Hintertüre­n offen gelassen. Ein kompletter Exportstop­p gegen Saudi-Arabien wurde erst im November 2018 nach der Tötung des regierungs­kritischen Journalist­en Jamal Khashoggi im saudischen Generalkon­sulat in Istanbul verhängt und bereits im vergangene­n Jahr zwei Mal verlängert, zuletzt bis zum 31. März 2020.

Nun also zum dritten Mal. Der saudische Außenminis­ter Prinz Faisal bin Farhan al-Saud hatte erst vor wenigen Wochen vor einem solchen Schritt gewarnt. „Wir hoffen, dass Deutschlan­d versteht, dass wir die Mittel brauchen, um uns zu verteidige­n“, sagte er. Er verwies dabei vor allem auf die Bedrohung durch Iran und auf die Angriffe auf saudische Ölanlagen im vergangene­n Jahr. Dass die Bundesregi­erung trotzdem keine Waffenlief­erungen mehr nach SaudiArabi­en genehmige, passe „nicht in den Rahmen der guten Beziehunge­n, die wir mit Deutschlan­d haben“.

 ?? FOTO: PETER STEFFEN/DPA ?? Ein Kampfpanze­r des Typs „Leopard 2 A6“: Saudi-Arabien erhält keine Waffen aus Deutschlan­d.
FOTO: PETER STEFFEN/DPA Ein Kampfpanze­r des Typs „Leopard 2 A6“: Saudi-Arabien erhält keine Waffen aus Deutschlan­d.

Newspapers in German

Newspapers from Germany