Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Nach der Fusion entsteht viel Neues
Der Regionalbischof der evangelischen Kirche besucht Sigmaringen
SIGMARINGEN - Zum Abschluss seiner Visitation der örtlichen Gemeinde hat der evangelische Regionalbischof Christian Rose in der Kreuzkirche einen Gottesdienst aufgezeichnet. Bei einem Redaktionsbesuch der „Schwäbischen Zeitung“sagte der Prälat: „Die Lage ist so ernst wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Politiker wie Trump und Bolsonaro haben das Virus lächerlich gemacht, aber sie selbst haben gemerkt, dass es nicht lächerlich ist.“
Rose ist der Vertreter des württembergischen Landesbischofs in der Prälatur Reutlingen, die von Pforzheim bis Krauchenwies reicht. In den vergangenen zwei Wochen absolvierte er eine Reihe von Gesprächen mit örtlich Verantwortlichen – anfangs noch persönlich, wegen der Corona-Krise zuletzt über andere Kanäle.
Über die aktuelle Situation in der evangelischen Gemeinde Sigmaringens, die auch das Gebiet der politischen Gemeinden Bingen, Inzigkofen, Krauchenwies und Sigmaringendorf abdeckt und rund 4850 Mitglieder zählt, sagt der Regionalbischof: „Nach dem Zusammenschluss der beiden Gemeinden in Sigmaringen nehme ich wahr, dass die Gemeinde auf einem guten Weg ist.“Die ehemalige Militärkirchengemeinde musste sich unfreiwillig der evangelischen Gemeinde Sigmaringens anschließen, was Zwist auf beiden Seiten ausgelöst hatte.
Codekanin Dorothee Sauer und Pfarrer Matthias Ströhle waren vor rund zwei Jahren in die Gemeinde gekommen, als sich die stürmische See langsam beruhigte. „Es kehrt eine Unbesorgtheit und Freiheit ein“, beschreibt Ströhle die Situation aus seiner Sicht. Zwischen den ehemals selbstständigen Gemeinden entwickle sich mehr und mehr ein intensives Beziehungsgeflecht.
Während der Visitation sei deutlich geworden, so das Pfarrerehepaar, dass außerhalb Sigmaringens mehr Präsenz notwendig sei. Aktuell entstehe zudem sehr viel Neues. Die beiden Pfarrer nennen die „Kleine Kirche“für Familien mit Kleinkinder, das politische Nachtgebet und das Kleiderreich, das in Kürze an der Burgstraße eröffne, als Beispiele. „Wir haben noch viele weitere Ideen, aber uns fehlt die Zeit zur Umsetzung“, sagt Dorothee Sauer.
Das gemeinsame Büro am Markt der beiden christlichen Kirchen, das sogenannte Mittendrin, nennt der Regionalbischof „sensationell und wegweisend“zugleich. Er wisse von keinem zweiten Gebilde dieser Art im Gebiet der evangelischen Prälatur Reutlingen.
Die Verantwortlichen vor Ort und Prälat Rose machen mehr und mehr die Erfahrung, dass viele Gemeindemitglieder bewusst miteinander in Beziehung treten wollen. „WhatsApp ersetzt nicht die persönliche Begegnung“, sagt der Regionalbischof und zitiert den Religionsphilosophen Martin Buber. „Am Du wird der Mensch zum Ich“lasse sich problemlos in die heutige Zeit und in die Arbeit der evangelische Kirche Sigmaringens übertragen. Wobei gerade dieser Austausch in Zeiten des Coronavirus auf eine neue Weise organisiert werden muss.