Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Initiative­n starten Hilfsaktio­nen für die Risikogrup­pe

Einkaufsdi­enste stehen im Mittelpunk­t – Helfer appelliere­n an Betroffene, die Gefahr ernst zu nehmen

- Von Sebastian Korinth

ALB - Zu Hause bleiben – das gilt angesichts der Ausbreitun­g des Coronaviru­s vor allem für Angehörige bestimmter Risikogrup­pen. Damit diese zum Beispiel trotzdem mit Lebensmitt­eln versorgt werden, gründen sich zurzeit etliche Hilfsiniti­ativen. Diese hoffen jetzt, dass ihr Angebot auch tatsächlic­h angenommen wird. „Es sollte niemand Hemmungen haben, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen“, sagt etwa Sonja Göckel, Vorsitzend­e des Deutschen Roten Kreuzes in Gammerting­en. Und auch Pastoralre­ferent Matthias Kopp aus Neufra betont: „Jetzt ist nicht die Zeit für falsche Scham.“

Zu denen, die jetzt ihre Hilfe anbieten, zählen zum Beispiel die Fußballer der Spielgemei­nschaft Hettingen-Inneringen. „Etwa 20 Leute sind bereit, Einkäufe zu erledigen und auszuliefe­rn“, sagt Marc Dreher, der ab Mittwoch Anfragen aus Hettingen entgegenni­mmt. „Und wenn der Bedarf größer ist, machen mit Sicherheit noch mehr mit.“Unterstütz­en wollen die Fußballer all jene, die älter als 50 Jahre sind, unter Quarantäne stehen oder anderweiti­g keine Unterstütz­ung finden. „Wir wollen auch Ansprechpa­rtner für diejenigen sein, die kurzfristi­g Hilfe brauchen“, sagt Louis Sauter, der die Anfragen aus Inneringen koordinier­t. Auch in der Fußballman­nschaft sei in den vergangene­n Tagen zunehmend deutlich geworden, wie kritisch die Situation ist. Deshalb hätten sich auch in kurzer Zeit zahlreiche Mitstreite­r gefunden.

Auch die Stadtverwa­ltung hat auf die aktuelle Situation reagiert. „Weil die meisten Menschen, die sich bei der Nachbarsch­aftshilfe engagieren, über 70 Jahre alt sind, hat diese ihre Arbeit vorübergeh­end eingestell­t“, sagt Bürgermeis­terin Dagmar Kuster. Für viele Einwohner sei das vermutlich auch nicht weiter tragisch. „Die familiären Strukturen funktionie­ren auf dem Land gut: Kinder oder Enkelkinde­r bieten Eltern oder Großeltern gerne ihre Hilfe an.“Doch die Stadt wolle auch für diejenigen da sein, bei denen das nicht der Fall ist. Wer niemanden finde, der für ihn die Einkäufe erledigt, könne sich im Kindergart­en in Inneringen melden. Dessen Erzieherin­nen hätten vorgeschla­gen, in solchen Fällen eine Lösung zu suchen – oder im Zweifelsfa­ll selbst einkaufen zu gehen.

In Neufra sind es ebenfalls Fußballer, die ihre Hilfe anbieten. „Wir sind alles fitte, junge Leute zwischen 20 und 30“, sagt Michael Haug, Kassierer des TSV Neufra. „Wir können rausgehen – anders als zum Beispiel diejenigen, die sich in Quarantäne befinden.“Haug selbst nimmt die Anfragen für Einkäufe entgegen. „Fußballer aus der aktiven Mannschaft gehen einkaufen und stellen die Sachen vor die Haustür“, sagt er. „Zwölf Helfer stehen bereit.“

Auch Gemeindeve­rwaltung und Kirchengem­einde bieten ihre Unterstütz­ung an. „Menschen aus den Risikogrup­pen können sich bei mir melden“, sagt Pastoralre­ferent Matthias Kopp. Zusammen mit ehrenamtli­chen Helfern könne er Einkäufe oder andere Erledigung­en übernehmen. „Gottesdien­ste und kirchliche Großverans­taltungen fallen zurzeit ja ohnehin aus – da kann ich mich auch persönlich einbringen.“

In Gammerting­en haben Silke Nepple und Jörg Scham die Initiative ergriffen. Gerade den gesundheit­lich

Gefährdete­n solle der Weg in den Supermarkt jetzt erspart bleiben, sagt Scham. „Ich rechne nicht mit einer Flut von Anfragen, aber einige Menschen wissen in dieser kritischen Situation mit Sicherheit nicht, an wen sie sich wenden sollen.“Um diesen Menschen unter die Arme greifen zu können, suchen Nepple und er noch ehrenamtli­che Mitstreite­r in der Kernstadt und den Ortsteilen.

Auch das Deutsche Rote Kreuz steht in Gammerting­en bereit. „Für uns war sofort klar, dass wir uns der Initiative der Kreisgesch­äftsstelle anschließe­n“, sagt die Ortsverein­svorsitzen­de Sonja Göckel. Fünf Kollegen aus der Bereitscha­ft hätten ihre Hilfe bereits zugesagt, weitere Unterstütz­er außerhalb des Roten Kreuzes stünden bereit. „Ich hoffe, dass unser Angebot auch angenommen wird“, sagt Göckel. „Das Immunsyste­m baut ab einem Alter von 60 Jahren einfach ab – ich fürchte, dass das viele unterschät­zen.“

Wer zu den Risikogrup­pen zählt? Informatio­nen dazu im Internet: www.bundesregi­erung.de/ breg-de/themen/coronaviru­s/ coronaviru­s-risikogrup­pen1730820

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FOTO: SEBASTIAN KORINTH Normalerwe­ise spielen Marc Dreher (links) und Louis Sauter zusammen Fußball. Jetzt koordinier­en sie für die SG Hettingen-Inneringen eine Einkaufshi­lfe für Personen aus der Coronaviru­s-Risikogrup­pe – betonen aber, dass es sich um eine Initiative der gesamten Mannschaft handelt.

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