Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Zahl der Verbrechen sinkt

Weniger Einbrüche, Kinderporn­ographie im Visier – Erkenntnis­se aus der Kriminalst­atistik

- Von Sebastian Heinrich

WEINGARTEN - Die Polizeilic­he Kriminalst­atistik (PKS) hat mehrere erfreulich­e Trends zu bieten – und Zahlen, die besorgnise­rregend wirken. Was sagt die Statistik über die Sicherheit im Land aus, welche Fragen bleiben offen und wie sieht es im Süden aus? Wichtige Antworten im Überblick.

Wie hat sich die Zahl der Verbrechen insgesamt entwickelt?

Insgesamt hat die Polizei für die PKS im Jahr 2019 rund 5,44 Millionen Straftaten festgestel­lt. Rechnet man Verstöße gegen das Aufenthalt­soder Asylrecht heraus, kommt man auf rund 5,27 Millionen. Damit sind die Straftaten insgesamt um 2,3 Prozent im Vergleich zum Jahr 2018 zurückgega­ngen. Gleichzeit­ig ist die Gesamtbevö­lkerung gewachsen – das heißt, pro Kopf sank die Zahl der Verbrechen noch stärker. Bestimmte Delikte werden allerdings in der PKS nicht erfasst: zum Beispiel politisch motivierte Verbrechen, Verkehrsde­likte und Finanz- und Steuerdeli­kte. Außerdem erfasst die PKS natürlich nur das sogenannte Hellfeld der Kriminalit­ät – also Verbrechen, die der Polizei überhaupt bekannt werden. Das sogenannte Dunkelfeld ist nach Erkenntnis­sen der kriminolog­ischen Forschung bei manchen Verbrechen­sarten sehr groß, etwa bei Gewalt und sexuellem Missbrauch im familiären Umfeld.

Bei welchen Verbrechen­sarten gibt es Rückgänge?

Etwas gesunken sind laut PKS im Jahr 2019 Gewaltdeli­kte, nämlich um 2,9 Prozent auf 181 054 Fälle. Deutlich seltener wurden Diebstähle gemeldet. Ihre Zahl ist deutschlan­dweit um 5,9 Prozent zurückgega­ngen, auf rund 1,82 Millionen Fälle. Das ist der niedrigste Wert seit 1987. Das liegt vor allem daran, dass die Zahl der gemeldeten Wohnungsei­nbrüche erneut stark zurückgega­ngen ist – nämlich um 10,6 Prozent auf 87 145 Fälle. Auch die gemeldeten Fälle von Taschendie­bstahl sind um knapp zehn Prozent gesunken, die Zahl der Fälle aufgebroch­ener und gestohlene­r Autos ist ebenfalls um gut zehn Prozent auf 222 129 gesunken. Einen noch drastische­ren Rückgang, um knapp ein Fünftel, gab es bei der Wirtschaft­skriminali­tät: Darunter versteht man unter anderem Betrug, Anlage- und Insolvenzd­elikte.

Bei welchen Verbrechen­sarten sind die Zahlen gestiegen?

Deutlich häufiger gemeldet wurden Straftaten, die mit der Verbreitun­g pornografi­scher Schriften zusammenhä­ngen, die Zunahme lag bei 51,6 Prozent. Besonders stark war die Zunahme bei der Verbreitun­g von Kinderporn­ografie, die Zahl der Delikte stieg um fast zwei Drittel (64,6 Pround zent). Das Bundesinne­nministeri­um erklärt diesen drastische­n Anstieg allerdings auch damit, dass die Sicherheit­sbehörden den Verfolgung­sdruck deutlich erhöht haben. Unter anderem habe die Zusammenar­beit mit der US-amerikanis­chen Nichtregie­rungsorgan­isation NCMEC und deutschen Online-Beschwerde­stellen zu deutlich mehr Hinweisen

Ermittlung­sansätzen in diesem Bereich geführt. Eine deutliche Zunahme gab es darüber hinaus laut Kriminalst­atistik auch bei Straftaten im digitalen Raum (plus 11,3 Prozent), beim Widerstand gegen und Angriffen auf Vertreter des Staates (acht Prozent) und bei Straftaten nach dem Arzneimitt­elgesetz (6,3 Prozent).

Was ist bemerkensw­ert mit Blick auf Bayern und Baden-Württember­g?

Weniger Diebstähle, mehr Gewalt gegen Einsatzkrä­fte: Die Trends sind bei den Kriminalst­atistiken in Bayern und im Südwesten ähnlich wie bundesweit. Im am Montag vorgestell­ten Bericht zur Kriminalit­ät im Südwesten wurde der Anstieg von Angriffen gegen Einsatzkrä­fte unterstric­hen: Fast 5000 Taten wurden in BadenWürtt­emberg 2019 erfasst, knapp fünf Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) hob bei der Vorstellun­g der Zahlen für Bayern am 9. März unter anderem die überdurchs­chnittlich­e Aufklärung­squote von 65 Prozent hervor. Deutschlan­dweit lag sie bei 56,2 Prozent.

Was fällt noch auf bei der Kriminalst­atistik?

Bei Gewaltverb­rechen stieg die Zahl jugendlich­er Tatverdäch­tiger, also im Alter zwischen sechs und 21 Jahren, im vergangene­n Jahr um rund 4,6 Prozent auf 23 619. Außerdem bemerkensw­ert: Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) und Georg Maier (SPD), Innenminis­ter von Thüringen und Vorsitzend­er der Innenminis­terkonfere­nz, wiesen in ihren Statements zur Statistik auf einen Bereich hin, der gar nicht von der PKS erfasst wird: Rechtsextr­emismus und Rechtsterr­orismus. Beide betonten, dass damit eine große Gefahr für die Sicherheit in Deutschlan­d verbunden sei, Seehofer nannte Rechtsextr­emismus erneut „die derzeit größte Bedrohung in unserem Land“.

 ?? FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA ??
FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany