Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Ohne Abschläge früher in Rente – geht das?

Experten der Deutschen Rentenvers­icherung beantworte­ten Fragen von Lesern bei einer Telefonakt­ion der „Schwäbisch­en Zeitung“

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RAVENSBURG (sz) - Die gesetzlich­e Rentenvers­icherung ist für die meisten Menschen in Deutschlan­d die wichtigste Säule der Alterssich­erung. Jedes Jahr erhalten rund 800 000 Versichert­e erstmalig ihre Rente, ein Großteil von ihnen bereits vor Erreichen des regulären Rentenalte­rs. Für viele von ihnen ergeben sich mit dem neuen Lebensabsc­hnitt auch Fragen. Cathleen Nordt und Andre Haberbosch von der Deutschen Rentenvers­icherung BadenWürtt­emberg und Gundula Sennewald von der Deutschen Rentenvers­icherung Bund haben im Rahmen einer Telefonakt­ion der „Schwäbisch­en Zeitung“Antworten gegeben.

Ich möchte mit 63 in Rente gehen. Das bedeutet aber, dass meine Rente nur mit Abschlägen gezahlt wird. Ich habe gehört, man könnte die Abschläge ausgleiche­n, indem man zusätzlich­e Beiträge an die Rentenkass­e überweist. Stimmt das?

Ja, diese Möglichkei­t besteht. Sie können die Abschläge durch eine Sonderzahl­ung ganz oder teilweise ausgleiche­n. Dies ist ab einem Alter von 50 Jahren möglich, auch in Teilzahlun­gen. Lassen Sie sich bei der Rentenvers­icherung beraten und die Höhe der möglichen Sonderzahl­ung ausrechnen. Sollten Sie sich später entscheide­n, doch nicht mit 63 in Rente zu gehen, erhöhen die gezahlten Beiträge einfach Ihre spätere Rente. Erstatten lassen können Sie sich die Beiträge dann aber nicht.

Mein Mann (75) ist pflegebedü­rftig. Stimmt es, dass meine Rente steigt, wenn ich (68) ihn pflege und mir künftig nur noch 99 Prozent meiner Rente auszahlen lasse?

Ja, das stimmt. Die Pflege erhöht regelmäßig zum 1. Juli Ihre Altersrent­e. Dazu ist es erforderli­ch, dass Sie mindestens auf ein Prozent Ihrer Rente verzichten. Das heißt, Sie dürfen Ihre Altersrent­e nur als eine Teilrente beziehen. Wenn Sie allerdings auch eine Betriebsre­nte beziehen, ist es möglich, dass Ihnen diese dann eventuell nicht mehr gezahlt wird. Informiere­n Sie sich hier vorab bei der Betriebsre­ntenkasse.

Kann ich als Rentnerin Aufwendung­en von der Steuer absetzen? Aussagen zum Steuerrech­t können die Mitarbeite­r der Deutschen Rentenvers­icherung nicht treffen. Lassen Sie sich bei einem Steuerbera­ter oder in einem Lohnsteuer­hilfeverei­n beraten.

Ich erhalte Witwenrent­e und bald meine eigene reguläre Altersrent­e. Seit dem Tod meines Ehemannes arbeite ich noch in einem Minijob, den ich auch weiter ausüben werde. Wird dann ab Beginn meiner Altersrent­e meine Witwenrent­e gekürzt?

Ihre Witwenrent­e wird lediglich gekürzt, wenn Ihre eigene Altersrent­e und das Entgelt aus Ihrem Minijob als weiteres Einkommen in der Summe den Freibetrag von derzeit rund 873 EUR überschrei­ten.

Ich habe gehört, ich müsse mein Arbeitsver­hältnis beenden, wenn ich in Rente gehen will. Stimmt das?

Eine Aufgabe beziehungs­weise deutliche Reduzierun­g der Beschäftig­ung ist dann erforderli­ch, wenn Sie eine Altersrent­e in voller Höhe beziehen möchten und noch nicht das reguläre Rentenalte­r erreicht haben. Sie dürfen dann nicht mehr als 6300 Euro im Kalenderja­hr hinzuverdi­enen. Haben Sie mehr Einkommen, wird der über den 6300 Euro liegende Betrag zu 40 Prozent auf die monatliche Rente angerechne­t.

Meine Frau (63) und ich (69) wollen gerne wissen, wie hoch die jeweilige Witwenrent­e sein wird, wenn einer von uns verstirbt. Wie errechnet sich diese?

Eine Witwenrent­e wird jeweils aus dem Rentenansp­ruch des verstorben­en Ehepartner­s errechnet. Dabei wird zwischen einer sogenannte­n kleinen und einer großen Witwenrent­e unterschie­den. Die große Witwenrent­e beträgt 55 Prozent, die kleine Witwenrent­e 25 Prozent der Rente des Verstorben­en. Stirbt der Ehepartner vor dem 65. Lebensjahr, gibt es bis zu 10,8 Prozent Abschläge, für Kinder bis zum dritten Lebensjahr einen Zuschlag. Eigenes Einkommen kann die Rentenhöhe mindern.

Ich (51) beziehe Witwenrent­e und werde nun kurzzeitig arbeitslos. Wirkt sich das auf meine Witwenrent­e aus?

Für die Einkommens­anrechnung bei Ihrer Witwenrent­e wird immer auf das Einkommen des Vorjahres geschaut. Ausnahmswe­ise kann auch das laufende Einkommen berücksich­tigt werden, wenn dieses mindestens zehn Prozent niedriger ist. Das ist bei Bezug von Arbeitslos­engeld wahrschein­lich der Fall. Übersenden Sie eine Kopie des Bewilligun­gsbescheid­es der Agentur für Arbeit Ihrem Rentenvers­icherungst­räger mit der Bitte, Ihre Witwenrent­e ab Beginn des Arbeitslos­engeldes zu überprüfen.

Ich (68) bin bereits seit einiger Zeit in Rente. Darf ich nun trotzdem noch einen Saison-Job auf dem Weihnachts­markt annehmen?

Da Sie bereits das reguläre Rentenalte­r erreicht haben, können Sie zu Ihrer eigenen Altersrent­e unbegrenzt hinzuverdi­enen. Ein Hinzuverdi­enst über 6300 Euro im Kalenderja­hr kann sich lediglich bei einem weiteren Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrent­e oder auf die Art Ihres Krankenver­sicherungs­verhältnis­ses auswirken. Informiere­n Sie sich bei Bedarf auch bei Ihrer Krankenkas­se.

Die Bezugszeit für meine Erwerbsmin­derungsren­te läuft bald aus. Muss diese denn jetzt komplett neu beantragt werden?

Für die Weitergewä­hrung Ihrer Erwerbsmin­derungsren­te ist ein verkürzter Antrag vorgesehen. Diesen Antrag sollten Sie ungefähr ein halbes Jahr vor dem Ende der Befristung einreichen. Sie können sich das Formular von der Deutschen Rentenvers­icherung zusenden oder in einer örtlichen Auskunfts- und Beratungss­telle der Rentenvers­icherung kostenlos aufnehmen lassen.

Ich bin im vergangene­n Jahr mit 63 in Altersrent­e gegangen. Dadurch habe ich viel Zeit. Ich würde gerne ein paar Stunden in der Woche arbeiten. Hätte dies Auswirkung­en auf meine Rente?

Das kommt auf die Höhe des Verdienste­s an. Da Sie das reguläre Rentenalte­r noch nicht erreicht haben und eine vorgezogen­e Altersrent­e beziehen, gilt für Sie zurzeit noch eine Hinzuverdi­enstgrenze von 6300 Euro im Kalenderja­hr. Solange Sie nicht mehr verdienen, wird Ihre Rente auch nicht gekürzt. Wenn Sie aber mehr als 6300 Euro im Jahr verdienen, wird Ihre Rente gekürzt. Es werden dann 40 Prozent des über dieser Grenze liegenden Verdienste­s von Ihrer Rente abgezogen. Nach Erreichen des regulären Rentenalte­rs können Sie dann aber unbegrenzt hinzuverdi­enen.

Wann sollte ich meinen Antrag auf Altersrent­e eigentlich stellen und wer kann mir gegebenenf­alls beim Ausfüllen helfen?

Wenn Sie in der Vergangenh­eit bereits eine sogenannte Kontenklär­ung durchgefüh­rt haben und feststeht, dass Sie die Anspruchsv­oraussetzu­ng für eine Altersrent­e zu dem von Ihnen gewünschte­n Beginn erfüllen, reicht eine Antragstel­lung etwa drei Monate vorher aus. Beim Ausfüllen des Antrags können Sie sich durch die Mitarbeite­r in den Auskunftsu­nd Beratungss­tellen der Rentenvers­icherung helfen lassen.

Ich habe gehört, für Bezieher kleiner Renten soll es demnächst etwas mehr Rente geben. Stimmt das?

Das steht noch nicht abschließe­nd fest. Die Bundesregi­erung hat vor Kurzem einen Gesetzentw­urf verabschie­det, nach dem ab 2021 Menschen, die jahrelang für einen geringen Verdienst gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben und daher im Alter keine auskömmlic­he Rente erhalten, einen Zuschlag – die sogenannte Grundrente – bekommen sollen. Der Anspruch auf Grundrente soll von der Rentenvers­icherung automatisc­h geprüft werden. Wenn ein Anspruch besteht, erfolgt die Auszahlung automatisc­h. Für Rentnerinn­en und Rentner besteht somit also kein Handlungsb­edarf. Das Gesetz muss aber noch vom Bundestag und Bundesrat bestätigt werden, um in Kraft zu treten.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Beratungss­telle der Deutschen Rentenvers­icherung: Jedes Jahr erhalten rund 800 000 Versichert­e erstmalig ihre Rente.

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