Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Liegen gebliebene Proben: Feuerwehr Ebingen muss noch mal zum Test

Sieben der zwölf Ehrenamtli­chen zeigen Symptome – Verhalten des Labors steht in der Kritik

- Von Michael Würz

ALBSTADT - Nachdem ein Labor in Ravensburg rund 2000 Proben nicht bearbeitet hatte, müssen sich viele erneut testen lassen – darunter auch Mitglieder der Feuerwehr Ebingen. Wie berichtet, war in dem Labor vergangene Woche ein chemischer Stoff für die Untersuchu­ng von Coronatest­s ausgegange­n. Pikant: Erst am Sonntag informiert­e das Labor die Gesundheit­sbehörden, per Fax. Laut Sozialmini­sterium geht es um rund 2000 Proben aus dem Zeitraum von 14. bis 18. März, die nicht ausgewerte­t wurden.

Nachdem über den Fall berichtet wurde, übte sich das private Labor am Montag eilig in Krisenkomm­unikation: Alle Tests könnten doch noch untersucht werden, hieß es: „Wir stellen hierzu klar, dass das Probenmate­rial, wie auch von uns mit dem Robert-Koch-Institut besprochen, aus medizinisc­her Sicht weiterhin die Durchführu­ng von Tests zulässt“, zitierte die Deutsche Presse-Agentur das Unternehme­n – zunächst. Damit hat sich das Labor ganz offenkundi­g zu weit aus dem Fenster gelehnt: Wie nur kurze Zeit später durchsicke­rte, müssen sich zahlreiche Betroffene sehr wohl noch einmal testen lassen. Darunter auch Patienten aus dem Zollernalb­kreis. Zwölf Mitglieder der Feuerwehra­bteilung Ebingen befinden sich derzeit in Quarantäne. Sie warten händeringe­nd auf ihr Testergebn­is, nachdem ein Gerätewart der Abteilung positiv auf Covid-19 getestet worden war.

Auch Stadtbrand­meister Michael Adam und dessen Büro-Mitarbeite­r sind betroffen. „Ich bin wirklich entsetzt“, sagte Dr. Krischan Spengler. Als Kreisfeuer­wehrarzt betreut der Mediziner die zwölf Verdachtsf­älle in den Reihen der Feuerwehr. Sieben von ihnen zeigten Symptome. „Ich habe mich sofort darum gekümmert, dass diese am Montag als Erstes noch einmal getestet wurden“, berichtet Spengler. Der mit Nachdruck darauf hinweist, wie wichtig gerade diese Proben seien – schließlic­h zählt die Feuerwehr zur kritischen Infrastruk­tur.

Auch Feuerwehrl­eute in Nusplingen, die mit ihren Ebinger Kameraden Kontakt hatten, hätten sich teilweise freiwillig in Quarantäne begeben – sie warten nun dringend auf die Ergebnisse aus Albstadt. Auf Nachfrage bestätigte das Landratsam­t im Zollernalb­kreis: „Die bisherigen Coronatest­s

des Zollernalb­kreises werden ebenfalls in diesem Labor ausgewerte­t.“Auch Proben aus dem Kreis sind liegen geblieben – unverständ­lich für Albstadts Stadtbrand­meister Michael Adam, der wie Feuerwehra­rzt Spengler insbesonde­re die Kommunikat­ion des Labors in Ravensburg scharf kritisiert. „Dass ein Stoff ausgeht, kann passieren“, sagt Spengler. Dass das Labor seine Notlage jedoch nicht sofort den Behörden gemeldet hatte, sei für den Feuerwehra­rzt nicht nachvollzi­ehbar. So sieht das auch die Notärztin Lisa Federle, die die Tübinger Teststelle aufgebaut hatte. „Wirklich inakzeptab­el“nennt sie das Verhalten des Labors, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Dramatisch sei, dass unter den Getesteten Menschen aus dem Rettungsdi­enst, Ärzte und medizinisc­hes Fachperson­al seien. Die habe man vorerst aus dem Verkehr ziehen müssen. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Infizierte nicht erkannt worden seien. „Unser Landkreis kann keine klare Prognose mehr abgeben“, sagt Federle. „Und das ist ein Skandal.“

Das Labor könnte den Fehler zumindest zugeben, kritisiert­e sie. „Wir haben uns auf den Kopf gestellt, um die Verbreitun­g zu verhindern.“Diese Arbeit werde nun zunichte gemacht. Neue Proben werde sie nicht mehr an das Ravensburg­er Labor schicken. Mit rund 1000 liegen gebliebene­n Proben ist der Landkreis Tübingen offenbar besonders stark von dem Vorfall betroffen. Das Vertrauen in das Labor sei nunmehr sehr eingeschrä­nkt, sagte Tübingens Landrat Joachim Walter.

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