Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Krise stärkt die Lebensmittelversorger vor Ort
Lebensmittelgeschäfte stehen vor besonderen Herausforderungen – So gehen zwei Familienbetriebe damit um
NEUFRA/VERINGENSTADT - Menschen horten Konserven und Toilettenpapier, Risikogruppen sollen das Haus nicht mehr verlassen und Supermärkte treffen Sicherheitsvorkehrungen: Lebensmittelgeschäfte stehen in Zeiten der Corona-Krise vor besonderen Herausforderungen. So gehen zwei Familienbetriebe aus der Region damit um:
Der Birkhof in Neufra konzentriert sich vor allem auf die Produktion und den Verkauf von Eiern. Für die Nahrungs- und Futtermittelerzeugung werden 200 Hektar Ackerland und 20 Hektar Grünland bewirtschaftet. „Aus einem Teil der verkauften Eier werden wieder speziell Produkte für unseren eigenen Verkauf hergestellt“, sagt Andreas Schwörer, der den Betrieb zusammen mit seinem Vater Johannes führt.
Seit vier Wochen verzeichnen die Birkhof-Geschäftsführer eine steigende Nachfrage nach Eiern, aber auch nach anderen Lebensmitteln. „Zunächst waren es eher Wellenbewegungen, seit gut einer Woche wächst die Nachfrage stetig“, sagt Andreas Schwörer. Etwa 90 Prozent der Eier verkaufe das Unternehmen direkt, die restlichen zehn Prozent zur Weiterverarbeitung an andere Betriebe. Größeren Bedarf gebe es derzeit auf beiden Seiten. „Erfüllen kann ich diesen aber natürlich nur bis zu einem gewissen Grad“, sagt Schwörer. Er habe einen bestimmten Bestand an Tieren und könne dafür sorgen, dass es diesen gut geht. „Aber ich kann nicht auf einen Knopf drücken und dann legt das Huhn eben zwei Eier statt eines.“
Andreas Schwörer betont aber auch, dass einige Abnehmer derzeit als Kunden wegfallen – vor allem aus der Gastronomie. Unterm Strich könne er den gestiegenen Bedarf decken. Zwar sei die eine oder andere Nudelsorte zwischendurch auch mal ausverkauft, die Lebensmittelversorgung aber sichergestellt. Mehr Kundschaft verzeichnet die Familie Schwörer in ihrem Hofladen, in dem es beispielsweise auch Linsen oder Marmelade zu kaufen gibt. Eintreten dürfen die Kunden inzwischen aber nur noch einzeln. „Wir müssen unsere Mitarbeiter schützen“, sagt Schwörer mit Blick auf die Ausbreitung des Coronavirus. „Die Kunden zeigen dafür aber großes Verständnis, alle reagieren einsichtig.“
Die etwa 20 Mitarbeiter des Familienbetriebs sind zum Beispiel bei der Betreuung der Tiere, im Ackerbau, bei der Sortierung und Verpackung oder als Fahrer im Einsatz. Den direkten Kontakt untereinander vermeiden sie inzwischen. „Die Fahrer holen die Ware zum Beispiel nicht mehr im Lager ab, sondern bekommen sie davor bereitgestellt“, sagt Andreas Schwörer. Die einzelnen Bereiche seien streng voneinander getrennt. „Außerdem gibt es einen Notfallplan für den Fall, dass Mitarbeiter ausfallen“, sagt Schwörer. Er hofft, damit möglichst gut vorbereitet zu sein. „Aber es weiß ja momentan auch niemand, was noch auf uns zukommt.“
„Finks Hofladen“in Veringenstadt hat ebenfalls auf die CoronaKrise reagiert. „Es dürfen zum Beispiel nur noch zwei Kunden gleichzeitig den Laden betreten“, sagt Inhaber Roland Fink. Dabei berichtet auch er von steigendem Interesse am Nahversorger direkt vor Ort. Gerade ältere Menschen seien durch die jüngsten Hamsterkäufe in den Supermärkten verunsichert, sagt Fink. Hinzu kämen die eindringlichen Appelle an Angehörige der Risikogruppe, sich möglichst gut vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen. „Meine Schwiegermutter ist 84, es zählen einige betagte Menschen zu unserem Bekanntenkreis“, sagt Roland Fink. Auch deshalb nehme er das Thema ernst.
Vor allem, um denjenigen zu helfen, die zur Risikogruppe zählen, hat der Hofladen in der vergangenen Woche zusätzlich zu den normalen Öffnungszeiten einen Lieferservice gestartet. Diesen können alle Menschen in Anspruch nehmen, die in einem Umkreis von zehn Kilometern wohnen und für mindestens 20 Euro einkaufen. „Sie können ihre Bestellung per WhatsApp, E-Mail, Telefon oder Fax aufgeben – ganz egal“, sagt Roland Fink. „Toilettenpapier haben wir zwar nicht im Sortiment, aber Obst und Gemüse, Fleisch, Wurst und Käse, Backwaren und Fruchtaufstriche.“Insbesondere die Nachfrage nach Obst, Gemüse und Wurst sei zuletzt stark angestiegen.
Die Auslieferung übernimmt der Chef zurzeit persönlich. „Für den Fall, dass ich das selbst nicht mehr schaffe, hat der Bürgerverein bereits seine Hilfe angeboten“, sagt Roland Fink. Um den geltenden Vorsichtsmaßnahmen gerecht zu werden, vermeide er bei der Zustellung der Waren den direkten Kontakt zu den Kunden. „Diese bekommen eine Rechnung. Das Geld können sie anschließend in Ruhe überweisen.“