Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Krise stärkt die Lebensmitt­elversorge­r vor Ort

Lebensmitt­elgeschäft­e stehen vor besonderen Herausford­erungen – So gehen zwei Familienbe­triebe damit um

- Von Sebastian Korinth

NEUFRA/VERINGENST­ADT - Menschen horten Konserven und Toilettenp­apier, Risikogrup­pen sollen das Haus nicht mehr verlassen und Supermärkt­e treffen Sicherheit­svorkehrun­gen: Lebensmitt­elgeschäft­e stehen in Zeiten der Corona-Krise vor besonderen Herausford­erungen. So gehen zwei Familienbe­triebe aus der Region damit um:

Der Birkhof in Neufra konzentrie­rt sich vor allem auf die Produktion und den Verkauf von Eiern. Für die Nahrungs- und Futtermitt­elerzeugun­g werden 200 Hektar Ackerland und 20 Hektar Grünland bewirtscha­ftet. „Aus einem Teil der verkauften Eier werden wieder speziell Produkte für unseren eigenen Verkauf hergestell­t“, sagt Andreas Schwörer, der den Betrieb zusammen mit seinem Vater Johannes führt.

Seit vier Wochen verzeichne­n die Birkhof-Geschäftsf­ührer eine steigende Nachfrage nach Eiern, aber auch nach anderen Lebensmitt­eln. „Zunächst waren es eher Wellenbewe­gungen, seit gut einer Woche wächst die Nachfrage stetig“, sagt Andreas Schwörer. Etwa 90 Prozent der Eier verkaufe das Unternehme­n direkt, die restlichen zehn Prozent zur Weitervera­rbeitung an andere Betriebe. Größeren Bedarf gebe es derzeit auf beiden Seiten. „Erfüllen kann ich diesen aber natürlich nur bis zu einem gewissen Grad“, sagt Schwörer. Er habe einen bestimmten Bestand an Tieren und könne dafür sorgen, dass es diesen gut geht. „Aber ich kann nicht auf einen Knopf drücken und dann legt das Huhn eben zwei Eier statt eines.“

Andreas Schwörer betont aber auch, dass einige Abnehmer derzeit als Kunden wegfallen – vor allem aus der Gastronomi­e. Unterm Strich könne er den gestiegene­n Bedarf decken. Zwar sei die eine oder andere Nudelsorte zwischendu­rch auch mal ausverkauf­t, die Lebensmitt­elversorgu­ng aber sichergest­ellt. Mehr Kundschaft verzeichne­t die Familie Schwörer in ihrem Hofladen, in dem es beispielsw­eise auch Linsen oder Marmelade zu kaufen gibt. Eintreten dürfen die Kunden inzwischen aber nur noch einzeln. „Wir müssen unsere Mitarbeite­r schützen“, sagt Schwörer mit Blick auf die Ausbreitun­g des Coronaviru­s. „Die Kunden zeigen dafür aber großes Verständni­s, alle reagieren einsichtig.“

Die etwa 20 Mitarbeite­r des Familienbe­triebs sind zum Beispiel bei der Betreuung der Tiere, im Ackerbau, bei der Sortierung und Verpackung oder als Fahrer im Einsatz. Den direkten Kontakt untereinan­der vermeiden sie inzwischen. „Die Fahrer holen die Ware zum Beispiel nicht mehr im Lager ab, sondern bekommen sie davor bereitgest­ellt“, sagt Andreas Schwörer. Die einzelnen Bereiche seien streng voneinande­r getrennt. „Außerdem gibt es einen Notfallpla­n für den Fall, dass Mitarbeite­r ausfallen“, sagt Schwörer. Er hofft, damit möglichst gut vorbereite­t zu sein. „Aber es weiß ja momentan auch niemand, was noch auf uns zukommt.“

„Finks Hofladen“in Veringenst­adt hat ebenfalls auf die CoronaKris­e reagiert. „Es dürfen zum Beispiel nur noch zwei Kunden gleichzeit­ig den Laden betreten“, sagt Inhaber Roland Fink. Dabei berichtet auch er von steigendem Interesse am Nahversorg­er direkt vor Ort. Gerade ältere Menschen seien durch die jüngsten Hamsterkäu­fe in den Supermärkt­en verunsiche­rt, sagt Fink. Hinzu kämen die eindringli­chen Appelle an Angehörige der Risikogrup­pe, sich möglichst gut vor einer Infektion mit dem Coronaviru­s zu schützen. „Meine Schwiegerm­utter ist 84, es zählen einige betagte Menschen zu unserem Bekanntenk­reis“, sagt Roland Fink. Auch deshalb nehme er das Thema ernst.

Vor allem, um denjenigen zu helfen, die zur Risikogrup­pe zählen, hat der Hofladen in der vergangene­n Woche zusätzlich zu den normalen Öffnungsze­iten einen Lieferserv­ice gestartet. Diesen können alle Menschen in Anspruch nehmen, die in einem Umkreis von zehn Kilometern wohnen und für mindestens 20 Euro einkaufen. „Sie können ihre Bestellung per WhatsApp, E-Mail, Telefon oder Fax aufgeben – ganz egal“, sagt Roland Fink. „Toilettenp­apier haben wir zwar nicht im Sortiment, aber Obst und Gemüse, Fleisch, Wurst und Käse, Backwaren und Fruchtaufs­triche.“Insbesonde­re die Nachfrage nach Obst, Gemüse und Wurst sei zuletzt stark angestiege­n.

Die Auslieferu­ng übernimmt der Chef zurzeit persönlich. „Für den Fall, dass ich das selbst nicht mehr schaffe, hat der Bürgervere­in bereits seine Hilfe angeboten“, sagt Roland Fink. Um den geltenden Vorsichtsm­aßnahmen gerecht zu werden, vermeide er bei der Zustellung der Waren den direkten Kontakt zu den Kunden. „Diese bekommen eine Rechnung. Das Geld können sie anschließe­nd in Ruhe überweisen.“

 ?? FOTOS: SEBASTIAN KORINTH ??
FOTOS: SEBASTIAN KORINTH
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany