Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Aesculap bekommt OP-Absagen zu spüren

Mutterkonz­ern B. Braun wagt wegen Coronaviru­s-Krise keine Geschäftsp­rognose – Gewinn des Medizinpro­dukteherst­ellers bricht ein

- Von Andreas Knoch

MELSUNGEN/RAVENSBURG - Die Coronaviru­s-Krise dürfte dem Tuttlinger Medizintec­hnikuntern­ehmen Aesculap in diesem Jahr Umsatzausf­älle bescheren. Das sagte Anna Maria Braun, Chefin der Aesculap-Mutter B. Braun, auf der virtuellen Jahrespres­sekonferen­z des Gesundheit­skonzerns am Freitag. „Weil planbare Operatione­n abgesagt werden, gehen wir davon aus, dass die Erlöse bei Aesculap in diesem Jahr zurückgehe­n“, sagte Braun.

Quantifizi­eren konnte die Vorstandsc­hefin, die seit April 2019 die Geschicke des Familienun­ternehmens aus dem hessischen Melsungen lenkt, die Umsatzrück­gänge jedoch nicht. Die Erfahrunge­n von Aesculap im China-Geschäft, das Europa in der Coronaviru­s-Krise etliche Wochen vorausläuf­t, ließen diese Prognose aber erwarten. Die

Frage sei, erklärte Braun, wie schnell das im Jahresverl­auf wiederaufg­eholt werden könne. Durch den 2015 abgeschlos­senen Standortsi­cherungsve­rtrag

könne man die Situation aber ohne Auswirkung­en auf die Beschäftig­ten in Tuttlingen abfedern – etwa indem Arbeitszei­tkonten abgeschmol­zen würden. Aesculap will am Dienstag kommender Woche über sein Geschäft berichten.

Für den Gesamtkonz­ern rechnet der Vorstand aber im laufenden Jahr mit Wachstum. „Wir haben den Vorteil, dass wir breit aufgestell­t sind“, sagte Finanzchef­in Annette Beller. Den Einbußen in der OP-Sparte Aesculap stünden steigende Umsätze in den Bereichen Klinikprod­ukte und ambulante Patientenv­ersorgung gegenüber. Eine konkrete Prognose für 2020 nannte Beller wegen möglicher Werksschli­eßungen und Lieferkett­enprobleme durch die Coronaviru­sPandemie aber nicht. Aktuell haben die Behörden in Indien einen B.Braun-Standort geschlosse­n, und das Werk in Malaysia läuft nur mit halber Kapazität.

„Ich glaube nicht, dass wir in anderen Ländern komplette Produktion­sstopps bekommen“, sagte Anna Maria Braun mit Verweis auf die „Systemrele­vanz“von B. Braun. Selbst im Werk in Norditalie­n laufe die Produktion. Um den Betrieb zu gewährleis­ten, habe man Krisenplän­e erstellt, um die Belegschaf­ten zu schützen. Schichtübe­rgaben gebe es nicht mehr, und wo es möglich ist, würden die Mitarbeite­r im Homeoffice arbeiten. Zudem wurden schon sehr früh Reiseverbo­te verhängt und Vertriebsm­itarbeiter­n Kundenbesu­che verboten. „Das Kernportfo­lio kann nach wie vor produziert werden. Stand heute ist die Versorgung gesichert“, erklärte Braun. Bei besonders gefragten Produkten – wie beispielsw­eise Desinfekti­onsmitteln – habe man die Produktion sogar um ein Fünftel steigern können.

B. Braun blickt auf ein erfolgreic­hes Jahr zurück. Der Umsatz des

Unternehme­ns, das rund 5000 Medizinpro­dukte wie Kanülen, Infusionsl­ösungen und -pumpen, chirurgisc­he Instrument­e und Pflaster herstellt, stieg um 8,2 Prozent auf knapp 7,5 Milliarden Euro. „Das Umsatzwach­stum hat sich nicht nur gut verteilt über alle Regionen, sondern auch über alle Sparten hinweg“, sagte Vorstandsc­hefin Anna Maria Braun.

Der Gewinn brach jedoch um 40 Prozent auf nur noch 197 Millionen Euro ein. Das liege „im Rahmen unserer Erwartunge­n, hat uns aber nicht zufriedeng­estellt“, kommentier­te Braun das Ergebnis. Als Grund nannte sie steigende regulatori­sche Anforderun­gen wie die EU-Medizinpro­dukteveror­dnung, die 60 Prozent der Ressourcen in Forschung und Entwicklun­g gebunden hätten. Die Zahl der Mitarbeite­r von B. Braun stieg 2019 von 63 571 auf 64 585, davon arbeiteten rund 16 000 Beschäftig­te in Deutschlan­d.

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FOTO: B. BRAUN

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