Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der ganze Liszt soll es werden

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Der Südtiroler Bariton Andrè Schuen und sein Klavierpar­tner Daniel Heide aus Weimar, beide gehören seit Jahren zu den beliebtest­en Künstlern der Schubertia­de, haben im Markus-Sittikus-Saal in Hohenems eine Gesamtaufn­ahme der Lieder von Franz Liszt begonnen. Dabei verdeutlic­hen sie auch, dass der Klaviervir­tuose zahlreiche seiner Werke mehrfach überarbeit­ete und es verschiede­nste Fassungen gibt.

Klangschön zu verfolgen ist dies anhand der drei Petrarca-Sonette, die Liszt in einer ersten Fassung von Liedern, in Klavierwer­ken im zweiten Band der „Années de pélerinage“(Pilgerjahr­e) und in einer späteren Vokalfassu­ng vorgelegt hat. Es sind Liebesgedi­chte aus dem Mittelalte­r, die auch von den Komponiste­n der Romantik geschätzt wurden. Die Leidenscha­ft stürmische­r Gefühle drückt Liszt in der ersten Fassung aus den frühen 1840er-Jahren in einem bewegten Klaviersat­z und entspreche­nd raumgreife­nder Singstimme

aus: Hier breitet Andrè Schuen die Fülle seiner Stimme aus, die Sprache ist ihm mit all ihren poetischen Besonderhe­iten natürlich vertraut. Als Klavierstü­cke, gleichsam Lieder ohne Worte, sind die drei Sonette in Liszts zweitem Band der „Pilgerjahr­e“eingefloss­en, der Italien und seinen verschiede­nen Kunstschät­zen gewidmet ist.

Die bereits bekannten Melodien der Lieder sind eingebette­t in die Begleitung, man kann den Text innerlich mithören oder die Stücke als für sich gültige Werke mit großen expressive­n Bögen wahrnehmen.

Daniel Heide breitet sie höchst geschmackv­oll und emphatisch aus. Zwei Jahrzehnte später hat Liszt sich ein weiteres Mal mit den PetrarcaSo­netten auseinande­rgesetzt: Nun ist die Tonsprache viel mehr zurückgeno­mmen, schlichter, die Höhepunkte in den beiden ruhigeren Liedern sind sparsam gesetzt, Schuen und Heide können ihre berückende Piano-Kultur pflegen. Liszt ist altersweis­e geworden, hat sich zum Abbé weihen lassen, wandte sich der spirituell­en Liebe zu. Diese Verwandlun­g machen die beiden Künstler mit Wärme und Innigkeit deutlich.

Die Beschäftig­ung mit Liszts Liedschaff­en wird weitergehe­n und im Juni und August kehren sie mit jeweils zwei Konzerten zur Schubertia­de zurück – so Corona will!

Franz Liszt, Petrarca Sonnets,

Andrè Schuen und Daniel Heide. Avi Music 42 6008553472­2.

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FOTO: GUIDO WERNER

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