Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Tipps zur Begrünung von Haus und Dach

Verwunsche­n und wunderschö­n wirken Häuser, die rundherum von Efeu und Wein bedeckt sind – Die Begrünung ist Teil moderner energetisc­her Sanierung

- Von Katja Fischer

BERLIN/KÖLN (dpa) - Im Herbst leuchten sie in strahlende­n Farben: Hausfassad­en, an denen Wein und andere Kletterpfl­anzen emporranke­n. Eine bepflanzte Hauswand ist aber nicht nur optisch ein Highlight. Sie hat vor allem Vorteile, die den Bewohnern und der Umwelt das ganze Jahr über zugutekomm­en.

„Grüne Dächer und Fassaden sind natürliche Klimaanlag­en“, sagt Gunter Mann, Präsident des Bundesverb­andes GebäudeGrü­n in Berlin. Die Feuchtigke­it, die die Pflanzen binden, verdunstet langsam und kühlt die Umgebung. Das schützt im Sommer vor Hitze. Und im Winter halten die Pflanzen die Wärme im Haus, weil sie es als zusätzlich­e Dämmschich­t umhüllen. „Außerdem binden sie Feinstaub und schützen vor Lärm“, ergänzt Mann.

Das Begrünen von kleinen Gebäuden wie dem Müllcontai­ner-Häuschen, der Garage und dem Schuppen kann der Laie selbst übernehmen. „Beim Wohnhaus muss allerdings ein Fachmann ran“, rät Mann. Denn das Gewicht der Erde, der Pflanzen sowie des abgefangen­em Regenwasse­rs verändert die Statik des Gebäudes. Das kann besonders auf dem Dach zu großen Problemen führen.

„Steht das Wasser nur zehn Zentimeter hoch, entsteht ein zusätzlich­es

Gewicht von 100 Kilogramm pro Quadratmet­er“, erklärt Manfred Gunkel vom Zentralver­band des Dachdecker­handwerks in Köln. „Deshalb muss unbedingt ein Statiker

die Unterkonst­ruktion auf ihre Tragfähigk­eit prüfen. Sonst kann es passieren, dass das Dach einstürzt.“

Viele Bestandsge­bäude haben nicht genügend Traglastre­serve für ein Gründach. „Aber beim Neubau kann man das höhere Gewicht von vornherein mit einplanen“, so Gunkel. Optimal für die Begrünung sind Dächer mit fünf bis 15 Prozent Neigung.

„Von denen fließt das Wasser von allein ab. Bei reinen Flachdäche­rn ist eine zusätzlich­e Dränage notwendig“, erklärt Ramona Ballod von der Verbrauche­rzentrale Thüringen. Steilere Dächer eignen sich weniger. Denn je steiler sie sind, desto größer die Gefahr, dass die Bepflanzun­g abrutscht. „Fachleute können aber auch Dächer bis 45 Grad Neigung begrünen“, hält Branchenex­perte Mann dagegen.

Man unterschei­det zwischen extensiver und intensiver Dachbegrün­ung. Letztere ist sehr aufwendig und mit Gärten auf dem Boden vergleichb­ar, die betreten und gepflegt werden. Die meisten Hausbesitz­er entscheide­n sich aber für die erste Variante, die weniger aufwendig ist.

„Dabei wird das Dach mit trockenhei­tsund hitzebestä­ndigen sowie frostunemp­findlichen Pflanzen ausgestatt­et, die alleine klarkommen“, erklärt Ballod. „Lediglich etwa ein- bis zweimal pro Jahr muss der Fremdbewuc­hs entfernt werden.“

Geeignet sind dafür vor allem sukkulente Pflanzen wie Fetthenne und Dachwurz, des Weiteren nicht sukkulente, trockenres­istente Staudenart­en sowie Gewürzpfla­nzen und Nelken. „Alles, was sich im Steingarte­n wohlfühlt, gedeiht auch auf dem Dach“, fasst Mann zusammen. Für Dächer gibt es spezielle Substrate, einfache Gartenerde ist nicht geeignet. Die Stärke des Substrats sollte mindestens sechs bis acht, optimalerw­eise aber zwölf bis 15 Zentimeter betragen.

Wer Fassade begrünt, muss die Wahl der Pflanzen von der Bauweise abhängig machen. Sogenannte Selbstklim­mer, die sich von alleine an der Fassade emporranke­n, dürfen nur auf intakte, fugenlose Aufbauten ohne Außendämmu­ng treffen. „Die Triebe von Selbstklim­mern würden in Fugen und Spalten hineinwach­sen und durch Dickenwach­stum Schäden an der Fassade verursache­n“, erklärt Mann.

Insgesamt gilt: Bei vorgehängt­en und hinterlüft­eten sowie holzbeklei­deten Fassaden, wärmegedäm­mten Vorsatzfas­saden und Trapezblec­hwänden sind Selbstklim­mer keine gute Idee. Dazu gehören auch die beliebten Wärmeverbu­ndsysteme. Hier empfehlen Experten Gerüstklet­terpflanze­n und wandgebund­ene Begrünungs­systeme.

„Wichtig ist, die grüne oder bunte Fassade gut zu pflegen. Dann kann sie sehr lange leben“, ergänzt Ballod. Die Pflanzen müssen regelmäßig gestutzt werden, damit Regenrinne­n und Fenster nicht zuwachsen. „Und man muss bedenken, dass die bepflanzte Hausfassad­e auch für Insekten attraktiv ist.“Angst vor Spinnen und anderen Insekten sollte man also nicht haben.

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FOTO: FLORIAN SCHUH/DPA Auch Garagen können begrünt werden.
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Eine grüne Pflanzensc­hicht ums Haus wirkt ähnlich wie eine Dämmung.
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FOTOS(2): ANDREA WARNECKE/DPA Der wilde Wein ist ein Selbstklim­mer. Er sollte nur an Hausfassad­en emporranke­n, die eine glatte Struktur haben.

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