Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Nach einer Trockenübung geht es los“
Professor Urban Bacher bekommt Headset und Kamera und sendet live aus dem Büro
MENGEN/PFORZHEIM - Während viele Universitäten in Deutschland den Semesterstart nach hinten verschoben haben, finden an der Business School der Hochschule Pforzheim seit dem 16. März alle Vorlesungen statt. Erstaunlich schnell seien sich die rund 100 Professoren aus dem Bereich der Betriebswissenschaften einig gewesen, ihre Veranstaltungen in den virtuellen Raum zu verlegen. Sei es über E-LearningPlattformen oder als Online-Vorlesungen im Livestream-Format. Einer von ihnen ist Urban Bacher. Der gebürtige Mengener ist Professor für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankmanagement und findet: „Dafür, dass wir so schnell auf die Versammlungsverbote reagieren mussten, läuft es wirklich gut.“
Er selbst nutzt die vorlesungsfreie Zeit meist für eigene Recherchen und Veröffentlichungen. „Ich genieße diese Zeit, aber dann freue ich mich wieder auf das Semester und den Kontakt zu den Studenten“, sagt Bacher. Die Nachricht, dass Vorlesungen und Seminare nicht in gewohnter Form in Hörsälen und Seminarräumen stattfinden können, habe ihn erreicht, als er schon mit dem Auto auf dem Weg nach Pforzheim gewesen sei. „Vor dem offiziellen Vorlesungsbeginn gibt es immer einen Vorrund kurs für die 300 Erstsemester.
Der wurde kurzfristig abgesagt“, erzählt er. Die so gewonnene Zeit habe er für einen Familienbesuch in Mengen genutzt. „Aber schon drei Tage später war alles so organisiert, dass wir auf Online- und Fernkurse umstellen konnten“, sagt er. Die Studenten seien entsprechend informiert und mit Links zu den entsprechenden Plattformen versorgt worden. „Ich finde toll, dass nicht viel ausfallen muss und wir so etwas wie einen Normalbetrieb aufrechterhalten können“, so Bacher.
Er selbst halte in diesem Semester zwei umfangreiche Vorlesungen. „Weil es in der ersten Zeit viel um Grundlagen geht, habe ich mich entschieden, zunächst eine E-LearningPlattform zu nutzen“, sagt er. Dort stellt er nicht nur das normale Skript zur Vorlesung zur Verfügung, sondern auch entsprechende Kapitel aus einem von ihm verfassten Buch („da gibt es dann keine Urheberrechtsprobleme) sowie Links zu Lernvideos, Lesetipps, Hinweise und Aufgaben für jeweils eine Woche bereit. „In der darauffolgenden Woche gibt es dann die Lösungen mit Erklärungen und den nächsten Schub Aufgaben“sagt er. Für Fragen stünde er per Mail zur Verfügung. Anhand der Downloadzahlen könne er sehen, dass die Studenten von seinem Angebot regen Gebrauch machen.
Die nun bald anstehenden Themen will Bacher seinen Studenten dann aber doch lieber persönlich erklären. Deshalb bereitet er sich jetzt auf Online-Vorlesungen vor, die als Livestream aus seinem Büro übertragen werden sollen. „Ich bekomme jetzt noch Kamera und Headset und dann kann ich loslegen“, sagt er. Weil er in solchen Dingen kaum Erfahrungen habe, hätte er sich bei seinen Kollegen umgehört.. „Da hieß es, dass es anfangs schon ungewohnt sei, nicht vor Publikum zu sprechen sondern in den Computer hinein“, sagt er. „Die meisten haben sich aber schnell dran gewöhnt und finden es nicht schlimm.“
Weil er selbst gern auch die eine oder andere Aufgabe vorrechnen wolle, will er mit einem Flipchart arbeiten. „Damit die Studenten da auch alles richtig sehen, muss ich noch üben, die Kamera auszurichten und alles richtig zu positionieren.“Da seine Tochter gerade daheim sei, müsse die wohl bei einer Trockenübung assistieren. „Ich kann dann später sehen, wie viele Studenten sich zuschalten und ihre Fragen über eine Chatfunktion aufgreifen“, sagt er. „Ich bin schon gespannt, wie anstrengend das für mich wird.“
Er will auf jeden Fall in der ersten Woche den Stoff aus der Selbstlernphase wiederholen. Was die Prüfungen angeht, hängen derzeit alle noch etwas in der Luft. „Es muss noch entschieden werden, ob wir die Pfingstferien durcharbeiten und ob die Prüfungstermine verlegt werden.“