Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Bayern sind wieder am Ball
Auch der FC Bayern trainiert wieder im Kollektiv – VfB und Freiburg könnten heute folgen
Viele Amateurkicker blicken sehnsüchtig zu den Clubs der Fußball-Bundesliga, bei denen das Training in Kleinstgruppen nun wieder erlaubt ist. Bei Rekordmeister FC Bayern ging es am Montag ebenfalls los. An der Säbener Straße in München war auch der lange verletzte Abwehrchef
Niklas Süle (rechts) – hier mit dem Brasilianer Philippe Coutinho (Foto: Sven Simon/imago images) – wieder am Ball.
MÜNCHEN - Seit sieben Jahren stellt sich im deutschen Fußballfrühling im Prinzip nur eine Frage: Zu welchem Zeitpunkt wird der FC Bayern Meister? Ende März, Mitte April oder doch erst Anfang Mai. „Der Nikolaus ist kein Osterhase“, warnte Ex-Manager Uli Hoeneß einmal, als es drum ging, ob sein Club schon an Weihnachten so viele Punkte Vorsprung haben könnte, dass er seine Mühen spätestens am Palmsonntag einstellen könnte.
Sieben Mal in Folge waren die Münchner zuletzt Meister, am Montag allerdings waren sie und ihre Rivalen schon froh, dass sie endlich wieder Rasen unter den Stollen spüren durften. Inmitten der Corona-Krise und nach nur drei Wochen Pause trainiert
Paderborn-Trainer Steffen Baumgart
die Bundesliga wieder, sie träumt weiter von einer Fortsetzung der Saison mit Geisterspielen Anfang Mai – wie illusorisch das auch derzeit klingen mag. Während viele Menschen im Land unter Kurzarbeit und Existenzängsten leiden und die Mutter von ExBayern-Trainer Pep Guardiola am Sonntag am Virus starb (siehe Leute), übten die mehr als 1000 Spieler der 36 Bundesligisten seit Montag bereits wieder fast geschlossen für den „Tag X“– auch deshalb, um sich und ihren Clubs die nötigen TV-Millionen zu sichern. Einzig der SC Freiburg befand sich noch im Homeoffice, beim SV Werder waren sie derweil verärgert, dass der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer ein Training in Gruppen zuerst nicht zuließ. Trainer Florian Kohfeldt sprach sogleich von „Wettbewerbsverzerrung“, aber ab Dienstag darf auch er in Vierergruppen üben lassen. Mäurer hatte ein Einsehen.
Ansonsten zeigte sich an den Erstliga-Standorten hinter verschlossenen Türen meist folgendes Bild: Das Training mit Ball läuft wieder, wenn auch nur in Gruppen mit vier bis sieben Spielern – und mit einem gebührenden Abstand. Ein Fußball also, der auf vieles, was ihn ausmacht – Dribblings, harte Zweikämpfe, Kopfballduelle –, verzichtet und damit fast zur Karikatur verkommt.
Die Protagonisten waren froh, sich überhaupt wieder sportlich betätigen zu dürfen, in einer Gruppe. Und dass sie endlich wieder mit dem Arbeitsgerät trainieren. „Es ist sehr wichtig“, sagte Trainer Steffen Baumgart vom SC Paderborn, „dass die Spieler wieder den Ball an die Füße bekommen.“Deshalb ließ er „Aktionen mit dem Ball im Mittelpunkt stehen“.
Der FC Augsburg hatte bereits am 23. März unter großer Kritik als erster Club wieder mit dem Training begonnen, am Montag zog 80 Kilometer weiter östlich auch der Branchenprimus nach. Erstmals seit dem 13. März übten auch die Bayern im Kollektiv. Hansi Flick, dessen Vertrag gerade bis 2023 verlängert wurde, bekam seine Spieler nach 23 Tagen Pause wieder zu Gesicht – eingeteilt in Gruppen, die in zwei Schichten auf mehrere Plätze verteilt wurden.
Das Comeback der Münchner war generalstabsmäßig geplant: zeitversetzter Zugang zum Trainingsgelände über die Tiefgarage, Aufteilung der Spieler auf mehrere Kabinen – mit einem Abstand von vier Metern. Nach dem Training: zu Hause duschen sowie Verzehr des vom Club in Boxen bereitgestellten Essens. „Es war schon ein sehr ungewohntes Gefühl“, sagte Manuel Neuer zum Training in Kleingruppen, „aber es war auch schön, die Jungs mal wieder live zu sehen.“
Bei Borussia Dortmund, mit vier Punkten Rückstand der härteste Verfolger der Bayern, wurde aufs Duschen am Trainingsgelände verzichtet. „Der BVB achtet auf die Einhaltung aller Regeln gemäß Paragraph 3 der Corona-Schutzverordnung“, teilte er mit. Andere sind ähnlich straff durchorganisiert – jegliches Infektionsrisiko soll unterbunden werden. Überall gilt: keine Zweikämpfe!
All das geschieht in der Hoffnung, dass es im Mai wieder losgeht. Laut „Bild“kursieren bei der Deutschen Fußball Liga zwei Spielpläne: einer mit Neustart am 2. Mai, der andere mit Neustart 9. Mai. Schluss wäre dann Ende Juni. Italiens Serie A überlegt derweil, die Saison bis in den Oktober hinein auszudehnen. .„Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es weder Beschlüsse noch Vorfestlegungen“, erklärte die DFL, ergänzte aber: „Dass es unterschiedliche Denkansätze gibt, liegt in der Natur der Sache.“
Einstweilen ist das Training nicht viel mehr als ein Fitnesstraining an der frischen Luft. „Wir müssen zwei zentrale Ziele vereinen: die Spieler in einem sehr guten Fitnesszustand zu halten und gleichzeitig Infektionen zu vermeiden“, sagt Paderborns Geschäftsführer Martin Przondziono.
Gut möglich, dass auch die badenwürttembergischen Clubs SC Freiburg, 1899 Hoffenheim oder auch die Zweitligisten VfB Stuttgart und 1. FC Heidenheim heute wieder trainieren dürfen – unter strikten Regeln, mit Ausnahmegenehmigung des Landes. Am Montag formulierte eine Arbeitsgruppe aus Ministeriumsvertretern sowie des Landessportverbands und der Olympiastützpunkte die Auflagen des Sozialministeriums aus.
„Es ist sehr wichtig, dass die Spieler wieder den Ball an die Füße bekommen.“