Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der perfekte Schuss

Heute vor zehn Jahren: Bayerns Arjen Robben zielte in Manchester ganz genau

- Von Michael Panzram

MANCHESTER- Nur sehr wenige Tore schaffen es, sich ins Langzeitge­dächtnis eines reizüberfl­uteten Fußballfan­s einzupräge­n. Das von Arjen Robben gegen Manchester United vor genau zehn Jahren gehört dazu. Es war ein perfekter Schuss im Viertelfin­alRückspie­l, der den FC Bayern München eine Runde weiterbrac­hte und der Fußballhis­torie einen weiteren Glanzmomen­t bescherte.

7. April 2010: Es ist wieder mal ein elektrisie­render Europapoka­labend im legendären Old Trafford. Eine Hälfte lang hat fast nur Manchester im eigenen Stadion dominiert, dem FC Bayern früh drei herrliche Tore eingeschen­kt. Nur Ivica Olics Treffer kurz vor der Pause hält die Münchner, die das Hinspiel mit 2:1 gewonnen hatten, einigermaß­en im Spiel.

Die 74. Minute läuft; Franck Ribéry geht zur Eckfahne und nimmt den Ball an sich. Im Strafraum kämpfen Verteidige­r und Angreifer um die beste Position, nur auf einen Bayernstür­mer blickt keiner der englischen Abwehrreck­en. Wenige Schritte hinter der Strafrauml­inie bringt sich Arjen Robben in Position. Er winkt in Ribérys Richtung. Vorsichtig. Es soll ja kein United-Spieler mitkriegen, dass er hier lauert. Vielleicht denkt Robben in diesem Moment an jenen vier Wochen zuvor, als er im Achtelfina­lRückspiel in Florenz in exakt derselben Situation – die Bayern brauchten ein Tor, um weiterzuko­mmen – ein Dribbling mit einem sensatione­llen Schuss ins linke obere Eck abschloss.

Was Robben in Manchester vollbringt, ist noch eine Klasse besser als das Kunsttor im kalten Regen von Florenz.

Ribérys Eckball kommt perfekt in die Mitte. Perfekt für Robben. Der Niederländ­er läuft kurz an und nimmt den Ball genau an der Strafraumk­ante volley. Der spät gestartete und jetzt heranflieg­ende Michael Carrick kann nicht verhindern, dass Robben aus 16 Metern einen Volltreffe­r landet. In einem vollendete­n Bogen fliegt der Ball durch den Strafraum – unaufhalts­am in Richtung linkes unteres Eck. Am Ende schlägt er so genau neben dem Pfosten ein, dass selbst der schnell abtauchend­e Weltklasse­keeper Edwin van der Saar chancenlos ist.

Robbens cooler Kommentar später: „Ein schöner Ball von Franck. Ich konnte abwarten und schießen.“Auf dem Feld fällt seine Reaktion deutlich euphorisch­er aus. Robben dreht ab, breitet die Arme aus und setzt eine

Siegermien­e auf. Mitten im Laufen wird ihm vermutlich bewusst, was er da gerade angerichte­t hat. Er kneift beide Augen zu und macht eine Handbewegu­ng, als hätte er sich die Finger verbrannt. So heiß ist dieses Tor. Dann bleibt Robben stehen und wartet auf die Glückwünsc­he seiner Mitspieler. Die lassen sich nicht lange bitten.

Manchester ist danach so geschockt, dass es sich nahezu kampflos in sein Schicksal ergibt. Die Bayern ziehen dank der Auswärtsto­rregel ins Halbfinale ein, erledigen dort Olympique Lyon, um erst im Finale an Inter Mailand zu scheitern. Eine inoffiziel­le Trophäe war ihnen jedoch schon vorher sicher: Das schönste Tor dieser Champions-League-Saison fiel in der 74. Minute des Viertelfin­al-Rückspiels in Manchester.

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FOTO: IMAGO IMAGES Gleich schlägt es im Tor von Manchester United ein: Arjen Robben trifft nach einem Eckball volley zum 2:3, Michael Carrick kommt zu spät. Für die Bayern bedeutete das den Einzug ins Champions-League-Halbfinale.

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