Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Einander nahe sein trotz des wichtigen Abstands
Ostern in der Corona-Krise in den Kirchengemeinden Straßberg-Veringen, Winterlingen und Bitz
VERINGEN/STRASSBERG - Sämtliche kirchliche Veranstaltungen für das Osterfest sind abgesagt. Oder die kirchlichen Veranstaltungen beschränken sich nur noch auf Internetübertragungen. Wie empfinden die Kirchen unserer Region und ihre Pfarrer die Situation und was sind ihre Angebote an die Gläubigen in dieser Zeit?
Auf den Internetseiten der Seelsorgeeinheit Straßberg – Veringen
erklären der leitende Pfarrer Hubert Freier aus Veringen und sein Kollege Nikolaus Ostrowitzki aus Straßberg gemeinsam: „Die derzeitige Situation verlangt jedem von uns gerade sehr viel ab. Massive Einschränkungen, auch im Gottesdienstbereich und in unserer Gemeindearbeit, prägen unser Leben.“Dennoch ließen sie sich bereitwillig darauf ein, damit „die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamt wird und somit dem Gesundheitsbereich genügend Zeit zur Vorbereitung bleibt“. Öffentliche Gottesdienste und kirchliche Feiern entfallen. Die Pfarrbüros in Veringenstadt und Straßberg sind nur noch telefonisch erreichbar. Die Kirchen bleiben zum persönlichen Gebet geöffnet.
Die beiden Pfarrer bitten: „Wir als Kirchengemeinde wollen versuchen, mit dem nötigen Abstand uns trotzdem nahe zu sein, indem wir miteinander und füreinander beten. Lassen Sie uns täglich im Gebet verbunden sein um 18.30 Uhr und sonntags um 10 Uhr.“Stellvertretend für die Gemeinde und für die Gebete der Gläubigen feiern die beiden Priester nach eigenen Angaben jeweils eine tägliche Messe. Sie stehen für Gespräche zur Verfügung und spenden Krankensalbungen. Beerdigungen finden nur im engsten Familienkreis auf dem Friedhof statt. Auf Wunsch können Seelenämter, so die Kirchengemeinde, später nachgeholt werden.
Die Pfarrer Freier und Ostrowitzki verweisen auf die von ihnen nicht öffentlich durchgeführten und für die Gläubigen über die Homepage der Seelsorgeeinheit abrufbaren Messen am Gründonnerstag (ab 19 Uhr), Karfreitag (ab 18 Uhr) und in der Osternacht (ab 20.30 Uhr) sowie auf die Gottesdienstübertragungen der Erzdiözese Freiburg. Sie rufen zur Versorgung der älteren Gemeindemitglieder sowie zu einem Gebet des Theologen Johannes Hartl um Trost und Heilung auf. Darin heißt es abschließend: „Mach uns dankbar für jeden Tag in Gesundheit. Lass uns nie vergessen, dass das Leben ein Geschenk ist. Dass wir irgendwann sterben werden und nicht alles kontrollieren können. Dass Du allein ewig bist. Dass im Leben so vieles unwichtig ist, was oft so laut daherkommt. Mach uns dankbar für so vieles, was wir ohne Krisenzeiten so schnell übersehen.“Winterlingens evangelischer Pfarrer Ernst Nestele richtet über die Webseite seiner Kirchengemeinde und über die örtlichen Gemeindeblätter in Winterlingen und Straßberg Briefe an die Gläubigen. Wie seine katholischen Kollegen führt er als einer der wenigen Protestanten den Gottesdienst „für die Gemeinde stellvertretend“weiter. Die Kirche öffnet Nestele täglich zu bestimmten Zeiten zum Gebet. Für Hilfe, Gespräche, „geistlichen Rat und seelischen Beistand“sei er da. „Wir bleiben in Kontakt mit unserer Gemeinde und denken jetzt schon an die Zeit danach“, so Nestele telefonisch.
Und es gibt eine Überraschung: „Die Glocken werden zu den gewohnten Zeiten läuten, um die Gemeinde an den Gottesdienst zu erinnern und zum häuslichen Mitfeiern einzuladen.“Zusätzlich läute die „Vater-unser-Glocke“, täglich um 20.20 Uhr etwa zwei Minuten lang für die Dauer eines kurzen Gebets. Als Zeichen der Verbundenheit im Namen Gottes wirbt Nestele darum, um diese Uhrzeit eine Kerze zu entzünden und ins Fenster zu stellen. Dem schließt sich auch die katholische Kirche in Winterlingen „in ökumenischer Verbundenheit“an.
Zur Karwoche meint Nestele: „Gottes Liebe kennt Leiden zum Guten. In dieser Welt muss auch unsere
Liebe bereit sein, Opfer zu bringen. Die Tür zum Leben ist Gottes Kreuz. In ihm hat alles Leiden Ziel und Verheißung.“Der Wochenpsalm 69 spreche von solchem Leid. „Der Beter bittet Gott um seinen Beistand, weil er um seines Glaubens willen verlassen und einsam geworden ist. Was in diesem Psalm vorgezeichnet ist, macht Jesus Christus dann am Karfreitag durch.“Interessierte können anders als sonst die Predigten der Sonntage auf der Homepage der Evangelischen Kirchengemeinde Winterlingen anhören.
Auch die evangelische Kirchengemeinde Bitz mit ihrem neuen
Pfarrer Andreas Heid sagte all ihre Gottesdienste ab. In einer solchen Situation sei es die Pflicht und Verantwortung jedes Einzelnen, aus Rücksicht gegenüber gefährdeten Menschen, das Mögliche zu tun, um weitere Infektionen zu vermeiden. Die Konfirmationstage im April und Mai wurden aufgehoben. Die Gemeinde geht nach Angaben auf ihrer Internetseite
sogar bereits davon aus, dass Zusammenkünfte in Kirchen durch die Corona-Verordnung des Landes bis Mitte Juni verboten bleiben. Für ihre Mitglieder und für alle Interessierten listet sie verschiedene Angebote auf: darunter Orgelstücke des Organisten Oliver Geiger, der diese auf seiner Hausorgel aufnahm.
„Gottesdienst live“im Videoformat gibt es sonntags um 10 Uhr von der evangelischen Kirche in Albstadt-Tailfingen aus der Pauluskirche. Telefonisch kann die Predigt anschließend auch von Menschen ohne Internetzugang unter 07432 / 9849225 angehört werden.
Die Evangelische Landeskirche in Württemberg beauftragte das Evangelische Medienhaus, gemeinsam mit dem Fernsehsender Regio TV, eine Gottesdienst-Reihe unter dem Motto „Du bist nicht allein“zu produzieren. Sechs Gottesdienste möchte sie damit bis Ostern in die Wohnzimmer der Menschen bringen: www.kirchenfernsehen.de