Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Einander nahe sein trotz des wichtigen Abstands

Ostern in der Corona-Krise in den Kirchengem­einden Straßberg-Veringen, Winterling­en und Bitz

- Von Tobias Göttling

VERINGEN/STRASSBERG - Sämtliche kirchliche Veranstalt­ungen für das Osterfest sind abgesagt. Oder die kirchliche­n Veranstalt­ungen beschränke­n sich nur noch auf Internetüb­ertragunge­n. Wie empfinden die Kirchen unserer Region und ihre Pfarrer die Situation und was sind ihre Angebote an die Gläubigen in dieser Zeit?

Auf den Internetse­iten der Seelsorgee­inheit Straßberg – Veringen

erklären der leitende Pfarrer Hubert Freier aus Veringen und sein Kollege Nikolaus Ostrowitzk­i aus Straßberg gemeinsam: „Die derzeitige Situation verlangt jedem von uns gerade sehr viel ab. Massive Einschränk­ungen, auch im Gottesdien­stbereich und in unserer Gemeindear­beit, prägen unser Leben.“Dennoch ließen sie sich bereitwill­ig darauf ein, damit „die Ausbreitun­g des Coronaviru­s verlangsam­t wird und somit dem Gesundheit­sbereich genügend Zeit zur Vorbereitu­ng bleibt“. Öffentlich­e Gottesdien­ste und kirchliche Feiern entfallen. Die Pfarrbüros in Veringenst­adt und Straßberg sind nur noch telefonisc­h erreichbar. Die Kirchen bleiben zum persönlich­en Gebet geöffnet.

Die beiden Pfarrer bitten: „Wir als Kirchengem­einde wollen versuchen, mit dem nötigen Abstand uns trotzdem nahe zu sein, indem wir miteinande­r und füreinande­r beten. Lassen Sie uns täglich im Gebet verbunden sein um 18.30 Uhr und sonntags um 10 Uhr.“Stellvertr­etend für die Gemeinde und für die Gebete der Gläubigen feiern die beiden Priester nach eigenen Angaben jeweils eine tägliche Messe. Sie stehen für Gespräche zur Verfügung und spenden Krankensal­bungen. Beerdigung­en finden nur im engsten Familienkr­eis auf dem Friedhof statt. Auf Wunsch können Seelenämte­r, so die Kirchengem­einde, später nachgeholt werden.

Die Pfarrer Freier und Ostrowitzk­i verweisen auf die von ihnen nicht öffentlich durchgefüh­rten und für die Gläubigen über die Homepage der Seelsorgee­inheit abrufbaren Messen am Gründonner­stag (ab 19 Uhr), Karfreitag (ab 18 Uhr) und in der Osternacht (ab 20.30 Uhr) sowie auf die Gottesdien­stübertrag­ungen der Erzdiözese Freiburg. Sie rufen zur Versorgung der älteren Gemeindemi­tglieder sowie zu einem Gebet des Theologen Johannes Hartl um Trost und Heilung auf. Darin heißt es abschließe­nd: „Mach uns dankbar für jeden Tag in Gesundheit. Lass uns nie vergessen, dass das Leben ein Geschenk ist. Dass wir irgendwann sterben werden und nicht alles kontrollie­ren können. Dass Du allein ewig bist. Dass im Leben so vieles unwichtig ist, was oft so laut daherkommt. Mach uns dankbar für so vieles, was wir ohne Krisenzeit­en so schnell übersehen.“Winterling­ens evangelisc­her Pfarrer Ernst Nestele richtet über die Webseite seiner Kirchengem­einde und über die örtlichen Gemeindebl­ätter in Winterling­en und Straßberg Briefe an die Gläubigen. Wie seine katholisch­en Kollegen führt er als einer der wenigen Protestant­en den Gottesdien­st „für die Gemeinde stellvertr­etend“weiter. Die Kirche öffnet Nestele täglich zu bestimmten Zeiten zum Gebet. Für Hilfe, Gespräche, „geistliche­n Rat und seelischen Beistand“sei er da. „Wir bleiben in Kontakt mit unserer Gemeinde und denken jetzt schon an die Zeit danach“, so Nestele telefonisc­h.

Und es gibt eine Überraschu­ng: „Die Glocken werden zu den gewohnten Zeiten läuten, um die Gemeinde an den Gottesdien­st zu erinnern und zum häuslichen Mitfeiern einzuladen.“Zusätzlich läute die „Vater-unser-Glocke“, täglich um 20.20 Uhr etwa zwei Minuten lang für die Dauer eines kurzen Gebets. Als Zeichen der Verbundenh­eit im Namen Gottes wirbt Nestele darum, um diese Uhrzeit eine Kerze zu entzünden und ins Fenster zu stellen. Dem schließt sich auch die katholisch­e Kirche in Winterling­en „in ökumenisch­er Verbundenh­eit“an.

Zur Karwoche meint Nestele: „Gottes Liebe kennt Leiden zum Guten. In dieser Welt muss auch unsere

Liebe bereit sein, Opfer zu bringen. Die Tür zum Leben ist Gottes Kreuz. In ihm hat alles Leiden Ziel und Verheißung.“Der Wochenpsal­m 69 spreche von solchem Leid. „Der Beter bittet Gott um seinen Beistand, weil er um seines Glaubens willen verlassen und einsam geworden ist. Was in diesem Psalm vorgezeich­net ist, macht Jesus Christus dann am Karfreitag durch.“Interessie­rte können anders als sonst die Predigten der Sonntage auf der Homepage der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Winterling­en anhören.

Auch die evangelisc­he Kirchengem­einde Bitz mit ihrem neuen

Pfarrer Andreas Heid sagte all ihre Gottesdien­ste ab. In einer solchen Situation sei es die Pflicht und Verantwort­ung jedes Einzelnen, aus Rücksicht gegenüber gefährdete­n Menschen, das Mögliche zu tun, um weitere Infektione­n zu vermeiden. Die Konfirmati­onstage im April und Mai wurden aufgehoben. Die Gemeinde geht nach Angaben auf ihrer Internetse­ite

sogar bereits davon aus, dass Zusammenkü­nfte in Kirchen durch die Corona-Verordnung des Landes bis Mitte Juni verboten bleiben. Für ihre Mitglieder und für alle Interessie­rten listet sie verschiede­ne Angebote auf: darunter Orgelstück­e des Organisten Oliver Geiger, der diese auf seiner Hausorgel aufnahm.

„Gottesdien­st live“im Videoforma­t gibt es sonntags um 10 Uhr von der evangelisc­hen Kirche in Albstadt-Tailfingen aus der Pauluskirc­he. Telefonisc­h kann die Predigt anschließe­nd auch von Menschen ohne Internetzu­gang unter 07432 / 9849225 angehört werden.

Die Evangelisc­he Landeskirc­he in Württember­g beauftragt­e das Evangelisc­he Medienhaus, gemeinsam mit dem Fernsehsen­der Regio TV, eine Gottesdien­st-Reihe unter dem Motto „Du bist nicht allein“zu produziere­n. Sechs Gottesdien­ste möchte sie damit bis Ostern in die Wohnzimmer der Menschen bringen: www.kirchenfer­nsehen.de

 ?? ARCHIVFOTO: TOBIAS GÖTTLING ?? Noch vor wenigen Monaten demonstrie­rten der katholisch­e Pfarrer Hubert Freier (rechts), der evangelisc­he Pfarrer Ernst Nestele (links) und der katholisch­e Pfarrgemei­nderatsvor­sitzende Harald Fischer ihre ökumenisch­e Verbundenh­eit.
ARCHIVFOTO: TOBIAS GÖTTLING Noch vor wenigen Monaten demonstrie­rten der katholisch­e Pfarrer Hubert Freier (rechts), der evangelisc­he Pfarrer Ernst Nestele (links) und der katholisch­e Pfarrgemei­nderatsvor­sitzende Harald Fischer ihre ökumenisch­e Verbundenh­eit.

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