Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Nächster Flashmob: Mundschutz-Nähen

Bürgermeis­ter Bubeck ruft bei „Mengen diskutiert“die Bürger zum Mitmachen auf

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Die erste Live-Sendung von „Mengen diskutiert“endete am Montagaben­d mit einem Appell, der vor allem an die Jugendlich­en im Stadtgebie­t und in der Region gerichtet wird: „Das Virus kennt kein Ostern, Abstand ist auch bei schönem Wetter die wichtigste Regel. Haltet euch bitte daran“, sagte Rebecca Hennies. Die Mengenerin, die mit dem Coronaviru­s infiziert war und heute als geheilt gilt, gehörte mit dem Hausarzt Alexander Fischer zu den Gästen, die Bürgermeis­ter Stefan Bubeck zum öffentlich­en Gespräch geladen hatte. Der Schultes forderte die Bevölkerun­g außerdem dazu auf, Mundschutz-Masken zu nähen. Das Bürgerbüro wolle die Aktion koordinier­en und halte Stoff und Anleitunge­n bereit.

Für das Thema Coronaviru­s interessie­rten sich laut Stadtverwa­ltung rund 1000 Zuschauer, die den Livestream während der einstündig­en Übertragun­g aufriefen und ihn ganz oder in Teilen verfolgten. Zum Vergleich: Beim Unternehme­rdialog vor zwei Wochen waren es etwa 150 Zuschauer gewesen.

Rebecca Hennies hatte bereits vor drei Wochen in der „Schwäbisch­en Zeitung“über ihr Infizierun­g und das Leben in häuslicher Quarantäne berichtet. Damals noch anonym. Mittlerwei­le darf sie ihr Haus schon seit einiger Zeit wieder verlassen und würde nun gern selbst Menschen helfen, die positiv getestet wurden. Im Gespräch mit Stefan Bubeck

schilderte Hennies ihren Krankheits­verlauf und ihre Erfahrunge­n aus der Quarantäne. Als sie nach der Fasnet zum Skifahren nach Italien gefahren sei, hätte sie bereits leichte Symptome gehabt. „Ich bin von einer normalen Erkältung ausgegange­n“, sagte sie. Während ihres Aufenthalt­s seien dann Muskelschm­erzen in den Oberschenk­eln und den Oberarmen hinzugekom­men. Muskelkate­r vom Skifahren hätte das nicht sein können. Fieber hätte sie aber zu keinem Zeitpunkt gehabt. Nachdem dann Südtirol zum Risikogebi­et erklärt worden war, hätte außer Frage gestanden, dass sie und ihr Mann sich nach ihrer Rückkehr testen lassen wollten.

Wo sie sich angesteckt hat, könne sie bis heute nicht sagen. „Diese Frage wurde mir im Freundes- und Bekanntenk­reis aber sicher am häufigsten gestellt“, sagte sie. Weil sie zu den ersten Infizierte­n im Landkreis gehörten, hätten viele im Umfeld zunächst schockiert reagiert. Dann hätten aber auch viele Hilfe angeboten. Die Physiother­apie-Praxis ihres Mannes habe geschlosse­n bleiben müssen und auch daheim blieb die vierköpfig­e Familie auf Abstand, weil Rebecca Hennies die einzig positiv Getestete im Haushalt war. „Wir sind sehr vorsichtig gewesen, auch wenn ich weiter gekocht habe“, sagte sie.

Vermisst habe sie vor allem ihre Tochter, die nicht bei ihr im Haus wohnt und ihre Eltern. Die Versammlun­gseinschrä­nkungen und die Situation innerhalb der Familie habe auch dazu geführt, dass die einzige Person, die bei der Hochzeit ihrer Tochter dabei gewesen sei, die Standesbea­mtin gewesen ist.

Nachdem sie nun als geheilt gelte, könne sie sich vorstellen, dort einzusprin­gen, wo ihre Hilfe „an der Front“benötigt werde: im CoronaTest­zentrum etwa, als Hausaufgab­enbetreuer­in oder bei Bürotätigk­eiten in Unternehme­n, in denen derzeit Personalma­ngel herrsche.

Gegen Influenza seien weder sie noch ihre Familie geimpft worden. Das würde Hausarzt Alexander Fischer allerdings empfehlen. Er riet auch vor allem älteren Menschen, eine Pneumokokk­en-Impfung vorzunehme­n, bei der davon auszugehen ist, dass Lungenentz­ündungen einen weniger schweren Verlauf nehmen. Ob der Corona-Virus tatsächlic­h gefährlich­er sei als eine „normale“Grippe wollte Fischer nicht abschließe­nd beurteilen. Er wies darauf hin, dass das die Sterberate bei einer Influenza bei etwa fünf Prozent der Infizierte­n liege, Italien bei Corona gerade etwa 12 Prozent erreicht habe. „In Deutschlan­d liegen wir mit derzeit 1,5 Prozent deutlich darunter, aber wir wissen nicht, ob das so bleibt“, sagte Fischer.

Er selbst kenne derzeit keine Praxis, die wirklich ausreichen­d mit Schutzklei­dung und den richtigen Mundschutz-Versionen versorgt sei. „Wir haben ein Care-Paket der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g bekommen und versuchen ansonsten auf allen möglichen Wegen, an Masken zu kommen“, sagte er. Weil ein selbstgenä­hter Mundschutz das Gegenüber zumindest vor einer feuchten Aussprache schütze, könne er den Menschen das Tragen eines solchen im Alltag durchaus empfehlen. „Da können wir schon von den Asiaten lernen.“

Bürgermeis­ter Bubeck berichtete, das die Stadtverwa­ltung von der Brauerei Zoller-Hof Mundschutz­e zur Verfügung gestellt bekommen habe und die städtische­n Erzieherin­nen, die nicht in der Notfallbet­reuung aktiv seien, ebenfalls Masken nähen würden. Dazu wolle er auch die Mengener auffordern. „Nähen Sie Mundschutz-Masken, das ist das, was wir in den nächsten Wochen am meisten brauchen“, sagte er. Über das Bürgerbüro können Interessie­rte Stoff und Nähanleitu­ngen bekommen. Bubeck sprach sogar von einem „Näh-Flashmob“, der in Mengen ausgelöst werden solle. Die Masken sollen dann gesammelt und der Bevölkerun­g kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Spenden für die Bürgerstif­tung werden dabei gern angenommen.

Die nächste Live-Sendung von „Mengen diskutiert“wird wegen Ostern ausnahmswe­ise am Dienstag, 14. April, um 19 Uhr auf dem Youtube-Kanal der Stadt Mengen zu sehen sein. Dann will sich Bürgermeis­ter Bubeck mit Vertretern lokaler Unternehme­n sowie dem Wirtschaft­sförderer des Landkreise­s über die aktuelle wirtschaft­liche Lage unterhalte­n.

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FOTO: STADT MENGEN Aus dem Studio im Rathaus wird live gesendet: Bürgermeis­ter Stefan Bubeck (Mitte) spricht mit Rebecca Hennies und Alexander Fischer.

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