Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ironman im Homeoffice
Hawaii-Sieger Frodeno startet ungewöhnliche Aktion, weil er helfen will und „eine Meise hat“
GIRONA (SID) - Der triste Alltag in Europas Corona-Hotspot fällt Jan Frodeno zunehmend schwer. Mal kurz mit den Kindern vor die Tür gehen, in der Frühlingssonne Radfahren oder Freunde treffen –in seiner spanischen Wahlheimat ist das noch strikt verboten. Die Idee vom heimischen Ironman wurde deshalb „ein bisschen aus der Hilflosigkeit geboren“, sagt Frodeno: „Und mittlerweile sollten die Leute ja auch wissen, dass ich eine kleine Meise habe.“
Anders ist diese spektakuläre Aktion tatsächlich nicht zu erklären, die der dreimalige Ironman-Weltmeister am Karsamstag in Angriff nimmt. 3,8 km wird Frodeno in seinem Pool mit Gegenstromanlage schwimmen, danach 180 km auf der Rolle Radfahren und zum Schluss noch den 42,195 km langen Marathon auf dem Laufband absolvieren. „Ich will zeigen, dass man sehr viel daheim machen kann“, erklärt Frodeno, vor allem aber möchte er helfen und irgendwie „das medizinische System unterstützen“.
Schließlich ist Spanien arg gebeutelt von der Corona-Krise, „viel krasser als in Deutschland“sei es dort. Frodeno betonte deshalb ausdrücklich, dass es ihm bei seiner Aktion keinesfalls darum gehe, eine Fabelzeit aufzustellen oder eine außergewöhnliche Leistung zu zeigen. „Mein Fitnessstand ist ohnehin auf einem ganz anderen Level, als es normal der Fall wäre“, sagt er. Durch die Spenden von Sponsoren oder TriathlonFans, die über ein Programm online zumindest die Radstrecke mit Frodeno bestreiten können, will der 38Jährige eine nette Summe sammeln, deren Verwendung aber noch nicht vollständig geklärt ist.
Gleichzeitig hofft der gebürtige Kölner, der in Girona nördlich von Barcelona lebt, ein bisschen Ablenkung und Zerstreuung denjenigen zu bieten, die sich nicht in einer luxuriösen Situation wie er selbst befinden. „Freunde von mir leben zu fünft in einer Wohnung mit 90 Quadratmetern, darunter drei Jungs zwischen zwei und zehn Jahren. Die haben keinen Garten, keinen Balkon und sehen irgendwann am Nachmittag mal die Sonne“, erzählt Frodeno.
In diesen Zeiten an mögliche Wettkämpfe oder gar den vierten Titel bei der WM am 10. Oktober auf Hawaii zu denken, verbietet sich Frodeno, auch wenn ihm „die Psychospielchen“mit den Rivalen und die Emotionen im Sport fehlen. Er bleibt lieber noch in den eigenen vier Wänden. So ein Ironman daheim, sagt er, „macht gerade schon Spaß und ist ja auch eine coole Zwischenlösung“.