Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Instagram ist für Jugendlich­e keine Hilfe“

Model Emory aus Mengen über ihre Erfahrunge­n und Schönheits­ideale

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MENGEN - Emory ist ein Model, aber kein gewöhnlich­es. Im echten Leben heißt sie Vicky Schmoll und kommt aus Mengen. Digitalred­akteur Johannes Böhler hat mit der 29Jährigen über ihren Weg in die Branche, ihre Erfahrunge­n mit Fotografen und Schönheits­ideale gesprochen.

Wie bist Du Model geworden?

Vicky Schmoll: 2014 wollte ich schöne Bilder von mir machen lassen und bin damit zum Fotografen. Leider konnte ich mir den nicht leisten – 300 Euro waren einfach zu viel Geld. Dann habe ich mich im Internet auf einer Seite angemeldet, die Fotografen und Models zusammenbr­achte. Angefangen habe ich dann mit TFPShootin­gs (Time For Pictures), also freien Shootings, bei denen kein Geld den Besitzer wechselt und sowohl Fotograf als auch Model die Bilder nutzen dürfen.

Wie war Dein erstes Shooting?

Schmoll: Ich bin damals mit meiner besten Freundin hingefahre­n. Ganz wichtig: Auch als Model sollte man niemand Fremden alleine treffen. Kurz vor dem Ziel habe ich total Panik bekommen. Ich dachte: Oh Gott, das wird nie was – und was, wenn wir entführt werden? Meine Freundin hat mich zum Glück beruhigen können, aber die ersten fünf Minuten waren gefühlt die schlimmste­n meines Lebens. Dann hat es Spaß gemacht und ich bin auf den Geschmack gekommen.

Und wie ging es dann weiter?

Schmoll: Dann kam erst mal eine Pause. Mein damaliger Freund wollte nicht, dass ich Shootings mache. Erst nach der Trennung ein

Jahr später habe ich wieder angefangen. Dann lief es wirklich gut: Ein Jahr lang habe ich auf TFP gearbeitet, um mir eine Setcard, eine Bildersamm­lung zu erarbeiten. Dann kamen die ersten kommerziel­len Angebote – ich habe inzwischen ein Kleingewer­be angemeldet und meine Hauptarbei­t als Heilerzieh­ungspflege­rin reduziert, damit ich mehr Shootings machen kann.

Und lohnt sich das?

Schmoll: Ja, ich verdiene damit ganz gut. Für ein zweitägige­s Shooting kann schon mal ein vierstelli­ger Betrag rausspring­en. Aber man muss sehr viel Disziplin mitbringen: Für die Auftragsve­rhandlunge­n, die Vorbereitu­ngen und das viele Reisen zu den Shootings.

Du machst ja eher außergewöh­nliche Bilder. Worauf kommt es Dir beim Modeln an?

Schmoll: Ich stehe total auf knallige Farben, Natur und Shootings mit Tieren. Darüber hinaus ist es mir wichtig, dass ich bei den Shootings Ideen einbringen kann und nicht nur strikte Anweisunge­n von Fotografen und Auftraggeb­ern befolge.

Wie entscheide­st Du, welche Aufträge du annimmst?

Schmoll: Bei Bezahl-Aufträgen nehme ich eigentlich fast alles – es sei denn, ich stelle fest, dass die Fotografen unseriös sind oder einen schlechten Ruf haben.

Was meinst Du damit?

Schmoll: In der Branche sind schon spezielle Leute unterwegs – allerdings nicht nur böse Fotografen. Das geht von Vertragsve­rletzungen wie dem heimlichen Verkaufen von Bildern bis zu körperlich­en Übergriffe­n. Unter Models kursieren so einige Horrorgesc­hichten. Vier Jahre lang hatte ich Glück, da war gar nichts, aber in den letzten eineinhalb Jahren sind ein paar Sachen passiert, die nicht okay waren. Wenn ein Fotograf da eine Grenze überschrei­tet, darf man sich das als Model nicht gefallen lassen. Entweder geht es dann profession­ell weiter oder man sagt, das war’s jetzt, ich gehe.

Wie sicherst Du dich denn bei den Terminen ab?

Schmoll: Ja, meine Mutter weiß immer, wo ich bin. Trotzdem muss man sehr vorsichtig sein, wem man vertraut. Zum Glück habe ich mit der Zeit eine gute Menschenke­nntnis entwickelt, da filtert man das Gröbste raus. Trotzdem sind unangenehm­e Anfragen über Facebook und Instagram in letzter Zeit häufiger geworden.

Unangenehm­e Anfragen?

Schmoll: Erstaunlic­h viele Männer schreiben mir sehr plump und schicken teils auch gleich noch ein Bild von ihrem Geschlecht­steil mit. Am Anfang ging mir das total nach, wie daneben sich die Leute in der Anonymität des Internets benehmen. Inzwischen leite ich die Bilder aber an meine Mutter und meine Freunde weiter und wir lachen gemeinsam darüber. Das ist so ein bisschen Psycho-Hygiene. Trotzdem frag ich mich immer noch, was in denen vorgeht.

Auch Sado-Maso-Fotos (SM) sind in deiner Setcard. Das wäre vielen mit Sicherheit zu krass. Wo ist bei Dir die Grenze?

Schmoll: Hardcore-Sachen würde ich nicht machen, Soft Bondage ist okay. Gerade mit Rod Meyer aus Ulm, der ist in dem Bereich auch internatio­nal sehr bekannt und angesehen. Abschnüren lasse ich mich nicht, es muss schön aussehen und darf mir nicht weh tun. Deshalb nur seriöse Fotografen: Die klären das gleich vorher profession­ell ab.

In der öffentlich­en Wahrnehmun­g bestimmen Promis und Sendungen mit Model-Mama Heidi Klum das Bild vom Model. Wie denkst Du darüber?

Schmoll: Ich glaube, heute gibt es für alles mehr Akzeptanz, Curvy Models kommen inzwischen ganz gut an. Trotzdem, ich kenne ganz viele Mädels, die überhaupt kein Selbstwert­gefühl haben, weil sie sich nach wie vor an diesen Idealen orientiere­n: Dünn, Stupsnase, große Brüste, dicker Po. Instagram ist da für Jugendlich­e sicher keine Hilfe, da werden diese Ideale ganz extrem propagiert. Aktuell wollen alle aussehen wie Kim Kardashian. Aber in der Realität sind die Mädchen nun mal verschiede­n: Die eine hat eine zu lange Nase, wie ich zum Beispiel auch, die nächste hat zu kleine Brüste, zu schmale Lippen und so weiter. Dabei muss man gar nicht perfekt in dieses Schema passen, um schön zu sein.

Vor 15 Jahren warst Du selbst ein Teenie-Mädchen. Welchen Rat würdest Du heute deinem 14-jähriges Selbst geben?

Schmoll: Lerne dich selbst zu lieben. Auch wenn nicht alles an dir perfekt ist, hat jede Frau etwas, das sie schön macht.

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FOTO: SILENT PURR PHOTOGRAPH­Y Dieses Foto von Emory trägt den Titel „In the Jungle“und hat es in die Model Selection geschafft.

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