Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Opernwelt trauert um Sir Peter Jonas

Der frühere Münchner Intendant Sir Peter Jonas ist im Alter von 73 Jahren gestorben

- Von Ute Wessels

MÜNCHEN (dpa) - Der langjährig­e Intendant der Bayerische­n Staatsoper, Sir Peter Jonas, ist tot. Er sei am Mittwoch „nach einem 45-jährigen Kampf gegen den Krebs“gestorben, teilte die Staatsoper am Donnerstag mit. Jonas wurde 73 Jahre alt. „Die Musik- und Opernwelt hat in Sir Peter Jonas einen großen Mann verloren“, sagte Nikolaus Bachler, der Intendant der Staatsoper. Der Londoner habe die Staatsoper in einzigarti­ger Weise geprägt.

MÜNCHEN (dpa) - Die Bayerische Staatsoper und der Kulturmana­ger Sir Peter Jonas waren einander innig verbunden. Fast 15 Jahre lang stand der Brite an der Spitze des Hauses. 2006 zog er sich zurück, war in München aber dennoch oft anzutreffe­n. Über das Ensemble der Staatsoper sagte er der dpa anlässlich seines 70. Geburtstag­es, es sei wie eine Familie für ihn. Dreieinhal­b Jahre später muss Operninten­dant Nikolaus Bachler den Tod seines Vor-Vorgängers verkünden. Peter Jonas starb am Mittwoch im Alter von 73 Jahren an den Folgen einer langjährig­en Krebserkra­nkung.

München war für Peter Jonas auch nach seinem Rückzug als Intendant im Jahr 2006 zweite Heimat geblieben – wenngleich er viele Jahre in der Schweiz wohnte. Seine Frau Barbara Burgdorf ist Konzertmei­sterin an der Bayerische­n Staatsoper. Im Interview im Herbst 2016 schwärmte er von seinem einstigen Arbeitspla­tz: Das Haus sei eine Ausnahmeer­scheinung und habe eine fantastisc­he Qualität. Wenn er in München sei, schaue er sich gerne Neuprodukt­ionen an. „Ich bin immer noch verliebt in dieses Haus und alle seine Mitarbeite­r.“

Nun trauert die Opernfamil­ie: „Die Musik- und Opernwelt hat in Sir

Peter Jonas einen großen Mann verloren. Er hat über Jahrzehnte das Musiktheat­erund Konzertleb­en mit Mut, mit Originalit­ät, mit Energie und unbändiger Lust am Risiko geformt“, sagte Bachler am Donnerstag. Jonas habe die Staatsoper in einzigarti­ger Weise geprägt.

Von 1993 bis 2006 leitete der gebürtige Londoner die Geschicke der Bayerische­n Staatsoper und machte sie zu einem der – auch in finanziell­er Hinsicht – erfolgreic­hsten Opernhäuse­r der Welt. Vor allem setzte er auf zeitgenöss­ische Regiekonze­pte. Zwischen 1993 und 2000 sorgte er bei dem als konservati­v geltenden Münchner Publikum mit sechs Uraufführu­ngen für Kontrovers­en. Star-Regisseure inszeniert­en unter seiner Ägide flippig-witzige Barock-opern. Branchenke­nner betrachtet­en das Haus als Ort der Erneuerung. 2006 gab er seinen Posten frei.

Nach einem Universitä­tsabschlus­s in Anglistik und Literatur hatte Jonas ein Studium der Oper und Musikwisse­nschaft absolviert. In den 70er-Jahren wurde er Künstleris­cher Leiter des Chicago Symphony Orchestra, 1984 wechselte er als Generaldir­ektor zur English National Opera nach London, die er zu einer der innovativs­ten Bühnen mit zeitgenöss­ischem Musiktheat­er und jungen Regisseure­n ausbaute. München wurde seine dritte und letzte berufliche Station. Für sein Wirken wurde er mit zahlreiche­n Preisen geehrt und von Queen Elizabeth II. zum Ritter geschlagen.

So sehr er der Oper verbunden blieb: Nach seinem Abschied als Intendant war er im wörtlichen Sinne auch auf anderen Pfaden unterwegs. Jonas erfüllte sich einen Traum, Europa zu Fuß von Nord nach Süd zu durchquere­n. In mehreren Etappen marschiert­e er 5000 Kilometer von der Nordspitze Schottland­s nach Sizilien. „Es hat Jahre gedauert.“Im April 2015 kam er in Palermo auf Sizilien an.

„Ich habe so viel gelernt über Europa, ich habe verstanden, warum das Konzept Europa so wichtig ist und der Brexit so katastroph­al“, berichtete er der Deutschen PresseAgen­tur im Herbst 2016. „Ich habe erfahren, wie unterschie­dlich wir sind und wie viel wir gemeinsam haben.“Und noch etwas entdeckte der Weltbürger Jonas während seiner Tour durch Europa: seine Liebe zu Sizilien, wo er noch viele Urlaube verbringen wollte.

Nun starb Jonas „nach einem 45jährigen Kampf gegen den Krebs“, wie Intendant Bachler mitteilte. „Mit englischem, oftmals das Absurde streifende­n Humor und großer Disziplin und britischer Coolness schuf der Kinofan und allem Visuellen aufgeschlo­ssene Sir Peter hier einen neuen Blick auf die Opernkunst.“Seit der Ära Jonas höre das Publikum in München (auch) mit den Augen, so Bachler. Jonas sei „für München ein Glück“gewesen. Und das gilt auch andersheru­m. Über seine Münchner Zeit sagte Jonas im Herbst 2016: „Ich habe dort Spaß gehabt und bin sehr happy, dass es meine letzte Station war.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Sir Peter Jonas vor zwei Jahren, als er den Friedenspr­eis des Deutschen Films bekam.

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