Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Der große letzte Wunsch blieb unerfüllt
Geher-Legende Hartwig Gauder mit 65 Jahren gestorben
HAMBURG (SID) - Der letzte große Wunsch des Hartwig Gauder blieb unerfüllt. „Mit dem eigenen Herzen habe ich 42 Jahre gelebt, das will ich auch mit dem transplantierten Organ erreichen und 84 werden“, sagte die Geher-Legende einmal. Doch nun hat sein Spenderherz aufgehört zu schlagen. Gauder, der Olympiasieger, der Weltmeister, der Europameister, erlag am Mittwoch im Alter von 65 Jahren einem Herzinfarkt.
Am 30. Januar 1997 wurde Gauder ein Spenderherz transplantiert, die Ärzte gaben dem Thüringer damals „nur fünf bis sechs Jahre“, wie er selber sagte. Doch Gauder war ein Kämpfer. Wer die Wahnsinns-Strecke über 50 km geht, gibt nicht so schnell auf. Gauder biss sich trotz aller Widrigkeiten zurück ins Leben. Er wurde Diplom-Architekt, arbeitete in Jena am Universitätsklinikum und später in Thüringen im Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit. Bis zuletzt beging er den 30. Januar im stillen „Gedenken, an die Person, die mir das alles durch ein besonderes Geschenk ermöglicht hat“. Jürgen Kessing, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), sagte über Gauder: „Trotz seiner großen Erfolge ist er immer am Boden geblieben und hat sich auch nach seiner Herztransplantation immer wieder für die Leichtathletik und die Organspende eingesetzt. Völlig zu Recht wurde er 2016 in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen.“
Gauder, der in Vaihingen in Baden-Württemberg geboren wurde und als Kleinkind mit den Eltern (erbten in Thüringen ein Haus) in die DDR übersiedelte, hatte seine ganz große sportliche Zeit in den 1980er Jahren. Unter anderem holte er 1980 in Moskau Olympia-Gold, 1986 in Stuttgart wurde er Europameister, ein Jahr später in Rom Weltmeister. Seit 1989 war er Träger des
Vaterländischen Verdienstordens in Gold. Doch seinen größten Sieg feierte Gauder, als die Geher-Karriere bereits beendet war. 1995 sackte seine Herzleistung nach einer Bakterieninfektion auf 16 Prozent ab, wenig später musste er auf die Transplantations-Warteliste. Zehn Monate lebte er mit einem künstlichen Herzen, ehe er ein neues Organ bekam. 2014 führte eine Abstoßungsreaktion zu Problemen und desolaten Werten. „Mit Willen und guten Gedanken schafft man es dann auch wieder auf den positiven Weg“, sagte Gauder.
Nachdem die Probleme überwunden waren, zeigte Gauder, was mit einem neuen Herz möglich ist. Schon 1998 lief er den New-York-Marathon, 2003 bestieg er den heiligen Berg Fuji. Unermüdlich warb er für Organspenden. Nun twitterte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow: „Wir trauern um einen großen Menschen. Sein Andenken lebt weiter.“