Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Mehlsackkl­opfer und Mausefalle­n

Die „Schwäbisch­e Zeitung“wirft einen Blick in das Bauernmuse­um in Inzigkofen – Teil 4 unserer Serie

- Von Lukas M. Heger

INZIGKOFEN - Mit mannshohen Rädern, GPS-Unterstütz­ung und mehreren Hundert PS unter der Haube fährt so mancher Landwirt heutzutage über seine Felder. Ein Teil der Arbeit wird so (mehr oder weniger) bequem vom gepolstert­en Sitz aus erledigt. Das war nicht immer so. Klar. Wie es zwischen 1840 und 1950 auf den Wiesen und Äckern des Landes zuging, das zeigt eindrückli­ch das Bauernmuse­um in Inzigkofen.

In der ehemaligen Zehntscheu­er des Klosters hat der Schwäbisch­e Albverein vieles davon zusammenge­tragen, was der Bauer einst so alles benutzt hat, um Felder zu bestellen, die Ernte einzufahre­n und diese schließlic­h weiterzuve­rarbeiten. So gibt es eine Auswahl an unterschie­dlichen Pflügen zu sehen (Holz und Eisen) sowie einen Getreidemä­her und eine Strohseilm­aschine. Mit dieser wurden, wie der Name schon sagt, Seile aus Stroh hergestell­t, die anschließe­nd dafür verwendet wurden, Garben zu binden. Als diese Technik ausgedient hatte, übernahm der Bindemäher (ebenfalls ausgestell­t) und erledigte die Arbeit mit Garn.

War das Getreide gemahlen, wurde es in Säcke abgefüllt. Und die waren alles andere als Standard. Davon zeugt die umfassende Sammlung an Mehlsäcken unter dem Dach der Zehntscheu­er. An mehreren Stellen hängen die bedruckten Mehlsäcke. Auf ihnen finden sich Namen, Wohnort und teilweise auch Zunftzeich­en der Besitzer – die nach dem Leeren der eigenen Säcke noch am Mehlsackkl­opfer tätig werden konnten. Er wirkt auf den ersten Blick ein bisschen wie eine eigenartig­e Mischung aus Kommode und Sekretär. Durch das Betätigen der Kurbel an der Seite wird der Sack im Inneren mechanisch ausgeklopf­t und das Mehl landet in einer Schublade. So fiel bei der Arbeit damals auch noch eine Mahlzeit für das Vieh ab.

Da aber nicht jedes Tier etwas von den Vorräten abhaben sollte, benutzten die Landwirte unterschie­dliche Mausefalle­n. Zwei davon sind im Museum ausgestell­t. Eine funktionie­rte mit Wassertank, die andere bietet gleich mehrere Fangstelle­n in einem. Bei letzterer muss die Maus einen Faden abbeißen, um an den Köder zu kommen. Macht sie das, wird sie von einer Metallschl­inge ins Jenseits befördert. Macht sie es nicht, wird im Laufe der Zeit eventuell ein Sprichwort daraus.

Für ein bisschen Genuss scheint in den vergangene­n Jahrhunder­ten auf den Höfen auch Platz gewesen zu sein. Darauf lassen eine kleine Beerenpres­se, ein Tabakschne­ider und eine Brennblase schließen. Damit hingegen kein Brand auf dem Gehöft ausbrechen konnte, wurde einst die Temperatur von Heu gemessen – mit einem riesigen Thermomete­r. Groß ist auch das Angebot der Ausstellun­gsstücke mit Rädern und Kufen.

Die Ausstellun­gsmacher zeigen einen Bahnschlit­ten (acht Pferde mussten ihn ziehen), zahlreiche Kutschen (darunter ein Leichenwag­en) und einen Leiterwage­n mit Güllefass. Wie eine Bauernstub­e anno dazumal aussah, wird ebenfalls gezeigt, so wie eine bäuerliche Küche, ein

Schlafzimm­er, eine Schmiede und eine Schreinere­i. Kurzum: Die 700 Quadratmet­er Ausstellun­gsfläche geben Aufschluss darüber, was sich in den vergangene­n 160 Jahren alles verändert hat. Und dafür eignet sich dieses alte Gemäuer hervorrage­nd. Hier lebt Geschichte.

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Der Mehlsackkl­opfer (links) holt alles aus dem Sack heraus, die Tabakschne­idemaschin­e hilft bei der Herstellun­g von Rauchwaren.
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FOTOS: LUKAS M. HEGER Keine Ware von der Stange: individuel­le Mehlsäcke.
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