Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Unsere Kühe geben auch in der Krise gleich viel Milch“
Corona-Krise. Wir Landwirte sind ja an Krisen gewöhnt. Seit Jahren jagt im Agrarbereich eine Krise die nächste. Ob BSE, Tierseuchen, Druck auf Erzeugerpreise, Exportprobleme und nicht zu vergessen, der Klimawandel und diverse Wetterereignisse, halten die Bauern ständig im Krisenmodus. Und nun die Corona-Krise.
Es ist noch nicht abzusehen, welche wirtschaftlichen Auswirkungen die Pandemie auf die landwirtschaftlichen Betriebe, insbesondere die regionalen hat. Wir sind in Deutschland zwar nur zu einem geringen Anteil exportabhängig, doch dieser Anteil prägt das Preisniveau ganz entscheidend.
Die globale Marktsituation wirkt sich direkt auf unsere hiesigen Erzeugerpreise aus. Stockende Warenströme wegen der Grenzschließungen und den Lockdowns in Europa und anderswo, drücken auf die Absatzmengen.
Nun kann man viele unserer Produkte nicht einfach ins Lager legen oder die Produktion drosseln. So geben unsere Kühe zum Beispiel jeden Tag gleich viel Milch, egal, ob sich die Absatzsituation ändert oder nicht. Der Druck auf den Milchpreis ist derzeit schon zu spüren. Es ist vielleicht auch ein entscheidender Unterschied zur Industrie: in der Landwirtschaft wird in längeren Zeiträumen gedacht. Aktuell mache ich mir auch Sorgen wegen der Trockenheit. An manchen Standorten in unserer Region sind die jungen Getreidepflänzchen bereits verdorrt. Deutschlandweit sieht es nicht besser aus. Wir müssen befürchten, dass es zu beträchtlichen Ernteverlusten kommt, sollte es nicht bald regnen.
In meinem Alltag werde ich durch Corona nicht sehr eingeschränkt. Der Betrieb läuft wie gewohnt weiter, da unsere Geschäftspartner im Landhandel, Viehhandel oder in Werkstätten sowie unser Milchwerk nach wie vor wie gewohnt für uns da sind. Vertreter, Lieferanten und Mitarbeiter halten die Abstands- und Hygieneregeln ein und den privaten Einkauf regelt meine Frau. Da wir in Hohentengen derzeit keine Gemeinderatssitzungen abhalten, habe ich auch keine außerhäuslichen Termine. Wir behelfen uns derzeit mit Umlaufbeschlüssen und werden in der nächsten Zeit wohl nach Alternativen suchen müssen. Die Verwaltung bewältigt den erhöhten Arbeitsaufwand souverän.
Bei allen Krisen – so auch jetzt, hilft mir eine gehörige Portion Zuversicht: Es gibt immer eine Lösung oder einen gangbaren Weg. Wie in jedem Frühjahr die Felder zu bestellen und zu sehen, wie alles blüht und gedeiht, ist sehr sinnstiftend. Ich beobachte weniger Verkehr auf den Straßen, einen blauen Himmel ohne Kondensstreifen und vermehrt Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad die Region erkunden.
Insgesamt versuche ich das Positive aus einer Krise zu ziehen und finde es lohnt sich, Dinge nun neu zu bewerten oder neu zu denken. Jede Krise ist eine Chance und diese Zeit sollten wir nutzen. Mein Wunsch wäre es, nach dem Ende der Pandemie nicht wieder zu alten Mustern zurückzukehren, sondern einige Erkenntnisse in die „Nach-CoronaZeit“hinüberzuretten.