Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kameradschaft als Schlüssel zum Erfolg
Als der FV Bad Saulgau in der Fußball-Bezirksligasaison 2003/2004 als Meister die (Tor-)Grenzen verschob
RIEDLINGEN/BAD SAULGAU - Zu Saisonbeginn hat (fast) nichts auf das triumphale Ende hingedeutet. 2:3 zu Hause gegen den SV Hohentengen, 0:1 in Altshausen. In der Saison 2003/2004 der Fußball-Bezirksliga Donau erwischte der FV Bad Saulgau im Spätsommer 2003 wohl das, was man einen Fehlstart nennt. Zwei Niederlagen, die die Bad Saulgauer - gehandelt als Aufstiegsfavorit - mit null Punkten in den Tabellenkeller rutschen ließen. Nach zwei Spieltagen war der FV Bad Saulgau Drittletzter, lag nur dank des Torverhältnisses (2:4) vor dem FV Neufra/Do. (2:5) und dem TSV Ertingen (2:7). „Ich glaube, das war das, was man als klassischen Fehlstart bezeichnet“, erinnert sich Peter Störk, damals Torwart und mit seinen 32 Jahren erfahrener Kapitän der Mannschaft. „Bis zur Winterpause haben wir uns dann an die Spitze herangekämpft“, erinnert sich Störk. Insgesamt folgten den beiden Auftaktniederlagen in der Saison 2003/2004 24 Siege und vier Unentschieden.
„Wir haben schöne Erfolge gefeiert, aber auch bittere Niederlagen einstecken müssen“, erinnert sich Störk, der in Riedlingen auch fußballerisch groß geworden ist, dann, 1995 zum FV Biberach wechselte, ehe er 2000 nach Bad Saulgau kam, an seine Zeit beim FVS.
„Die Mannschaft damals hatte einfach einen tollen Zusammenhalt. Wir haben viel gemeinsam unternommen. Wir hatten große Qualität, gepaart mit einer sehr, sehr guten Kameradschaft - auf und neben dem Platz.“Dazu gehörte auch, wie die Mannschaft den damals verletzten Andreas Rehberger, der seine Laufbahn beenden musste, quasi verabschiedete. Es störte nicht, dass die Mannschaft über lange Jahre in wesentlichen Teilen zusammenspielte, kaum das Gefüge änderte. Als absoluten
„Leader“der damaligen Mannschaft bezeichnet Peter Störk Mittelfeldstratege Sascha Musch. „Er ist vorangegangen“, erinnert sich Störk, bezeichnet aber auch Verteidiger Florian Köhler sowie die Angreifer Jonas Jarrar und Martin Renn, die den Abwehrreihen wahre Kopfschmerzen bereiteten, als Anführer eines Teams, die hinter den Kulissen unterstützt wurde vom damaligen FVS-Führungsduo Alfred Schulz und „Macher“Walter Köhler. „Wenn Sascha, Flo, Martin oder Jonas was gesagt haben, haben die unerfahrenen Spieler zugehört.“Noch heute hat die Mannschaft Kontakt. „Natürlich sieht man sich bei dem einen oder anderen Geburtstag und einmal im Jahr treffen wir uns zum Dartspielen, in Gedenken an Michael Maisel“, sagt Störk. Strategischer Kopf außerhalb des Platzes war Trainer Hans Hermanutz. „Ich kenne Hans Hermanutz schon seit ich als A-Jugendlicher beim TSV Riedlingen in die erste Mannschaft kam. Er hat mir schon damals das Vertrauen gegeben, obwohl ich einem sehr guten Torwart nachgefolgt bin, Klaus Gimple.“
Gimple war knapp eineinhalb Jahrzehnte später, Störk als Dreißiger längst erfahren, Co-Trainer der Erfolgsmannschaft des FV Bad Saulgau. „Hans Hermanutz hat mich eigentlich mein ganzes Fußballerleben begleitet und ist eine absolute Persönlichkeit. Er war und ist ein Trainer, der immer das Maximale aus einem Spieler herausholen kann“, sagt Störk. „Natürlich hatten und haben wir auch mal die eine oder andere unterschiedliche Meinung, aber das Verhältnis war und ist gut. Sportlich ist Hans ohnehin unantastbar“, sagt Peter Störk.
Der heute 48 Jahre alte Störk war später selbst Trainer, unter anderem beim TSV Riedlingen und beim FV Bad Saulgau, im Duo mit Andreas Gronbach - und arbeitet heute als Torwarttrainer des aktuellen Tabellenführers der Bezirksliga Donau, des TSV Riedlingen, der bis zur coronabedingten Saisonunterbrechung im Begriff war, die Grenzen zu verschieben. Störk erneut an der Seite des Erfolgstrainers von damals, Hans Hermanutz.
Seit 2004 sammelten fünf Meister zwar mehr Punkte: der FV Bad Saulgau selbst 2008 (32 Spiele/87 Punkte), der TSV Allmendingen 2007 (30/ 77) und 2011 (32/77), der SV Uttenweiler (2016: 30/77), und der FC Mengen (30/80), der sogar über die gesamte Saison ungeschlagen blieb, doch mehr Tore und einen besseren Toreschnitt - im Vergleich zu den Jahren mit 32 Spielen - als der FV Bad Saulgau schaffte keiner. 106-mal trafen Jarrar, Renn und Co. ins Schwarze. Macht 3,533 Tore pro Spiel. Zwar schaffte der FV Bad Saulgau 2008 ebenfalls 106 Tore, benötigte dazu aber 32 Spiele und der FC Mengen kam 2017/2018 bis auf ein Tor an den FVS der Saison 2003/2004 heran.
Erst in dieser Saison schien es so, als könne der TSV Riedlingen, den Rekord brechen, oder zumindest egalisieren. 60 Tore in 17 Spielen, das macht einen Schnitt von bislang 3,529, das ergäbe nach 30 Spielen 105,88 Tore. Störk lobt auch bei seinem Stammverein vor allem die Kameradschaft, wie damals beim FVS. „Auch diese Spieler unternehmen sehr viel miteinander, sind eine Einheit.“Damit hat es sich aber schon, was den Vergleich betrifft. „Das ist heute eine andere Zeit. Der Fußball ist sehr viel schneller geworden, die Athletik hat zugenommen, auch in den unteren Ligen“, sagt Peter Störk. Auch das Torwartspiel unterscheide sich wesentlich. „Als ich mit dem Fußball angefangen habe, durfte der Torwart den Ball noch in die Hand nehmen“, sagt Störk und lacht. Heute müsse ein Torwart auch das Spiel mit dem Fuß, das Passen trainieren. „Das trainieren wir fast häufiger als alles andere.“Auch wenn es immer noch das geilste Gefühl sei, einen Ball aus dem Winkel zu kratzen.
Und so hofft Peter Störk, der vor zwei Jahren beim FV Bad Saulgau ein Kurzcomeback zwischen den Pfosten gab, auch in dieser Saison auf ein versöhnliches Ende, trotz Coronakrise. „Natürlich steht die Gesundheit über allem, aber ich habe ein Sportlerherz und hoffe, dass die Saison nicht annulliert wird, ohne Wertung. Das wäre nicht fair. Der TSV Riedlingen hat da über Jahre etwas aufgebaut und es wäre schön, wenn wir zur nächsten Saison, wann auch immer sie beginnt, aufsteigen könnten.“
Solange bleibt ihm die Erinnerung an die Aufstiege mit dem FV Bad Saulgau - zuvorderst der 2004, im 100-jährigen Jubiläumsjahr des FV Bad Saulgau. „Natürlich haben wir das gebührend gefeiert“, erinnert sich Peter Störk. Direkt nach Spielschluss packte damals Ehrenspielführer Hans Michelberger die Gießkanne wieder aus, füllte sie mit Sekt, um die einstige Tradition des Kannentrinkens zu reaktivieren. Danach ging es weiter: „Zunächst zu Hause bei Joachim „Jogy“Unger, dann in Bad Saulgau. So was bleibt dir immer im Gedächtnis“, sagt Peter Störk.
Aufstellung im entscheidenden Saisonspiel in Gammertingen am 23. Mai 2004 (7:1 für dem FV Bad Saulgau): Peter Störk - Florian Kohnert, Christian Frey, Florian Köhler, Michael Schneider, Juri Rot, Kristijan Djordjevic (79. Tobias Wetzel), Sascha Musch, Joachim Unger (69. Boban Nesic), Jonas Jarrar, Martin Renn (80. Andreas Brillisauer). - Tore: 0:1 Dejan Djordjevic (23.), 0:2 Martin Renn (32.), 1:2 Linus Scham (47.), 1:3 1:4 Martin Renn (56./68.), 1:5 Jonas Jarrar (75.), 1:6 Boban Nesic (86.), 1:7 Jonas Jarrar (90. +4).
„Wir haben schöne Erfolge gefeiert, aber auch bittere Niederlagen einstecken müssen“, sagt Peter Störk.