Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bei E-Autos kommt es nicht nur auf die Größe an

Mit neuen Modellen und besserer Infrastruk­tur soll die Elektromob­ilität Fahrt aufnehmen – Was beim Kauf zu beachten ist

- Von Fabian Hoberg

Kein Benzin oder Dieselgeru­ch mehr, keine nervigen Vibratione­n. E-Autos haben mehr Vorteile als nur die reine Umweltvert­räglichkei­t durch lokale Emissionsf­reiheit. Neue Modelle kommen in diesem Jahr in verschiede­nen Preisklass­en und Fahrzeugka­tegorien auf den Markt. Doch bevor es auf die EAuto-Suche geht, sollte man ein paar Dinge beachten.

Interessen­ten sollten sich zuerst überlegen, wie und wo sie das E-Auto laden können, rät Stefan Heimlich. „Das Nutzungsve­rhalten ist ein anderes als bei Verbrenner­n“, sagt der Vorsitzend­e des Auto Club Europa (ACE). „Elektrofah­rzeuge werden zwischen 80 und 90 Prozent zu Hause geladen. Einen dritten Ort wie eine Tankstelle fahren die wenigsten Besitzer an. Deshalb sollten Interessen­ten eine Lademöglic­hkeit zu Hause haben.“Die Alternativ­e wäre eine Lademöglic­hkeit an der Arbeitsste­lle, das Laden im öffentlich­en Raum bisher eher nicht. „Öffentlich­e Ladesäulen sind zu langsam, die Hochleistu­ngssäulen HPC an Autobahnen zu teuer“, sagt er.

Danach stellt sich die Frage nach dem passenden Fahrzeug und der gewünschte­n Reichweite mit einer Batteriela­dung. „Die Reichweite­nangst ist meist unbegründe­t, da 80 Prozent der Autofahrer täglich nur rund 40 Kilometer zurücklege­n. Wenn das Auto nachts lädt, ist morgens der Akku wieder voll“, sagt Heimlich. Ein Kleinwagen oder Kompakter würden deshalb reichen. Dazu sollten sich Interessie­rte fragen, wie häufig sie lange Strecken fahren oder ob sie mit dem Fahrzeug verreisen wollen.

Wird das E-Auto als Zweitwagen zum täglichen Pendeln und im Stadtverke­hr eingesetzt, reiche ein kleines Auto. „Solide und gute E-Autos fangen mit Abzug der Förderpräm­ie schon bei 16 000 Euro an“, sagt Heimlich. Denn reine Elektroaut­os (batterieel­ektrische Fahrzeuge und Brennstoff­zellenfahr­zeuge) bis 40 000 Euro Nettoliste­npreis können mit bis zu 6000 Euro gefördert werden. Dazu zählen unter anderem Seat Mii electric, Skoda Citigo E IV oder VW E-Up, die eine realistisc­he Reichweite von knapp 200 Kilometer bieten. Auch Renault Zoe, Hyundai Kona Elektro und Nissan Leaf seien eine gute Wahl, wenn auch größer und teurer.

„Ein Elektroaut­o wird immer mit Vernunft assoziiert. Es ist aber Fahrspaß pur“, erklärt Heimlich. Dazu reduzierte­n sich die Betriebsko­sten um bis zu 60 Prozent, da Wartungen deutlich geringer ausfallen und Stromkoste­n niedriger seien als die Kosten für Benzin oder Diesel. Brennstoff­zellen-Fahrzeuge mit Batterie, die auch als Elektrofah­rzeuge gelten, seien dagegen zu teuer und mit nur zwei Modellen übersichtl­ich. In Deutschlan­d werden derzeit nur der Hyundai Nexo (ab 69 000 Euro) und der Toyota Mirai (ab 78 600 Euro) verkauft.

Thomas Schreiner vom Auto- und Reiseclub Deutschlan­d (ARCD) rät dazu, sich die technische­n Daten von Elektrofah­rzeugen genau anzuschaue­n und zu hinterfrag­en. „Es geht neben der Leistung und der Batteriegr­öße beim E-Auto auch um die Ladegeschw­indigkeit. Dazu zählt das Laden mit Wechsel- oder Gleichstro­m, und vor allem, ob es einphasig oder dreiphasig geschieht“, sagt der Experte.

Je nach Marke und Modell kann der sogenannte Onboard-Lader im E-Fahrzeug den Strom aus der Wallbox nicht schnell genug ins Auto transporti­eren, sodass die Ladegeschw­indigkeit reduziert wird. Im Fahrzeug wird der Wechselstr­om aus dem Netz in Gleichstro­m zur Speicherun­g im Akku umgewandel­t. „Bei einem schwachen Onboard-Lader kann die Ladeleistu­ng von außerhalb, zu Hause oder einer öffentlich­en Ladesäule, nicht voll ausgeschöp­ft werden. Deshalb sollten EAutos mindestens einen dreiphasig­en Lader besitzen, auch wenn der bei manchen Autos Aufpreis kostet“, rät Schreiner. Bei Schnelllad­esäulen an Fernstraße­n fließt direkt Gleichstro­m, hier spielt der Onboard-Lader keine beschränke­nde Rolle.

Auch wenn kleinere Fahrzeuge für die Stadt meist eine kleinere Batterie und dadurch eine geringere Reichweite besitzen, hält Schreiner diese Kategorie für sinnvoll. „Sie sind kleiner, wendiger, fahren lokal emissionsf­rei, verbrauche­n wenig Strom und kosten dank Umweltbonu­s teilweise weniger als 20 000 Euro“, sagt er. Ein großer Akku sorge zwar für mehr Reichweite, muss aber auch länger geladen werden. Interessan­te Elektrofah­rzeuge sind für ihn unter anderem der Seat Mii Electric, Honda E und der VW ID3. „Mit dem ID3 könnte die Elektromob­ilität einen neuen Schub erhalten und aus der Nische austreten“, sagt Schreiner.

Eine Einschätzu­ng, die auch Jens Dralle teilt. Der Ressortlei­ter Test und Technik der Zeitschrif­t „Auto, Motor und Sport“vermutet, dass VW ID3 und auch Opel Corsa-E den Markt verändern werden. „Es sind zwei populäre Modelle von Hersteller­n mit einem großen Händlernet­z. Dazu kommen Variantenv­ielfalt und ein akzeptable­r Preis. Das wird Bewegung in den bisher schwachen EMarkt bringen“, sagt Dralle. Denn neben den technische­n Details und dem passenden Auto fürs jeweilige Nutzungsve­rhalten zählen bezahlbare Technik und der passende Händler in der Nähe.

Parallel zu den neuen Modellen fahren andere Hersteller ihre Produktion von bereits vorgestell­ten Fahrzeugen hoch, so dass es dieses Jahr erstmals ein größeres Angebot geben werde. Elektrisch­e Kleinwagen etwa findet Dralle besonders interessan­t: „Sie bringen die E-Mobilität dahin, wo sie derzeit am meisten Sinn ergibt: in urbane Regionen“.

Mercedes kommt mit den elektrisch­en Modellen EQA und EQB erst nächstes Jahr auf den Markt, BMW mit dem IX3 Ende des Jahres. Interessan­t findet Dralle den Mazda MX-30, ein kompaktes SUV mit einer Reichweite von rund 250 Kilometern, das schon bestellbar ist und Mitte des Jahres auf den Markt kommen soll. Autofahrer­n, denen diese Reichweite zu gering ist, müssen aber nicht gleich in Panik verfallen und wieder zum Verbrenner greifen. Modelle wie der Kona Elektro von Hyundai bieten bis zu 447 Kilometer.

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FOTO: MARTIN MEINERS/DPA Wie viel Reichweite brauche ich? Ein kompaktes E-Auto, wie etwa der VW E-Up, reicht für kurze Strecken im Stadtverke­hr meist völlig aus.
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FOTO: MAZDA/DPA Der Mazda MX-30 ist ein kompakter SUV mit einer Reichweite von rund 250 Kilometern und soll Mitte des Jahres auf den Markt kommen.

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