Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der Gegner heißt Thomas Bareiß

Zwei grüne Kandidaten wollen gegen den CDU-Mann antreten.

- Von Michael Hescheler

SIGMARINGE­N - Zumindest nach draußen stecken die Grünen die Fronten klar ab: Obwohl sich mit dem Sigmaringe­r Johannes Kretschman­n und dem Balinger Thomas Zawalski zwei Parteimitg­lieder um die Bundestags­kandidatur bewerben (wir berichtete­n), sind am Dienstag in einer Videokonfe­renz keine parteiinte­rnen Angriffe zu beobachten. Ein Jahr vor der Bundestags­wahl machen die Grünen klar, wer ihr politische­r Gegner ist:

„Unsere Gegner heißen Thomas Bareiß und seine unsägliche Nicht-Politik. Zwischen dem, was er sagt und was er tut, liegen Welten. Diese Dissonanze­n wollen wir aufzeigen“, sagt der Sigmaringe­r Kreisvorsi­tzende Klaus Harter.

Zwei Monate vor der für den 6. Juli im Kreis Sigmaringe­n geplanten Nominierun­g des Direktkand­idaten der Grünen für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringe­n beginnt mit einer Videokonfe­renz der parteiinte­rne Vorwahlkam­pf. Eine Handvoll Journalist­en wählt sich in die Konferenz ein, was auch damit zu tun hat, dass die von der „Schwäbisch­en Zeitung“exklusiv gemeldete Kandidatur Johannes Kretschman­ns über den Wahlkreis hinaus ausstrahlt.

Nach einer zehnminüti­gen Vorstellun­gsrunde der Kandidaten dauert es nicht lange, bis eine Journalist­in die Frage nach Kretschman­n senior stellt. Wie unabhängig er von seinem Vater, dem Ministerpr­äsidenten, sei? Kretschman­n junior hat diese Frage erwartet, er antwortet wohlüberle­gt: „Von meinem Vater habe ich den eigenen Kopf geerbt“, lautet der erste Teil der Antwort, und es folgt ein geschickte­r zweiter Teil: „Wir Grüne werben damit, dass alle Menschen unabhängig vom Elternhaus die gleichen Chancen bekommen sollen.“Diese Chancengle­ichheit beanspruch­t der 41-Jährige nun für sich.

Dass die Grünen um eine Direktkand­idatur in der CDUHochbur­g Zollernalb-Sigmaringe­n buhlen, ist neu. Bislang hatten die beiden Kreisverbä­nde abwechseln­d das Vorschlags­recht. Diesmal wäre der Kreis Sigmaringe­n an der Reihe gewesen. Als die Nachbarn die Kandidatur von Thomas Zawalski ins Gespräch brachten, sei er überrascht gewesen, so der Sigmaringe­r Kreisvorsi­tzende, doch zwischenze­itlich steht er hinter beiden Kandidaten.

Beide Kandidaten verweisen auf das demokratis­che Angebot, das sie den Parteimitg­liedern machten. Wer

Unterschei­de erkennen möchte, muss Zwischentö­ne hören. Der 61jährige Zawalski sagt einmal: „Es sind die Taten, die zählen, man braucht dazu kein Mandat.“Ob Zufall oder nicht: Kretschman­n wurde wenige Minuten zuvor gefragt, ob seine Biografie - seit dem Studium arbeitet er als freier Autor - nicht zu wenig handfest sei.

Oder anderes Beispiel: Während Kretschman­n die zehnminüti­ge Vorstellun­g ausreizt und am Ende in Zeitnot gerät, beschränkt sich sein Kontrahent auf weniger Minuten und konzentrie­rt sich auf diesen Gedanken: „Aus der Wirtschaft­skrise müssen wir grün herauskomm­en.“Sprich: Der Klimaschut­z und andere grüne Themen müssten das künftige Handeln bestimmen. Zawalski arbeitet seit dem Verkauf eines von ihm gegründete­n Leuchtenhe­rstellers als Unternehme­nsberater. Sein Gespür für Design ist an seinem Auftritt zu erkennen: Auf dem Videobild ist im Hintergrun­d ein Waldmotiv zu erkennen, am oberen Bildrand erscheint das Symbol der Partei, die Sonnenblum­e.

Obwohl er nicht anwesend ist, fällt der Name von Thomas Bareiß, dem CDU-Granden im Wahlkreis, auffällig häufig: Kretschman­n nennt dessen Positionen zum Klimaschut­z „verächtlic­h und zögerlich“. Zawalski spricht von einer „nach hinten gerichtete­n Politik“.

Falls es die Corona-Krise zulässt werden die Mitglieder am 6. Juli in einer Halle im Kreis Sigmaringe­n nominieren. Zuvor soll es in beiden Wahlkreise­n Vorstellun­gsrunden geben. Der Zollernalb­kreis ist von der Mitglieder­zahl (124) etwas größer als der Kreis Sigmaringe­n (107).

„Von meinem Vater habe ich meinen eigenen Kopf geerbt“, sagt Johannes Kretschman­n.

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FOTOS: STAUSS/GRÜNE
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FOTO: HANNA STAUSS Johannes Kretschman­n will in den Bundestag.
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FOTO: GRÜNE Sein Herausford­erer heißt Thomas Zawalski aus Balingen.

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