Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Stadtkapelle sieht keine Perspektive
Gammertinger Musiker sagen Sommerfest ab – Vereinsleben ist weitgehend lahmgelegt
GAMMERTINGEN - Keine Feste, kein Training, keine Hauptversammlungen: Die Ausbreitung des Coronavirus legt das Vereinsleben in der Region für Wochen, wenn nicht sogar Monate lahm. Auch die Stadtkapelle Gammertingen hat ihre Aktivitäten weitgehend einstellen müssen. Zuletzt entschieden sich die Verantwortlichen für eine Absage des Sommerfestes. Doch der Vorsitzende Udo Rapp befürchtet, dass die Pandemie noch weitreichendere Folgen haben wird – die sich auch deutlich in der Vereinskasse niederschlagen werden.
Mit ihrem Dreikönigskonzert am 5. Januar war die Stadtkapelle ausgesprochen zuversichtlich ins neue Jahr gestartet. Die Zuschauerreihen in der Aula des Gammertinger Gymnasiums waren voll. Außerdem stand das Konzert für einen Aufschwung in der Jugendarbeit: Nach einer Durststrecke saß auf der Bühne wieder eine klangvolle Jugendkapelle. Auch die Fasnet ging für die Musiker noch weitgehend unbeschwert über die Bühne. Doch wegen der Coronavirus-Pandemie folgte dann Rückschlag auf Rückschlag: Die für den 13.
März geplante Hauptversammlung sagten die Musiker kurzfristig ab, seitdem steht das Vereinsleben so gut wie still. „Mit der Gesamtkapelle haben wir seit der Fasnet gerade einmal eine Probe absolviert“, sagt Udo Rapp, bei der Stadtkapelle zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit.
Die strengen Vorgaben der Corona-Verordnung lassen zurzeit aber nicht einmal Proben mit kleineren Gruppen zu. „Wann wir die Proben wieder aufnehmen können, ist zurzeit überhaupt nicht absehbar“, sagt Rapp. Zudem stecke der Teufel im Detail. Einen Abstand von zwei Metern zwischen den einzelnen Musikern einzuhalten, das sei bei zehn Teilnehmern vielleicht noch machbar. „Aber nicht mit der gesamten Mannschaft.“Die Probelokale seien zum Beispiel auch nicht mit berührungslosen Wascharmaturen ausgestattet.
Mittlerweile hat die Kapelle auch ihr Sommerfest abgesagt, das vom 24. bis zum 27. Juli hätte stattfinden sollen. Einerseits sei diese Entscheidung dem Vorstand natürlich schwer gefallen, sagt Udo Rapp. Aber andererseits sei auch jedem klar gewesen, dass es zu diesem Entschluss keine Alternative gibt. An oberster Stelle stehe schließlich der Schutz der Festbesucher. „Und von diesen sind erfahrungsgemäß etwa zwei Drittel zwischen 50 und 70 Jahre alt – abgesehen von der Party für Jugendliche am Freitagabend.“Dass alle Festbesucher einen Mund-Nasen-Schutz tragen und/oder einen Sicherheitsabstand von zwei Metern einhalten, sei außerdem schwer vorstellbar. „Und selbst wenn: Unter solchen Bedingungen kommt ja auch keine Stimmung auf.“
Kurzum: Ein Sommerfest wird es in diesem Jahr nicht geben. Damit bricht der Stadtkapelle aber auch die wichtigste Einnahmequelle weg – noch vor dem Dreikönigskonzert und dem City-Fest, das in Gammertingen alle zwei Jahre stattfindet. „Mit den Einnahmen aus den Veranstaltungen finanzieren wir ein komplettes Vereinsjahr“, sagt Udo Rapp. „Allein durch die Absage des Sommerfestes gehen uns Einnahmen in Höhe von 5000 bis 10 000 Euro verloren.“Das Geld investiere die Kapelle normalerweise etwa in die Anschaffung oder Reparatur von Instrumenten. Darüber hinaus müssten beispielsweise Noten gekauft und die Dirigenten bezahlt werden. Zu den laufenden Kosten zählen außerdem Versicherungsbeiträge und Abgaben an den Blasmusikverband.
Was den Vorsitzenden pessimistisch in die Zukunft blicken lässt, ist aber nicht die Absage des Sommerfestes allein, sondern die generelle Perspektive. Denn ein Ende der Coronavirus-Pandemie sei auf Monate nicht in Sicht. „Vielleicht können wir im September ein kleines Platzkonzert mit Bewirtung geben, aber selbst dafür stehen die Chancen zurzeit schlecht“, sagt Udo Rapp. „Wir wären ja schon froh über die Gewissheit, 2021 wieder ein Dreikönigskonzert geben zu können.“Ein Jahr lang komme die Kapelle auch ohne Einnahmen aus den Veranstaltungen gut über die Runden. „Ich glaube aber, dass die Folgen der Corona-Krise einige andere Musikvereine finanziell ruinieren werden.“
Eine gute Nachricht gibt es immerhin: Sollte die Stadtkapelle im kommenden Jahr ein Sommerfest feiern können, kann sie auf die Pläne aus diesem Jahr zurückgreifen. „Wir haben mit allen Beteiligten verhandelt. Alle wären auch 2021 mit dabei“, sagt Udo Rapp. „Und zurzeit sieht es danach aus, dass auch alle auf die Zahlung von Stornogebühren verzichten.“