Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Pakete wie an Weihnachten und gehamsterte Wandfarbe
Bei „Mengen diskutiert“geht es um Auswirkungen der Corona-Krise auf den beruflichen Alltag und das Vereinsleben
MENGEN - Die Corona-Verordnung hat den Alltag der Menschen im Griff. Wie stark Berufs- und Vereinsleben betroffen sind, erfährt Bürgermeister Stefan Bubeck in der aktuellen Folge von „Mengen diskutiert“von Postbote Gerd Langmesser, Malermeister Dieter Gruber und Klaus Voggel, dem Vorsitzenden der Stadtkapelle Mengen.
Der Postbote:
Öfter mal Dankesworte und manchmal eine Schokolade am Briefkasten - Gerd Langmesser hat das Gefühl, dass viele Menschen die Arbeit der Zusteller der Deutschen Post während der Corona-Pandemie besonders zu schätzen wissen. Für viele Alleinstehende ist er momentan der einzige Kontakt zur Außenwelt. „Wenn ich dann sehe, wie viel Freude ich einer alten Dame bereiten kann, wenn ich ihr einen handgeschriebenen Brief ihrer Enkelin überreiche, dann tut das auch mir gut“, sagt er. Im Gespräch mit Bürgermeister Bubeck verhehlt er aber auch nicht, dass das im Zustellstützpunkt in Hohentengen stationierte Team der Post gerade an den Grenzen der Belastbarkeit arbeitet. „Durch die vielen Online-Bestellungen haben wir seit einigen Wochen ein Paketaufkommen wie zu Weihnachten“, sagt er. Noch sei dies ohne Sonntagsarbeit zu schaffen, vorsorglich sei durch die Post-Spitze aber bereits der Antrag dafür gestellt worden. Solange keine Krankheitsfälle dazwischen kommen, können so genannte „Entlaster“oder „Verstärker“in den Bezirken aushelfen, in denen besonders viel Post auszutragen ist. Trotzdem würden die Arbeitszeiten regelmäßig überschritten. Um die Ansteckungsgefahr zu minimieren, werde im Stützpunkt im Zwei-Schicht-Betrieb gearbeitet. In den Fahrzeugen haben die Mitarbeiter neben Desinfektionsmittel auch Kanister mit Wasser und Seife zum Händewaschen dabei. Für sich hat Langmesser die Kunden in drei Kategorien unterteilt: Die Euphorischen, die auf Abstandsregeln hingewiesen werden müssten; die „Normalen“ und die Ängstlichen, die die Tür oft nur einen Spalt öffnen oder das Paket erst nehmen, wenn er weg sei.
Der Malermeister:
Im Alltag von Dieter Gruber und seinem Team hat sich nicht viel verändert. „Klar, wir fahren zu größeren Baustellen getrennt und arbeiten dort mit ausreichend Abstand“, sagt er. Im Großen und Ganzen könne man sich und den Kunden aber ganz gut aus dem Weg gehen. Einbußen hat der Malermeister bislang wenige zu verzeichnen. „Es gab nur zwei Privatkunden, die uns aktuell nicht so gern in ihrem Haus haben wollten, das verstehen wir natürlich“, sagt er. Weil es ansonsten aber mehr als genug Aufträge gäbe, müsste er aktuell nicht über Kurzarbeit, Soforthilfen oder Kredite nachdenken. Nur vorausschauender zu planen, habe ihn die Krise gelehrt. Denn: „Wie andere Toilettenpapier, haben in unserer Branche einige Unternehmen Farben und Material gehamstert.“Lieferzeiten hätten sich verlängert, teilweise seien bestimmte Tapeten nicht zu bekommen. Auch bei den Masken, die bei Schleif- oder Lackierarbeiten schon immer zur Ausstattung des Malerbetriebs gehört hätten, sei es zu Engpässen gekommen. „Davon hatte ich zu Jahresbeginn noch richtig viele, sodass ich meinem Zahnarzt, dem Hausarzt und Freunden damit ausgeholfen habe“, so Gruber. „Später brauchten wir dann selbst Nachschub.“Er hofft, dass sein Unternehmen gut durch die Krise kommt. „Aber es kann natürlich sein, dass uns auch eine Delle erwischen wird“, sagt er.
Der Vereinsvorsitzende:
„Für alle Vereine ist das Versammlungsverbot ein großer Einschnitt“, sagt Klaus Voggel, der Vorsitzende der Mengener Stadtkapelle. „Für uns ging es von 100 auf Null, das macht uns sehr zu schaffen.“Keine Proben, kein gemeinsames Musizieren, keine Konzerte oder Auftritte bei Festen. „Kameradschaft und Gemeinschaft darf in seiner ursprünglichen Form nicht stattfinden, dabei ist das genau das, was die Vereine ausmacht.“Videochats, Wettbewerbe in sozialen Medien oder die Teilnahme am Flashmob „Mengen singt“am vergangenen Samstag seien da nur ein kleiner Ersatz. Der Dirigent Ralf Uhl hätte viel mit den Musikern vorgehabt, für die Teilnahme an den Wertungsspielen des Kreismusikfests seien die Vorbereitungen gelaufen jetzt liege alles auf Eis. „Online-Proben sind vielleicht für zwei oder drei Musiker gleichzeitig denkbar, aber nicht für mehr“, so Voggel. „Der Dirigent muss direkt eingreifen können, das funktioniert bei zeitlichen Verzögerungen nicht.“Die Stadtkapelle hoffe deshalb auf eine schrittweise Lockerung der Versammlungsverbote. „Vielleicht können dann Registerproben stattfinden oder kleine Ensembles zusammenspielen. Dank einer ergiebigen Fasnet und treuer Sponsoren werde die Stadtkapelle das Jahr auch ohne weiter Einnahmen überstehen. „Aber die Hoffnung für den Rockhock haben wir noch nicht aufgegeben.“Sollte es wieder Veranstaltungen geben, bittet Voggel um rege Teilnahme. „Die Vereine sind auf die Unterstützung angewiesen“, sagt er.