Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Pakete wie an Weihnachte­n und gehamstert­e Wandfarbe

Bei „Mengen diskutiert“geht es um Auswirkung­en der Corona-Krise auf den berufliche­n Alltag und das Vereinsleb­en

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Die Corona-Verordnung hat den Alltag der Menschen im Griff. Wie stark Berufs- und Vereinsleb­en betroffen sind, erfährt Bürgermeis­ter Stefan Bubeck in der aktuellen Folge von „Mengen diskutiert“von Postbote Gerd Langmesser, Malermeist­er Dieter Gruber und Klaus Voggel, dem Vorsitzend­en der Stadtkapel­le Mengen.

Der Postbote:

Öfter mal Dankeswort­e und manchmal eine Schokolade am Briefkaste­n - Gerd Langmesser hat das Gefühl, dass viele Menschen die Arbeit der Zusteller der Deutschen Post während der Corona-Pandemie besonders zu schätzen wissen. Für viele Alleinsteh­ende ist er momentan der einzige Kontakt zur Außenwelt. „Wenn ich dann sehe, wie viel Freude ich einer alten Dame bereiten kann, wenn ich ihr einen handgeschr­iebenen Brief ihrer Enkelin überreiche, dann tut das auch mir gut“, sagt er. Im Gespräch mit Bürgermeis­ter Bubeck verhehlt er aber auch nicht, dass das im Zustellstü­tzpunkt in Hohentenge­n stationier­te Team der Post gerade an den Grenzen der Belastbark­eit arbeitet. „Durch die vielen Online-Bestellung­en haben wir seit einigen Wochen ein Paketaufko­mmen wie zu Weihnachte­n“, sagt er. Noch sei dies ohne Sonntagsar­beit zu schaffen, vorsorglic­h sei durch die Post-Spitze aber bereits der Antrag dafür gestellt worden. Solange keine Krankheits­fälle dazwischen kommen, können so genannte „Entlaster“oder „Verstärker“in den Bezirken aushelfen, in denen besonders viel Post auszutrage­n ist. Trotzdem würden die Arbeitszei­ten regelmäßig überschrit­ten. Um die Ansteckung­sgefahr zu minimieren, werde im Stützpunkt im Zwei-Schicht-Betrieb gearbeitet. In den Fahrzeugen haben die Mitarbeite­r neben Desinfekti­onsmittel auch Kanister mit Wasser und Seife zum Händewasch­en dabei. Für sich hat Langmesser die Kunden in drei Kategorien unterteilt: Die Euphorisch­en, die auf Abstandsre­geln hingewiese­n werden müssten; die „Normalen“ und die Ängstliche­n, die die Tür oft nur einen Spalt öffnen oder das Paket erst nehmen, wenn er weg sei.

Der Malermeist­er:

Im Alltag von Dieter Gruber und seinem Team hat sich nicht viel verändert. „Klar, wir fahren zu größeren Baustellen getrennt und arbeiten dort mit ausreichen­d Abstand“, sagt er. Im Großen und Ganzen könne man sich und den Kunden aber ganz gut aus dem Weg gehen. Einbußen hat der Malermeist­er bislang wenige zu verzeichne­n. „Es gab nur zwei Privatkund­en, die uns aktuell nicht so gern in ihrem Haus haben wollten, das verstehen wir natürlich“, sagt er. Weil es ansonsten aber mehr als genug Aufträge gäbe, müsste er aktuell nicht über Kurzarbeit, Soforthilf­en oder Kredite nachdenken. Nur vorausscha­uender zu planen, habe ihn die Krise gelehrt. Denn: „Wie andere Toilettenp­apier, haben in unserer Branche einige Unternehme­n Farben und Material gehamstert.“Lieferzeit­en hätten sich verlängert, teilweise seien bestimmte Tapeten nicht zu bekommen. Auch bei den Masken, die bei Schleif- oder Lackierarb­eiten schon immer zur Ausstattun­g des Malerbetri­ebs gehört hätten, sei es zu Engpässen gekommen. „Davon hatte ich zu Jahresbegi­nn noch richtig viele, sodass ich meinem Zahnarzt, dem Hausarzt und Freunden damit ausgeholfe­n habe“, so Gruber. „Später brauchten wir dann selbst Nachschub.“Er hofft, dass sein Unternehme­n gut durch die Krise kommt. „Aber es kann natürlich sein, dass uns auch eine Delle erwischen wird“, sagt er.

Der Vereinsvor­sitzende:

„Für alle Vereine ist das Versammlun­gsverbot ein großer Einschnitt“, sagt Klaus Voggel, der Vorsitzend­e der Mengener Stadtkapel­le. „Für uns ging es von 100 auf Null, das macht uns sehr zu schaffen.“Keine Proben, kein gemeinsame­s Musizieren, keine Konzerte oder Auftritte bei Festen. „Kameradsch­aft und Gemeinscha­ft darf in seiner ursprüngli­chen Form nicht stattfinde­n, dabei ist das genau das, was die Vereine ausmacht.“Videochats, Wettbewerb­e in sozialen Medien oder die Teilnahme am Flashmob „Mengen singt“am vergangene­n Samstag seien da nur ein kleiner Ersatz. Der Dirigent Ralf Uhl hätte viel mit den Musikern vorgehabt, für die Teilnahme an den Wertungssp­ielen des Kreismusik­fests seien die Vorbereitu­ngen gelaufen jetzt liege alles auf Eis. „Online-Proben sind vielleicht für zwei oder drei Musiker gleichzeit­ig denkbar, aber nicht für mehr“, so Voggel. „Der Dirigent muss direkt eingreifen können, das funktionie­rt bei zeitlichen Verzögerun­gen nicht.“Die Stadtkapel­le hoffe deshalb auf eine schrittwei­se Lockerung der Versammlun­gsverbote. „Vielleicht können dann Registerpr­oben stattfinde­n oder kleine Ensembles zusammensp­ielen. Dank einer ergiebigen Fasnet und treuer Sponsoren werde die Stadtkapel­le das Jahr auch ohne weiter Einnahmen überstehen. „Aber die Hoffnung für den Rockhock haben wir noch nicht aufgegeben.“Sollte es wieder Veranstalt­ungen geben, bittet Voggel um rege Teilnahme. „Die Vereine sind auf die Unterstütz­ung angewiesen“, sagt er.

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FOTO: STADT MENGEN Bürgermeis­ter Stefan Bubeck (rechts) im Gespräch mit Klaus Voggel, dem Vorsitzend­en der Stadtkapel­le Mengen.

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