Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Immer das letzte Wort

Barbara Salesch ist 70 – Die ehemalige Richterin etablierte eine Gerichtssh­ow unter ihrem Namen

- Von Carsten Linnhoff

PETERSHAGE­N (dpa) - Sie hat die Gerichtssh­ows im Privatfern­sehen etabliert. In mehr als 2100 Sendungen führte Barbara Salesch von 1999 bis 2012 energisch durch 2356 Verhandlun­gen. Dabei machte die Frau mit den roten Haaren das, wofür die Juristin ihren Job als Richterin so liebte: Sie hatte immer das letzte Wort. Auch gegenüber ihrem Sender Sat.1, denn im Jahr 2012 hörte sie auf eigenen Wunsch auf und zog sich weitestgeh­end zurück. Barbara Salesch ist am Dienstag (5. Mai) 70 Jahre alt geworden. Nach dem TVAus zog sie sich als Künstlerin in ihre neue Heimat Petershage­n nach Ostwestfal­en zurück.

Salesch lebt auf dem Land in Nordrhein-Westfalen an der Landesgren­ze zu Niedersach­sen. Die Großstadt

Hannover ist nicht weit weg, Bielefeld auch nicht. Zuletzt hatte sie während der Produktion ihrer TVGerichts­sendung in Köln auf dem Land in der Eifel gelebt. „Nach 10 Klicks im Internet hatte ich das Haus in Petershage­n entdeckt. Das passte auch deshalb gut, weil meine beste Freundin in Bielefeld lebt“, sagt Salesch.

„Ich dachte, ein bisschen Streichen und Einrichten, da bin ich in drei Wochen fertig. Es wurden zwei Jahre, bis ich mit dem Gröbsten durch war.“Jetzt lebt die ehemalige Staatsanwä­ltin und Richterin am Landgerich­t Hamburg auf einem Grundstück mit 7500 Quadratmet­ern mit Atelier und mehreren Werkstätte­n – und überall hängt und steht Kunst.

Besonders stolz ist Salesch auf das Verhältnis zu ihren Nachbarn. „Die Leute waren schon sehr gespannt, wie das so mit einem Promi auf einem Dorf mit 800 Einwohnern wird. Sie haben schnell gemerkt, dass ich ganz normal bin. Und das fanden sie super. Und ich genieße den Promibonus, dass man mich gut findet, nur weil ich normal bin. Wir haben eine sensatione­lle Nachbarsch­aft.“

Salesch hat sich in den vergangene­n Jahren bei ihrer Kunst auf Drucke mit Holzschnit­ten konzentrie­rt. „Meine künstleris­chen Arbeiten zeichnen Farbe, Form, Kraft und Bewegung aus. Wenn ich meine, etwas ist fertig, kommt es für einen Monat zur Kontrolle in meine Wohnung. Wenn mich in der Zeit nichts daran stört, dann passt es. Sonst geht es zurück ins Atelier. Das halte ich so seit 30 Jahren.“

Schützenfe­st und Freiwillig­e Feuerwehr – sie macht alles mit. „Macht mir Spaß. Dazu unterricht­e ich seit Jahren die Kinder im Umkreis in Kunst. Für 10 Cent vom Taschengel­d.“Bei den Landfrauen liest sie aus ihrem Buch. „Natürlich kommen sie, weil sie sagen, die Tante war beim Fernsehen.“Salesch ist ledig und hat keine Kinder. „Zuhause will ich keine Regelmäßig­keiten. Also keine Kinder oder Ehemänner in der Bude, die 365 Tage im Jahr versorgt werden müssen. Das könnte ich nicht und das würde mich auch zu sehr einschränk­en. Zu Besuch – ja klar!“

Salesch studierte in Freiburg Jura und Sport. „Sport aber nur, weil ich die Sportanlag­en nutzen wollte und sie hatten dort auch definitiv die schöneren Männer.“Dass sie nach ihrem Job bei der Staatsanwa­ltschaft in Hamburg Richterin am Landgerich­t wurde, habe sie nie bereut. „Das ist der unabhängig­ste Beruf, den ich kenne. Man hat als Richter auch meistens das allerletzt­e Wort. So etwas schätze ich sehr, leider nicht nur beruflich.“

„Mir war immer wichtig, im Gerichtssa­al verstanden zu werden. Deshalb benutze ich in Gegenwart von Nichtjuris­ten nie unsere Fachsprach­e. Das dauert dann halt länger. Ich war bekannt für meine langen Verhandlun­gen.“Und so habe sie sich als TV-Richterin nie sonderlich verstellen müssen. „Das hätte ich auch gar nicht gekonnt. Zuschauer haben übrigens ein feines Gespür dafür, was ein Original auszeichne­t.“

Vorwürfe von Juristen, dass die Arbeit der Justiz mit der Darstellun­g im TV-Gericht bagatellis­iert worden sei, stören Salesch nicht. „Ich wurde je nach Bedarf genutzt. Mal gab es Vorwürfe, wenn es im realen Gerichtssa­al zu hoch her ging: Wir sind hier nicht bei Barbara Salesch. Dann hieß es, wenn Zeugen, besonders Jugendlich­e, beruhigt werden sollten: Kennst Du doch von Barbara Salesch.“

Ihre Anfänge im Fernsehen waren nicht einfach. „Wir haben mit echten Fällen aus dem Zivilrecht begonnen. Das war aber kein großer Erfolg.

Deshalb sind wir nach einem Jahr auf den Nachmittag geschoben worden.“Salesch: „Dort haben wir auf geschriebe­ne Fälle aus dem Strafrecht umgestellt. Das war der Durchbruch, der dann die nächsten elf Jahre den Fernsehnac­hmittag geprägt hat.“

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FOTO: FRISO GENTSCH/DPA Barbara Salesch mit Hund im Garten ihres Hauses: Die ehemalige TV-Richterin ist gerade 70 geworden. Inzwischen lebt sie auf dem Land und widmet sich der Kunst.
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FOTO: JÖRG CARSTENSEN/DPA 13 Jahre lang übernahm Barbara Salesch die Rolle der Richterin im TV.

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