Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Historische Rezession droht
EU-Wirtschaft könnte 2020 um 7,7 Prozent schrumpfen
BRÜSSEL (dpa) - Die Wirtschaft der Eurozone könnte laut der EU-Frühjahrsprognose wegen der CoronaKrise dieses Jahr um 7,7 Prozent schrumpfen und sich auch im nächsten Jahr nicht vollständig erholen. Die EU-Kommission sprach am Mittwoch in Brüssel von einer Rezession historischen Ausmaßes. „Europa erlebt einen ökonomischen Schock, wie es ihn seit der großen Depression
nicht mehr gegeben hat“, sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. Im Einzelnen erwartet die Kommission in den 19 Ländern der Eurozone für 2021 neues Wachstum um 6,3 Prozent. Für die 27 Mitgliedsstaaten der EU insgesamt sagt die Prognose beim Bruttoinlandsprodukt für 2020 ein Minus von 7,4 Prozent voraus und für 2021 ein Wachstum von etwa 6 Prozent.
BRÜSSEL (dpa) - Die Corona-Pandemie stürzt die Europäische Union in die schwerste Rezession ihrer Geschichte. „Europa erlebt einen ökonomischen Schock, wie es ihn seit der großen Depression nicht mehr gegeben hat“, sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni am Mittwoch zur Frühjahrs-Konjunkturprognose. In der Eurozone könnte die Wirtschaftsleistung dieses Jahr um 7,7 Prozent schrumpfen, in der EU als Ganzes um 7,4 Prozent. Für 2021 wird zwar eine deutliche Erholung (ein Wachstum von 6,3 Prozent in der Eurozone und von 6,1 Prozent in der EU) vorausgesagt, doch werde sie den großen Einbruch noch nicht wettmachen.
Deutschland werde mit einem Minus von 6,5 Prozent etwas besser abschneiden und sich mit 5,9 Prozent Wachstum im nächsten Jahr auch schneller erholen als andere Staaten, sagte Gentiloni. Der Italiener befürchtet, dass die unterschiedlichen Folgen in den EU-Staaten zu einer Schieflage führen könnte, die den Binnenmarkt und die Eurozone in Gefahr bringe. Nötig sei eine gemeinsame Antwort, sagte Gentiloni. Damit wächst auch der politische Druck auf Deutschland, mehr Geld für die Erholung der Partner zuzusagen und Schulden auf europäischer Ebene zu akzeptieren.
Der Schock der Pandemie treffe zwar alle EU-Staaten, aber das Minus bei der Wirtschaftsleistung sei unterschiedlich – von 4,3 Prozent in Polen bis zu 9,7 Prozent in Griechenland. Für Italien wird ein Rückgang um 9,5 Prozent angenommen, für Spanien ebenfalls, für Frankreich 8 Prozent. Wichtige Faktoren seien das Tempo bei der Aufhebung der Corona-Auflagen, die Abhängigkeit der Volkswirtschaften vom Tourismus und die finanziellen Spielräume im Haushalt. Gentiloni betonte, dass die EU-Kommission alles versuchen werde, die Tourismusbranche in diesem Sommer zu retten.
Die Arbeitslosenrate in der Eurozone wird der Prognose zufolge von 7,5 Prozent 2019 auf 9,6 Prozent in diesem Jahr steigen, in der gesamten EU die von 6,7 auf 9 Prozent. 2021 soll die Rate bei 7,9 Prozent liegen. Der Deutsche
Gewerkschaftsbund forderte ein europäisches Investitionsprogramm. „Jetzt gilt es, den Arbeitsmarkt zu stabilisieren, damit die Beschäftigten nicht zu den Verlierern dieser Krise werden“, mahnte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell und verlangte eine „solidarische Finanzierung über Eurobonds“.
Tatsächlich ist ein Konjunkturprogramm schon in Arbeit, doch die EUStaaten sind tief gespalten über die Frage einer gemeinsamen Schuldenaufnahme. Deutschland lehnt Eurobonds ab. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen soll ein konsensfähiges Modell erarbeiten und plant als Kompromiss eine Schuldenaufnahme über Garantien im EUHaushalt. Doch herrscht Streit über Details, sodass die Präsentation des Plans auf sich warten lässt. Gentiloni sagte, er werde „in den nächsten Wochen“vorliegen – er nutzte ausdrücklich den Plural.