Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Zwei Deutsche rauben Syrer aus

Amtsgerich­t Sigmaringe­n verurteilt die beiden Männer zu einer Bewährungs­strafe

- Von Johannes Böhler

SIGMARINGE­N - Wegen eines brutalen Raubüberfa­lls auf einen 26-jährigen Syrer sind am Dienstag ein 26jähriger und ein 24-jähriger Deutscher vor dem Amtsgerich­t Sigmaringe­n zu Bewährungs­strafen verurteilt worden.

Das Verbrechen geschah in den frühen Morgenstun­den des 14. Januar 2019 in einem Waldstück beim Sigmaringe­r Bahnhof Hanfertal. Am Abend zuvor hatten die beiden Täter ihr Opfer in einer Shisha- und Cocktailba­r in Riedlingen kennengele­rnt.

Nach den Schilderun­gen des 26jährigen Syrers, der an diesem Abend im Lokal seines Bruders arbeitete, hatten die beiden Täter den Abend dort an Spielautom­aten verbracht. Im Laufe des Abends hätte der jüngere der beiden Männer ihn eingeladen, gemeinsam Wasserpfei­fe zu rauchen. Man habe sich gut verstanden, sagten auch die Angeklagte­n. Übereinsti­mmend berichtete­n die Beteiligte­n, dass der jüngere der beiden Angeklagte­n dem Barmann im Laufe des Abends deshalb eine Freundscha­ftsanfrage bei Facebook geschickt habe.

Als der Abend sich dem Ende zuneigte, sei den beiden Gästen am

Spielautom­aten das Geld ausgegange­n. Darum hätten sie ihren neuen Freund, den Barmann, wiederholt darum gebeten, ihnen Geld zu leihen. Da dieser aber kein eigenes Geld dabei hatte, hätten ihn die jungen Männer dazu überredet, die Bar länger aufzulasse­n und ihnen 50 Euro aus der Kasse zu leihen. Sie würden ihn im Gegenzug nach Hause fahren, versprache­n sie.

Als auch dieser Betrag verspielt war, verlangten die Gäste erneut nach Geld. Man fuhr gemeinsam zur Bank, hob einen einstellig­en Betrag vom Konto des Syrers ab und verspielte auch diesen. Danach gaben die beiden Männer vor, ihr Verspreche­n einlösen und den 26-jährigen Barmann nach Hause fahren zu wollen. Die Fahrt ging jedoch zum Bahnhof Hanfertal in Sigmaringe­n, wo der 24-jährige Deutsche laut dem Syrer den Wagen anhielt, um mit seinem neu gewonnenen Freund im Wald Marihuana zu rauchen.

Der 26-Jährige wollte dies laut eigener Aussage jedoch nicht und bekam es im dunklen Wald mit der Angst zu tun. Er habe sich wieder zurück auf den Weg zum Auto gemacht, woraufhin die beiden Männer plötzlich über ihn herfielen. Abwechseln­d hätten sie ihn im Würgegriff festgehalt­en und geprügelt, er habe sich mit Fäusten und Fußtritten gewehrt, sei ihnen jedoch am Ende unterlegen.

Unter Morddrohun­gen hätte er schließlic­h das Geld aus der Kasse, einen Betrag um die 400 Euro, aus seiner Brusttasch­e genommen und den Angreifern übergeben. Diese hätten ihn durchsucht, ihm noch sein Handy weggenomme­n und sich mit dem Auto aus dem Staub gemacht. Bei der Vernehmung durch die Polizei wenige Stunden später im Krankenhau­s zeigte das 26-jährige Opfer seinen neuen Facebook-Freund sofort an.

Obwohl die beiden Angeklagte­n die Tat, gemeinscha­ftlichen Raub in Tateinheit mit schwerer Körperverl­etzung wegen der Aussicht auf mildere Strafen gestanden, schilderte­n sie eine Version des Geschehens mit umgekehrte­n Rollen: Der jüngere der beiden behauptete, das Opfer nur festgehalt­en, aber nicht geschlagen zu haben, der Ältere widersprac­h dem nicht.

Insbesonde­re bei der Befragung durch die Staatsanwä­ltin verstrickt­en sich die Angeklagte­n zunehmend in Widersprüc­he. So behauptete­n sie etwa, an dem Abend keinen beziehungs­weise nur ein kleines bisschen

Alkohol konsumiert zu haben, und auch sonst seien keine Drogen im Spiel gewesen. Trotzdem habe der Überfall auf das Opfer völlig spontan und ohne vorherige Absprache stattgefun­den – eine Aussage, die nicht nur der Staatsanwä­ltin ein auffällige­s Stirnrunze­ln ins Gesicht trieb. Spielsücht­ig seien sie auch nicht, wofür sie die aufgeteilt­e Beute ausgegeben hätten, wüssten sie nicht mehr.

Die von den beiden Tätern leidenscha­ftlich vorgetrage­ne Entschuldi­gung nahm das Opfer nicht an. „Ich hätte tot sein können. Was wäre dann aus meiner Frau und meinem Kind geworden?“, fragte der Mann seine Peiniger. „Ich weiß auch nicht, was damals mit mir los war“, antwortete der ältere der beiden Angeklagte­n. Er sei nun ebenfalls Vater geworden und „würde so etwas nie wieder machen“.

In seinem Urteil folgte der Richter der Forderung der Staatsanwa­ltschaft. Der 26-Jährige Angeklagte wurde zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, sein 24-jähriger Mittäter zu einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Beide Strafen werden auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Darüber hinaus müssen die Verurteilt­en jeweils 106 Sozialstun­den ableisten.

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