Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Richard Striegel bekommt ernste Konkurrenz
Kämmerin der Stadt Nürtingen bewirbt sich als Erste Beigeordnete – Gemeinderat Bad Saulgau wählt am Donnerstag, 7. Mai
BAD SAULGAU - Die Wahl zum Ersten Beigeordneten in der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstag, 7. Mai, wird spannend. Amtsinhaber Richard Striegel bekommt es mit einer aussichtsreichen Mitbewerberin zu tun: Bettina Schön, Kämmerin der 42 000-Einwohner-Stadt Nürtingen, tritt gegen ihn an.
Bettina Schön blieb als zweite Bewerberin um das Amt nach der Vorauswahl übrig. Zunächst hatten sich neben Richard Striegel drei weitere Kandidaten auf die Stellenausschreibung der Stadtverwaltung beworben. Bei der Vorauswahl wirkten auch die Fraktionen mit.
Die neue Bewerberin um das Amt der ersten Beigeordneten ist 45 Jahre alt. Als Kämmerin ist sie in Nürtingen für die Finanzen der großen Kreisstadt zuständig. In der Bewerbung um die Stelle der Ersten Beigeordneten sieht sie den nächsten Schritt ihrer beruflichen Laufbahn. „Es ist mein Wunsch in dieser Position ein Dezernat in einer Stadt zu leiten.“Dabei sei Bad Saulgau eine „attraktive Stadt und ein starker Wirtschaftsstandort mit einem wichtigen Wirtschaftsfaktor Tourismus und Kurstadt“. Den Beruf der Verwaltungsfachfrau erlernte sie zunächst in der Verwaltung ihrer Heimatstadt, der Kreisstadt Dillingen an der Donau, später in verschiedenen Städten. Heute ist sie Verwaltungsfachwirtin. Seit zehn Jahren übt sie die Funktion einer Kämmerin aus und ist damit im gleichen Fachgebiet tätig wie Richard Striegel. Zunächst gelte es die mit Corona einhergehenden Probleme zu bewältigen, nennt sie als erste berufliche Herausforderung für den Fall, dass sie am Donnerstag gewählt würde. Für eine „gut strukturierte Weiterentwicklung der Stadt“hält sie die Schaffung von Wohnraum und die Entwicklung von Gewerbeflächen zur Schaffung attraktiver Arbeitsplätze für wichtig. So könne man Bürger und deren Familien
an die Stadt binden.Von dem Zusatz in der Stellenanzeige, dass sich der Stelleninhaber bewirbt, sei sie nicht abgeschreckt worden. „Im Gegenteil, das hat mich noch mehr angespornt, meinen Hut in den Ring zu werfen“, sagt die 45-Jährige.
Sie tritt gegen Amtsinhaber Richard Striegel an. Er wurde 2004 erstmals zum Ersten Beigeordneten der Stadt Bad Saulgau gewählt und stellt sich nach seiner Wiederwahl im Jahr 2012 nun zum dritten Mal zur Wahl. Striegel gilt als Experte in Finanzfragen und hat als Chef der Stadtwerke den städtischen Versorger in einem Umfeld zunehmend liberalisierter Märkte neu aufgestellt.
Außerdem hat er in Bad Saulgau gerade in den vergangenen Jahren die Breitbandverkabelung und damit die Versorgung der Stadt mit schnellem Internet vorangetrieben. Doch wird ihm ein belastetes Verhältnis zu
Bürgermeisterin Doris Schröter nachgesagt, das seit der Niederlage gegen Schröter im Bürgermeisterwahlkampf des Jahres 2007 immer wieder auch von Stadträten kritisiert worden war. Nachdem Richard Striegel mit 62 Jahren die Altersgrenze für Wahlbeamte bereits erreicht hat, spielt die Frage eine Rolle, ob Striegel die vollen acht Jahre im Amt bleiben wird.
Er wolle „insbesondere in der absehbar schwierigen Zeit im Nachgang zur Corona-Krise noch einen aktiven Beitrag zur Entwicklung unserer Stadt leisten“, schreibt er in einer E-Mail auf eine Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Zum Ende der Dienstzeit werde aber „sicher noch eine 6 beim Lebensalter vorne stehen“. Damit geht er selbst von einem Eintritt in den Ruhestand vor Ablauf der Periode aus, dann wäre Striegel 70 Jahre alt.
Sowohl Striegel als auch Bettina Schön haben sich in den Fraktionen der Grünen, der Freien Wähler und der SPD vor der Wahl vorgestellt. Die CDU hatte darauf aber verzichtet, was bei den anderen Fraktionen teilweise für Verwunderung gesorgt hatte. „Eine solche Entscheidung hat eine andere Tragweite als eine Einstellung im Personalamt“, begründet SPD-Fraktionssprecherin Helga Brey das Treffen ihrer Fraktion mit beiden Kandidaten. Für CDU-Fraktionssprecher Thomas Zimmerer bedeutet der Verzicht auf eine abermalige Vorstellung in keiner Weise eine Vorentscheidung über die Wahl. Es gebe genügen Gelegenheit, sich ein Bild von den Kandidaten zu machen. So habe Regine Reisch als Vertreterin der Fraktion nach der Vorauswahl der Kandidaten in der Fraktion berichtet, außerdem würden sich die Kandidaten in der Sitzung vorstellen. Weitere Treffen seien weder effizient und sollten in Zeiten von Corona auf ein Mindestmaß reduziert werden. Zimmerer überlege aber, ob er zusätzlich Zeit für eine Besprechung in den Fraktionen nach der Vorstellung beantragen werde.
Mit der Wahl am heutigen Donnerstag trifft der Gemeinderat eine weitreichende Entscheidung für die kommenden Jahre. Der Erste Beigeordnete bildet zusammen mit der Bürgermeisterin die Spitze der Stadtverwaltung. Der Erste Beigeordnete ist der hauptamtliche Stellvertreter der Bürgermeisterin, sie teilen sich die Verantwortung für Geschäftsbereiche innerhalb der Stadtverwaltung. Sowohl Bürgermeisterin wie auch Erster Beigeordneter sind Wahlbeamte.
Der Amtsantritt des neu gewählten Ersten Beigeordneten von Bad Saulgau ist am 19. Juli.