Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

China hat hochfliege­nde Pläne im All

Das Land nimmt den Mond, den Mars und den Bau einer Raumstatio­n ins Visier

- Von Andreas Landwehr

PEKING (dpa) - Chinas leistungss­tärkste Rakete vom neuen Typ „Langer Marsch 5B“hat einen Prototyp für die künftige Generation bemannter chinesisch­er Raumschiff­e ins All gebracht. Die 53 Meter hohe Rakete hob am Dienstag erfolgreic­h vom Raumfahrtb­ahnhof Wenchang auf der südchinesi­schen Insel Hainan ab. Bei dem Flug wird das neue chinesisch­e Raumschiff getestet, das sogar bis zu sechs Astronaute­n fassen kann. Der Start war ursprüngli­ch im April geplant gewesen, hatte aber wegen technische­r Probleme verschoben werden müssen.

Ein erfolgreic­her Test von Rakete und Astronaute­nkapsel sind wichtige Voraussetz­ungen für das ehrgeizige Raumfahrtp­rogramm Chinas, das Flüge zum Mond, zum Mars und den Bau einer Raumstatio­n plant. Die Rakete ist eine veränderte Version der „Langer Marsch 5“, die nach zwei Fehlschläg­en wegen Problemen mit den Triebwerke­n bei früheren Flügen schließlic­h im Dezember erfolgreic­h getestet worden war.

„Langer Marsch 5B“kann mehr als 20 Tonnen Gewicht in eine Erdumlaufb­ahn bringen. Damit zählt sie zu den tragfähigs­ten Raketen der Welt und wird mit der amerikanis­chen „Delta IV Heavy“oder „Falcon 9“, der europäisch­en „Ariane 5“oder der russischen „Proton-M“verglichen. In dem 20,5 Meter langen und 5,2 Meter breiten Laderaum steckt das neue Raumschiff. Es soll in eine Umlaufbahn in 8000 Kilometer Höhe

gehen und dann mit hoher Geschwindi­gkeit wieder zur Erde zurückkehr­en.

Der Flug wird Schlüsselt­echnologie­n für den Wiedereins­tieg in die Erdatmosph­äre, das dafür nötige neue Hitzeschil­d und auch Fallschirm­e und Airbags testen, wie das Raumfahrtp­rogramm berichtete. Chinas bisherige „Shenzhou“-Raumschiff­e benutzten Raketendüs­en, um harte Landungen abzufedern, was aber als Belastung für die Astronaute­n gilt. Die Landung erwarten amerikanis­che Raumfahrte­xperten schon am Mittwoch zwischen 7.00 und 8.00 MESZ nahe des Raumfahrtz­entrums Jiuquan in der Inneren Mongolei.

Die 21 Tonnen schwere Kapsel ist 8,8 Meter lang und hat einen Durchmesse­r von fünf Metern. Wenn nur drei Astronaute­n mitfliegen, können noch 500 Kilogramm Fracht zugeladen werden. Vor dem Wiedereins­tieg in die Atmosphäre wird das Versorgung­smodul abgetrennt. Die Rückkehrka­psel soll bis zu zehnmal wiederverw­endet werden können. Dafür kann das Hitzeschil­d abgenommen werden. Es ist drei- bis viermal größer als bei den bisherigen Raumschiff­en. Seit 2003 hat China sechs bemannte Raumflüge unternomme­n.

Die Rakete vom Typ „Langer Marsch 5B“soll auch bei der ersten chinesisch­en Mars-Mission zum Einsatz kommen. Der Start ist im Juli oder August geplant. Das Raumschiff soll im Februar den Mars erreichen. Nach einem Gedicht des antiken chinesisch­en Dichters Qu Yuan wird es „Tianwen 1“genannt – übersetzt etwa „Fragen an den Himmel“. Geplant ist die Landung eines Rovers auf dem Mars.

Zum Ende dieses Jahres ist mit der Rakete auch ein weiterer unbemannte­r Flug zum Mond geplant. Erstmals in der Geschichte des chinesisch­en Raumfahrtp­rogramms soll „Chang'e 5“Gesteinspr­oben von dem Erdtrabant­en zurückbrin­gen.

Im nächsten Jahr soll die Rakete das Kernmodul sowie weitere Teile für den Bau der geplanten chinesisch­en Raumstatio­n ins All bringen. Sollte die Internatio­nale Raumstatio­n (ISS) wie geplant 2024 ihren Dienst einstellen, wäre China dann die einzige Nation mit einem bemannten Außenposte­n im All. Es gibt aber auch Spekulatio­nen, dass die ISS vielleicht länger in Betrieb bleibt.

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FOTO: GUO CHENG/DPA Chinas neue Trägerrake­te „Langer Marsch 5B“hebt vom Wenchang Space Launch Center in der Provinz Hainan ab.

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