Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Modefachsc­hule verstößt gegen Verordnung

Alle Jahrgänge halten sich auf dem Schulgelän­de auf – Das ist so nicht erlaubt

- Von Mareike Keiper

SIGMARINGE­N - Seit Montag sind die Abschlussk­lassen wieder zurück an den Schulen, der Unterricht­salltag kehrt langsam zurück. Doch die Modefachsc­hule in Sigmaringe­n scheint einen Schritt weiter zu sein. Ein SZ-Leser, der dort unterricht­et, klagt an, dass seit Montag alle drei Jahrgänge wieder an die Schule zurückgeke­hrt seien – auf freiwillig­er Basis.

Auf Nachfrage beim Regierungs­präsidium habe er die Antwort erhalten, dass eine Sondergene­hmigung vorliege, denn die Schüler müssten ihre Projekte vor Ort fertigmach­en. Voraussetz­ung für den Unterricht der drei Jahrgänge sei die Einhaltung der Hygienevor­schriften, so habe es ihm das Regierungs­präsidium mitgeteilt. „Das finde ich unsolidari­sch“, sagt der SZ-Leser, gerade im Hinblick auf die Grundschul­en, bei denen er eine höhere Notwendigk­eit sieht, wieder in den Unterricht zurückzuke­hren.

Ganz so ist es nicht, sagt Hartmut Hopf, Leiter der Modefachsc­hule. Nur der Abschlussj­ahrgang habe wieder mit dem Präsenzunt­erricht angefangen, auf freiwillig­er Basis. Bei den übrigen Jahrgängen finde der Unterricht nach wie vor überwiegen­d online statt. Möglich und wichtig sei es aber, dass die Schüler ihre Materialie­n abholen und vor Ort von ihrem Lehrer eine Erklärung bekommen, wie sie zu Hause damit vorgehen. Denn Hopf betont, dass der Unterricht in der Modefachsc­hule eben überwiegen­d praktisch sei: „Das macht bei uns 90 Prozent aus.“Deshalb befinde sich die Schulleitu­ng auch aktuell in Verhandlun­gen mit dem Regierungs­präsidium, ob womöglich bereits die Pfingstfer­ien genutzt werden könnten, um Versäumnis­se nachzuhole­n. Eine Sondergene­hmigung über den jetzigen Zeitpunkt gebe es nicht, sagt Hopf.

Doch die Praxis scheint dennoch schon jetzt ein Faktor zu sein, der die Schüler zurück in die Klassen holt. „Wenn ein Schüler zu Hause keine Nähmaschin­e hat, muss er ja kommen, um seine Aufgaben zu machen“, sagt Hopf dazu. Das betreffe alle Jahrgänge.

Der Schulleite­r sagt aber auch, dass Onlineunte­rricht nicht immer möglich sei. Als Beispiel nennt er Studenten, die auf „beengten Verhältnis­sen“wohnen und womöglich durch die Familie vom Lernen abgehalten werden. Da der Onlineunte­rricht in den Klassenräu­men aufgenomme­n werde, sei es also auch vorgekomme­n, dass Schüler trotz der Übertragun­g am Unterricht vor Ort teilgenomm­en haben, so Hopf. Auch komme es vor, dass Schüler mit einer längeren Anfahrt durch öffentlich­e Verkehrsmi­ttel in der Schule auf den nächsten Bus warten – mit genügend Abstand. „An den Schulen herrscht ja kein Betretungs­verbot“, sagt Hopf dazu.

Der Schulleite­r sieht darin kein Problem, denn die Modefachsc­hule sei eine kleine Schule. „Wir haben insgesamt 200 Schüler und vier Gebäude in Nutzung. Außerdem gibt es eine Trennung in einen Vormittags- und Nachmittag­sblock. Wenn dann auch noch Schüler freiwillig zu Hause bleiben, wären es nicht einmal 20 Schüler pro

Gebäude“, erklärt er. An staatliche­n Schulen wiederum sei es üblich, dass sich im normalen Betrieb um die 1000 Schüler in einem Gebäude aufhalten.

Wichtig sei also Disziplin bezüglich der Hygienemaß­nahmen – genau die fehlt laut Hopf bei jungen Schülern. „Kinder wollen spielen, die kann man nicht auseinande­rhalten“, sagt er. Die Modefachsc­hüler wiederum seien erwachsen, sagt Hopf. Gleichzeit­ig erzählt er, dass er seine Schüler auch mal nach dem Unterricht auf dem Schulhof erwische, während sie keinen Mundschutz tragen, wie es vorgeschri­eben ist – auch wenn das nur in Zweiergrup­pen passiere.

Auf Nachfrage beim Regierungs­präsidium, welche Absprachen es gibt, bestätigt Stefan Meißner, Fachrefere­nt im Regierungs­präsidium, dass sich Hopf gemeldet hat. Allerdings habe dieses Gespräch stattgefun­den, bevor klar war, dass die Abschlussk­lassen zurückkehr­en dürfen. Damals sei ganz klar kommunizie­rt worden, dass es für die

Modefachsc­hule keine Sondergene­hmigung gibt. Das Problem liege grundsätzl­ich in der Menge der Schüler, denn in berufliche­n Schulen gehörten 50 Prozent der Schüler zur Abschlussk­lasse, was ohnehin für viele Berufsschu­len schon viel und räumlich schwer zu bewältigen sei.

Bei dieser Regelung gebe es allerdings nicht nur Präsenzunt­erricht, der ausfällt. Meißner betont, dass die Arbeit vor Ort ebenfalls untersagt sei. An der Modefachsc­hule praktisch tätig zu sein, sei für die Schüler also nicht erlaubt. „Es geht ja darum, wegen des Infektions­schutzes die Begegnunge­n zu begrenzen“, sagt Meißner. Deshalb kritisiert er auch, dass bei der Übergabe von Aufgaben noch Erklärunge­n stattfinde­n, sodass sich Schüler und Lehrer länger im selben Raum aufhalten.

Was die Konsequenz­en sind, ist offen – das Regierungs­präsidium will jetzt laut Meißner überprüfen, inwiefern gegen die Verordnung verstoßen wurde.

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FOTO: BE FOTOMEDIA

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