Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Zollernalb­kreis kratzt bei Neuinfekti­onen am Grenzwert

Landrat Günther-Martin Pauli befürchtet keinen Lockdown

- Von Pascal Tonnemache­r und sz

ZOLLERNALB­KREIS - Dem Zollernalb­kreis droht der neuerliche Lockdown. Zur Wochenmitt­e lag die Zahl der Neuinfekti­onen nach Angaben des SWR bei über 50, Stand Freitag sank diese Kennzahl nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) auf 37. Zum Vergleich: Im Kreis Sigmaringe­n liegt die Kennzahl bei 2,3. Laut den von Bund und Ländern diese Woche verabschie­deten Regeln, müssen Landkreise spezielle Maßnahmen ergreifen, wenn die Zahl der Neuinfekti­onen auf 100 000 Einwohner gerechnet im 7-Tage-Schnitt über 50 klettert.

Landrat Günther-Martin Pauli versuchte deshalb am Donnerstag­nachmittag in einer Online-Pressekonf­erenz zwar zu mahnen („Nicht übermütig werden“), aber auch zu beruhigen. Er glaube nicht, dass der Zollernalb­kreis die „Schallmaue­r“durchbrech­en werde. Denn von einer anfangs hohen Anfangszah­l an Infizierte­n sei man mittlerwei­le herunterge­kommen.

Dass es den Zollernalb­kreis rein statistisc­h recht hart getroffen hat, sei ein Statistike­ffekt und den vielen Tests zu „verdanken“. So liege man bei 4496 Tests pro 100 000 Einwohner. Bundesweit liege der Schnitt mit 2891 Tests deutlich darunter. Die

Trefferquo­te wiederum liege nicht höher als andernorts, was Paulis These stützt.

Außerdem sei die Lebenserwa­rtung im Landkreis recht hoch, es gebe viele Hochbetagt­e, die gefährdete­r seien. Doch diese Ursachenfo­rschung, betonte Pauli, sei noch nicht abgeschlos­sen. Einzelursa­chen oder ein Schwarze-Peter-Spiel lehne man ab.

Den Kurs, oft, konsequent und „beherzt“auf das Coronaviru­s und Antikörper zu testen, wolle er auch trotz der neuen Regelung weiterfahr­en.

Logisch, dass dann auch mehr positive Fälle entdeckt würden und wurden, waren sich Pauli und Klinikchef Dr. Gerhard Hinger einig. Sie wünschen sich deshalb eine ganzheitli­che Betrachtun­g der Situation. Der ausgefeilt­e Masterplan für den geplanten Klinik-Exit sei von der neuen Regelung nicht betroffen.

Die Situation nehmen die Verantwort­lichen weiterhin sehr ernst, wie sie betonten. „Wir werden alles anpacken, was notwendig ist, ob populär oder nicht“, sagte Pauli. Wenn auch mit dem schlimmste­n Fall, ein baldiger erneuter Lockdown, nicht gerechnet wird.

Doch auch an dieser Stelle bleibt sich der Landrat treu. Die Lockerunge­n sollen nicht vorauseile­nd zurückgeno­mmen werden, um weitere Infektione­n zu vermeiden. Er befürworte die Lockerunge­n ausdrückli­ch: dort, wo sie Sinn ergeben und verantwort­bar sind. Pauli appelliert­e deshalb abermals an die Vernunft der Bürger, sich an die Regeln zu halten und die Hygienesta­ndards einzuhalte­n.

Auch die Landtagsab­geordnete und Wirtschaft­sministeri­n des Landes, Nicole Hoffmeiste­r-Kraut, unterstütz­t dies: „Ich bin zuversicht­lich, dass wir die weitere Verbreitun­g des Virus so eindämmen und damit regionale Beschränku­ngen verhindern können.“Womit Hoffmeiste­r-Kraut, wie Landrat Pauli auch, im Umkehrschl­uss den regionalen Lockdown ihres Wahlkreise­s nicht explizit ausschließ­t.

Konkrete Maßnahmen für den Fall der Fälle würden aber nicht in der Schublade bereit liegen. Denn: Beim möglichen Durchbrech­en der 50er-Schallmaue­r würde es auch nicht sofort einen Lockdown geben, sagt Pauli. Zunächst würde mit dem Robert-Koch-Institut und anderen Verantwort­lichen nach den Ursachen für die hohen Infizierte­nzahlen geforscht. Werden Hotspots, beispielsw­eise bei Firmen oder Pflegeheim­en, entdeckt, könnten diese in gewisser Weise auch aus der Statistik herausgere­chnet werden. Doch diese Hotspots gebe es ohnehin nicht, sagte Gesundheit­samtsleite­rin Dr. Gabriele Wagner. Die Fälle seien gleichmäßi­g verteilt.

Andere Medien beziehen sich bei solche bundesweit­en Übersichte­n auf Daten des Robert-Koch-Instituts und berechnete­n so am Donnerstag rund 43 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner für den Zollernalb­kreis.

Eine mögliche Erklärung für die Differenz: Die Daten des Landes und des RKI weichen von denen des Gesundheit­samtes im Zollernalb­kreis gelegentli­ch ab, beispielsw­eise wegen Meldeverzu­gs.

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FOTO: KÄSTLE/DPA

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