Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kinderbetreuung unter erschwerten Bedingungen
Tageseltern berichten von Einschränkungen in Zeiten der Corona-Krise
SIGMARINGEN - Zum „Tag der Kinderbetreuung“am 11. Mai haben Bettina Müller-Krimm und Marlies Hanschke von der Koordinierungsstelle für Tageseltern mit Sitz im Frauenbegegnungszentrum über die Situation der Kindertagespflege informiert. Durch die Corona-Krise kann die Betreuung derzeit nur eingeschränkt stattfinden, was für die betroffenen Eltern viel Stress und für die Tageseltern Sorgen bedeutet. Das machten die Tagesmütter Ellen Scheffold aus dem Bad Saulgauer Stadtteil Braunenweiler und Maria Ott aus Rengetsweiler, einem Teilort von Meßkirch, deutlich.
Beide sind engagierte Tagesmütter, die bei sich zu Hause stundenund tageweise unter dreijährige Kinder betreuen. Vor Corona haben von den 127 zur Verfügung stehenden Tageseltern 76 „aktiv“211 Kinder betreut, seit dem Lockdown werden nur 52 Kinder notbetreut, weil deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten, wie Bettina Müller-Krimm verdeutlicht. Die Sozialpädagogin ist in der Koordinierungsstelle für Tageseltern zuständig für Vermittlung und Beratung von Eltern, die einen Betreuungsplatz für ihr Kleinkind suchen.
Für Ellen Scheffold und Maria Ott ist die Notbetreuung alles andere als befriedigend, denn die Einschränkungen beginnen schon morgens beim Bringen der Kinder. „Früher sind die Eltern immer noch auf ein kurzes Gespräch mit reingekommen, sodass wir uns austauschen konnten“, sagt Scheffold. Jetzt muss die Übergabe des Kindes vor der Haustür und mit Schutzmaske stattfinden. „Für die Kleinen ist das zum Teil recht herb“, sagt die Tagesmutter. Gerade für die kleinen Kinder sei Kontinuität immens wichtig, denn in diesem Alter brauchen sie Beständigkeit, einen geregelten Tagesablauf und vertraute Personen. Insbesondere dann, wenn sich die Familie durch
Krankheit, Todesfall und sonstige Schicksalsschläge in emotionalen Grenzbereichen befindet.
Die 32-jährige Ellen Scheffold ist überzeugt davon, dass nicht nur Kindern liebevolle Zuverlässigkeit und genaues Zuhören guttut. Die von der Pandemie verursachten Kontaktbeschränkungen werden von den Frauen als eine Vertrauenszäsur betrachtet, die sie auf ihre Art versuchen, wettzumachen. So berichtet Scheffold, dass sie in dieser Zeit ein Video von sich und ihren Kindern gemacht, dieses an „ihre“Familien geschickt und die Eltern gebeten hat, es den Kindern vorzuspielen. „Damit wir bei den Kleinen in Erinnerung bleiben und sie unsere Stimmen nicht vergessen.“
Alle vier Frauen finden, dass die Notbetreuung selektiert, denn: „Alle Familien, die die Tagespflege in Anspruch nehmen, tun dies nicht aus Jux, sondern weil sie sie dringend brauchen.“Erst recht in Zeiten wie diesen. Homeoffice mit Klein- und/ oder Schulkindern sei genauso wenig ein Zuckerschlecken wie Alleinerziehend und zur Arbeit gehen zu müssen. „Dabei ist doch Kindertagespflege wirklich systemrelevant“, sagt Scheffold. Und Marlies Hanschke, zuständig für Qualifizierung, Beratung und Vermittlung der Tageselternkoordinierung, sagt: „Kindertagespflege wird kaum erwähnt und nicht gefördert, aber Vorgaben müssen wir umsetzen und auch die Folgen solcher Maßnahmen tragen.“Zudem sei viel zu wenig bekannt, dass Eltern von unter Dreijährigen einen Rechtsanspruch auf Tagesbetreuung ihres Kindes haben – selbst dann, wenn sie nicht berufstätig sind.
Weitere Informationen gibt es bei der Koordinierungsstelle für Tageseltern, Bahnhofstraße 3, 72488 Sigmaringen, Telefon: 07571/
68 11 63, E-Mail: G» tageseltern@ fbz-sigmaringen.de