Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Wiege des Herzogs

Vor mehr als 500 Jahren kommt Herzog Christoph von Württember­g in Urach zur Welt

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BAD URACH (sz) - Am 12. Mai des Jahres 1515 ist im Uracher Schloss ein künftiger württember­gischer Herzog zur Welt gekommen: Christoph, der erste Sohn Herzog Ulrichs von Württember­g und seiner Gemahlin Sabina von Bayern. Deren Ehe stand von Beginn an unter keinem guten Stern, was schließlic­h auch dazu führte, dass Christoph im beschaulic­hen Urach und nicht in der Residenzst­adt Stuttgart die ersten Monate seines Lebens verbrachte.

Sabina von Bayern ist erst sechs Jahre alt, als die Eheabsprac­he mit dem ebenfalls noch minderjähr­igen Herzog Ulrich stattfinde­t. Da sich Ulrich lange gegen diese Verbindung sträubt, findet die Hochzeit erst im Jahr 1511 statt – mehrere Jahre nach dem geplanten Termin. Die Ehe ist unglücklic­h, von Auseinande­rsetzungen und Gewalt geprägt, da wohl beide Ehepartner schwierige und aufbrausen­de Charaktere haben. Die Ermordung des Stallmeist­ers Hans von Hutten durch Herzog Ulrich am 8. Mai 1515 bringt das Fass schließlic­h zum Überlaufen: Bereits hochschwan­ger verlegt Herzogin Sabina zusammen mit der gemeinsame­n Tochter Anna ihren Sitz von Stuttgart dauerhaft ins Uracher Schloss.

Vier Tage nach ihrem Umzug bringt Sabina Christoph zur Welt und schmiedet in den kommenden Monaten Pläne für eine Flucht zurück zu ihrer Bayerische­n Familie. Diese werden konkret, als Ulrich im November 1515 die Rückkehr seiner Frau mit den beiden Kindern nach Stuttgart anordnet. Da nun selbst ihr Onkel, Kaiser Maximilian, seiner Nichte zur Flucht rät, geht Sabina nur zum Schein auf Ulrichs Forderung ein und reist mit ihren Kindern nach Nürtingen. Von dort aus flieht sie am 24. November im Schutz der Nacht in Richtung München – und lässt die zweijährig­e Anna und den erst wenige Monate alten Christoph zurück. Vier Jahre später wendet sich das Blatt erneut, als Herzog Ulrich nach seinem Überfall auf die freie Reichsstad­t Reutlingen aus seinem Herzogtum vertrieben und Württember­g unter habsburgis­che Herrschaft gestellt wird. Christoph wächst nun ohne nennenswer­ten Kontakt zu seinen Eltern zum künftigen Herzog heran.

Während des Exils seines Vaters wird auch Christoph vom Herzogtum Württember­g ferngehalt­en und erhält stattdesse­n am habsburgis­chen Hof in Innsbruck eine standesgem­äße höfische Erziehung. Mutter und Schwester residieren derweil im Uracher Schloss. Als Fünfzehnjä­hriger wird er in das Gefolge Kaiser Karls V. berufen und reist fortan durch Europa. Doch als Gerüchte laut werden, dass ihm nach seiner Ankunft in Spanien im schlimmste­n Falle ein Leben hinter Klostermau­ern droht, entschließ­t sich der junge Christoph zur Flucht zu seinen bayerische­n Verwandten. Als Ulrich von Württember­g bald darauf sein Herzogtum zurückerob­ern kann, scheinen sich auch für Christoph endlich die Dinge grundlegen­d zu ändern. Doch auch der eigene Vater begegnet ihm mit Misstrauen und sieht ihn als Bedrohung für seine Herrschaft – die folgenden Jahre verbringt Christoph daher am Hofe des französisc­hen Königs Franz I. Schließlic­h darf er endlich als Statthalte­r der Grafschaft Mömpelgard erste eigene Regierungs­erfahrunge­n machen. Schon in diesen Jahren wird sein außerorden­tliches diplomatis­ches Geschick gelobt, das ihm auch während seiner Regentscha­ft über das Herzogtum Württember­g in den Jahren 1550 bis 1568 zugute kommt.

Es scheint beinahe unmöglich und doch ist es Realität: Christoph sollte trotz der widrigen Umstände der ersten 35 Jahre seines Lebens zu einem der erfolgreic­hsten und beliebtest­en Landesherr­en Württember­gs werden. Indem er die Reformatio­n, die sein Vater begonnen hat, endgültig durchsetzt und schulische Bildung einer breiten Bevölkerun­gsschicht ermöglicht, gilt er schon bei seinen Zeitgenoss­en als weiser und vorausscha­uender Herrscher. Die Zeit seiner Regierung war darüber hinaus von Frieden und wirtschaft­lichem Aufschwung geprägt. So verwundert es nicht, dass die Uracher ihm ein ganz besonderes Denkmal gesetzt haben: In der Stiftskirc­he St. Amandus schmückt seit dem frühen 20. Jahrhunder­t seine steinerne Figur eine zentrale Säule im Altarberei­ch.

Und was wurde aus Sabina von Bayern? Für sie beginnt nach dem Tod ihres Mannes 1550 eine Zeit der Ruhe und Stabilität. Sie kehrt nach Württember­g zurück und wohnt bis zu ihrem Tod 1564 auf ihrem Witwensitz im Nürtinger Schloss.

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FOTO: PR Das Uracher Schloss ist die Geburtsstä­tte des württember­gischen Herzogs Christoph.

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