Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Zollernalbkreis unterschreitet Corona-Obergrenze
Zahl der Neuinfektionen sinkt deutlich
ZOLLERNALBKREIS - 50, diese Zahl war noch am vergangenen Mittwoch in aller Munde: Der Corona-Grenzwert, den der Zollernalbkreis mit 47,6 nur ganz knapp unterschritten hatte. Jetzt sieht die Welt wieder anders aus. Am Montagabend gab Landrat Günther-Martin Pauli bekannt, dass die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen im Zollernalbkreis bei 25,9 liegt.
Bei zu vielen Neuinfektionen droht den Landkreisen ein neuerlicher Lockdown. Ein SWR3-Bericht hatte in der vergangenen Woche genau dieses Szenario für den Zollernalbkreis vorhergesagt und von 55,57 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner berichtet. Diese Zahl, die den medialen Wirbel verursacht hat, habe ihn geärgert, sagte der Landrat in der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses.
Derzeit sind im Landkreis 1162 Menschen an Covid-19 erkrankt. Der Zollernalbkreis hat seit dem Ausbruch der Pandemie 64 Tote zu beklagen. In Kliniken werden 59 stationär behandelt, sechs liegen auf der Intensivstation, so der Landrat. Seit Sonntag seien drei weitere Infizierte dazugekommen. Dass die Zahl der Genesenen weiter ansteigt, freut den Landrat. Er gab sie mit 766 an.
„Wir sind mit den gleichen Zahlen wie in Italien gestartet“, führte der Landrat weiter aus. Die Kurve habe dann aber glücklicherweise keine ähnlich dramatische Entwicklung genommen wie in Italien. „Wir hatten nie einen Notstand an Beatmungsgeräten und zu keinem Zeitpunkt die Sorge, dass jemand ersticken muss“, betonte Pauli. „Ist die Zahl der Neuinfektionen erfreulicherweise zurückgegangen und die Lage hat sich wirklich verbessert oder kontrollieren wir weniger?“, hakte Hubert Schiele nach und erhielt eine klare Antwort von Pauli: „Wir testen gleich viel wie vorher.“Am 1. April habe die Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen pro 100 000 Einwohner, noch bei 123 gelegen.
Inzwischen würden im Zollernalb-Klinikum alle Patienten auf das Coronavirus getestet. „Und bereits 350 Mitarbeiter im Krankenhaus haben den Antikörpertest gemacht“, so Pauli. Ihn habe die Zahl, die vergangene Woche für Wirbel sorgte, auch deshalb geärgert, weil nicht berücksichtigt werde, wie viel getestet wird. „Wir werden im Zollernalbkreis weiter verstärkt testen, sei es im Testzentrum, im Krankenhaus, beim DRK und bei den Hausärzten“, stellte er klar.
In der Statistik des Sozialministeriums stehe der Zollernalbkreis mit 34,9 Prozent landesweit an zweitschlechtester Stelle, meinte er. „Sie steuern einen großen Tanker, der aber einen Bremsweg von 14 Tagen hat“, wählte Barth dieses Bild und wünschte dem Landrat bei dieser „Seereise“eine sichere und ruhige Hand. „Ich wünsche mir, dass sie es richtig managen“, lautete sein Appell.
Offen bekannte Pauli, dass er keine Erklärung für diese Zahl hat. „Es ist zu verfrüht, eine Analyse zu stellen“, erklärte er. Zwei Drittel der Betroffenen seien hochbetagte Menschen, was möglicherweise eine Rolle spielen könnte. „Wir haben sehr früh in den Altenheimen getestet und wissen nicht, wie es in den anderen Landkreisen läuft“, ergänzte Dr. Gabriele Wagner, Leiterin des Dezernats Gesundheit und Lebensraum. Auch sie musste passen: „Wir haben keine Erklärung, warum die Zahlen höher sind als in anderen Landkreisen.“
„Wir dürfen keine Nachteile haben, weil wir mehr testen als der Bundesdurchschnitt“, sprach Balingens OB Helmut Reitemann diesen Punkt an. Die Wirtschaft könne keinen zweiten Lockdown verkraften. „Es ist wichtig, dass auch in anderen Landkreisen in gleichem Maße getestet wird“, lautete seine Forderung.