Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Streit bei Weber Automotive geht weiter
Hauptgesellschafter der Markdorfer Firma hält an Vorwürfen fest
MARKDORF - Ein Weg aus der Insolvenz für das Markdorfer Unternehmen Weber Automotive scheint gefunden zu sein, doch der Streit zwischen der Gründerfamilie und dem Hauptinvestor Ardian geht weiter. Nachdem Weber Automotive am vergangenen Freitag mit einer Pressemitteilung verkündet hatte, dass die Familie von Firmengründer Albert Weber künftig wieder Alleingesellschafter werde, kontert der Finanzinvestor Ardian am Montag: „Die Gesellschafterstruktur der Weber Automotive GmbH ist unverändert.“
Es habe insbesondere auch kein Kauf von Anteilen durch die Familie Weber oder ein Verkauf von Anteilen durch Ardian stattgefunden, schreibt Ardian in der Stellungnahme. „Es gab dementsprechend auch keine ,Einigung’ zwischen den Gesellschaftern oder einen ,Ausstieg’ von Ardian“, heißt es. Das bedeutet, dass Ardian nach wie vor 75 Prozent und die Familie Weber 25 Prozent des Unternehmens hält, wegen der Insolvenz aber de facto die Gläubiger von Weber Automotive das Sagen haben.
Ardian schreibt weiter, dass die Familie Weber im Rahmen des Insolvenzverfahrens einzelne Vermögensgegenstände
aus der Weber Automotive GmbH im Rahmen eines sogenannten Asset-Deals erworben habe. In der Pressemitteilung von Weber Automotive vom Freitag war das zwar ähnlich formuliert worden. Darin heißt es: „Die Familie Weber (...) hat den maßgeblichen Teil der Weber Automotive Gruppe zurückgekauft. Der Erwerb erfolgte im Rahmen eines sogenannten Asset-Deals.“Allerdings ist darin auch die Rede davon, dass die Familie Weber wieder Alleingesellschafter werde.
Ardian machte keine Angaben dazu, was denn nach dem Verkauf der Vermögensgegenstände vom Unternehmen Weber Automotive außer der gesellschaftsrechtlichen Hülle noch übrig bleibt. Laut der Pressemitteilung des Unternehmens umfasst die Transaktion die Produktionsstandorte der Weber Automotive GmbH in Markdorf, der Weber Automotive Corp. in den USA und der Albert Weber Hungária Kft. in Ungarn. Nicht miterworben wurde laut Pressemitteilung die Beteiligung an der Saarotec in St. Ingbert. Der Kaufvertrag sei am Mittwoch unterzeichnet worden. „Über den Kaufpreis haben die Parteien Stillschweigen vereinbart“, heißt es.
Darüber hinaus weist Ardian in seiner Stellungnahme erneut darauf hin, dass an den Betrugsvorwürfen gegen den Altgesellschafter – sprich die Familie Weber – festgehalten wird. „Im Einzelnen sind dies der Verdacht des gemeinschaftlichen Betrugs in besonders schwerem Fall, der Verdacht des Kreditbetrugs sowie der Verdacht der unrichtigen Darstellung der Vermögens-, Finanzund Ertragslage der Weber Automotive GmbH im Geschäftsjahr 2016“, heißt es. Ardian habe deshalb 2019 Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main erstattet, die daraufhin die Ermittlungen aufgenommen habe. „Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in dem Fall dauern unverändert an“, schreibt Ardian.
Dass die Gründerfamilie Weber Automotive zurückkaufen will, wird seitens der Gewerkschaft begrüßt. „Wir bewerten es erstmal als positiv. Denn das bedeutet, dass ein Zukunftskonzept erarbeitet wird“, sagt Frederic Striegler, Gewerkschaftssekretär bei IG Metall, der das Unternehmen betreut. Dennoch müsse sich das Unternehmen damit auseinandersetzen, wie in Zukunft mit der Belegschaft umgegangen werden soll. „Es geht um wettbewerbsfähige Löhne und Arbeitsbedingungen“, sagt Striegler. Nur so könne das Unternehmen die erhöhte Fluktuation der vergangenen Jahre stoppen und zu anderen
Wettbewerbern aufholen. „Das Thema wird uns eine Weile begleiten, denn uns ist bewusst, dass wir den nötigen Blick für die wirtschaftlichen Gegebenheiten haben müssen“, sagt er. Deshalb müsse mit Augenmaß und Stück für Stück vorgegangen werden.
Der Markdorfer Bürgermeister Georg Riedmann zeigt sich angesichts der Lösung für das Unternehmen erleichtert. „Das ist eine hervorragende Voraussetzung zur Sicherung von Arbeitsplätzen, auch und gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Krise“, sagt er. Und: „Ich gehe davon aus, dass eine Zerschlagung des Unternehmens oder Teilverkäufe an Konkurrenten oder Investoren massiv Arbeitsplätze gefährdet hätte. Deswegen ist die gefundene Lösung eine sehr gute Nachricht für den Wirtschaftsstandort Markdorf.“
Der Markdorfer Automobilzulieferer Weber Automotive hatte wegen eines Streits zwischen dem Hauptgesellschafter Ardian und der Gründerfamilie im Juli 2019 Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Der französische Finanzinvestor und die Familie Weber konnten sich nicht auf die Bedingungen für die weitere Finanzierung einigen. Ardian macht der Gründerfamilie außerdem schwere Vorwürfe, die die Familie entschieden zurückweist.