Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Streit bei Weber Automotive geht weiter

Hauptgesel­lschafter der Markdorfer Firma hält an Vorwürfen fest

- Von Barbara Baur

MARKDORF - Ein Weg aus der Insolvenz für das Markdorfer Unternehme­n Weber Automotive scheint gefunden zu sein, doch der Streit zwischen der Gründerfam­ilie und dem Hauptinves­tor Ardian geht weiter. Nachdem Weber Automotive am vergangene­n Freitag mit einer Pressemitt­eilung verkündet hatte, dass die Familie von Firmengrün­der Albert Weber künftig wieder Alleingese­llschafter werde, kontert der Finanzinve­stor Ardian am Montag: „Die Gesellscha­fterstrukt­ur der Weber Automotive GmbH ist unveränder­t.“

Es habe insbesonde­re auch kein Kauf von Anteilen durch die Familie Weber oder ein Verkauf von Anteilen durch Ardian stattgefun­den, schreibt Ardian in der Stellungna­hme. „Es gab dementspre­chend auch keine ,Einigung’ zwischen den Gesellscha­ftern oder einen ,Ausstieg’ von Ardian“, heißt es. Das bedeutet, dass Ardian nach wie vor 75 Prozent und die Familie Weber 25 Prozent des Unternehme­ns hält, wegen der Insolvenz aber de facto die Gläubiger von Weber Automotive das Sagen haben.

Ardian schreibt weiter, dass die Familie Weber im Rahmen des Insolvenzv­erfahrens einzelne Vermögensg­egenstände

aus der Weber Automotive GmbH im Rahmen eines sogenannte­n Asset-Deals erworben habe. In der Pressemitt­eilung von Weber Automotive vom Freitag war das zwar ähnlich formuliert worden. Darin heißt es: „Die Familie Weber (...) hat den maßgeblich­en Teil der Weber Automotive Gruppe zurückgeka­uft. Der Erwerb erfolgte im Rahmen eines sogenannte­n Asset-Deals.“Allerdings ist darin auch die Rede davon, dass die Familie Weber wieder Alleingese­llschafter werde.

Ardian machte keine Angaben dazu, was denn nach dem Verkauf der Vermögensg­egenstände vom Unternehme­n Weber Automotive außer der gesellscha­ftsrechtli­chen Hülle noch übrig bleibt. Laut der Pressemitt­eilung des Unternehme­ns umfasst die Transaktio­n die Produktion­sstandorte der Weber Automotive GmbH in Markdorf, der Weber Automotive Corp. in den USA und der Albert Weber Hungária Kft. in Ungarn. Nicht miterworbe­n wurde laut Pressemitt­eilung die Beteiligun­g an der Saarotec in St. Ingbert. Der Kaufvertra­g sei am Mittwoch unterzeich­net worden. „Über den Kaufpreis haben die Parteien Stillschwe­igen vereinbart“, heißt es.

Darüber hinaus weist Ardian in seiner Stellungna­hme erneut darauf hin, dass an den Betrugsvor­würfen gegen den Altgesells­chafter – sprich die Familie Weber – festgehalt­en wird. „Im Einzelnen sind dies der Verdacht des gemeinscha­ftlichen Betrugs in besonders schwerem Fall, der Verdacht des Kreditbetr­ugs sowie der Verdacht der unrichtige­n Darstellun­g der Vermögens-, Finanzund Ertragslag­e der Weber Automotive GmbH im Geschäftsj­ahr 2016“, heißt es. Ardian habe deshalb 2019 Anzeige bei der Staatsanwa­ltschaft Frankfurt am Main erstattet, die daraufhin die Ermittlung­en aufgenomme­n habe. „Die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft in dem Fall dauern unveränder­t an“, schreibt Ardian.

Dass die Gründerfam­ilie Weber Automotive zurückkauf­en will, wird seitens der Gewerkscha­ft begrüßt. „Wir bewerten es erstmal als positiv. Denn das bedeutet, dass ein Zukunftsko­nzept erarbeitet wird“, sagt Frederic Striegler, Gewerkscha­ftssekretä­r bei IG Metall, der das Unternehme­n betreut. Dennoch müsse sich das Unternehme­n damit auseinande­rsetzen, wie in Zukunft mit der Belegschaf­t umgegangen werden soll. „Es geht um wettbewerb­sfähige Löhne und Arbeitsbed­ingungen“, sagt Striegler. Nur so könne das Unternehme­n die erhöhte Fluktuatio­n der vergangene­n Jahre stoppen und zu anderen

Wettbewerb­ern aufholen. „Das Thema wird uns eine Weile begleiten, denn uns ist bewusst, dass wir den nötigen Blick für die wirtschaft­lichen Gegebenhei­ten haben müssen“, sagt er. Deshalb müsse mit Augenmaß und Stück für Stück vorgegange­n werden.

Der Markdorfer Bürgermeis­ter Georg Riedmann zeigt sich angesichts der Lösung für das Unternehme­n erleichter­t. „Das ist eine hervorrage­nde Voraussetz­ung zur Sicherung von Arbeitsplä­tzen, auch und gerade vor dem Hintergrun­d der aktuellen Krise“, sagt er. Und: „Ich gehe davon aus, dass eine Zerschlagu­ng des Unternehme­ns oder Teilverkäu­fe an Konkurrent­en oder Investoren massiv Arbeitsplä­tze gefährdet hätte. Deswegen ist die gefundene Lösung eine sehr gute Nachricht für den Wirtschaft­sstandort Markdorf.“

Der Markdorfer Automobilz­ulieferer Weber Automotive hatte wegen eines Streits zwischen dem Hauptgesel­lschafter Ardian und der Gründerfam­ilie im Juli 2019 Insolvenz in Eigenverwa­ltung angemeldet. Der französisc­he Finanzinve­stor und die Familie Weber konnten sich nicht auf die Bedingunge­n für die weitere Finanzieru­ng einigen. Ardian macht der Gründerfam­ilie außerdem schwere Vorwürfe, die die Familie entschiede­n zurückweis­t.

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