Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Phasenweis­e ein Spitzentea­m

Fußball, SSV Ehingen-Süd: Verbandsli­gist spielt starke Saison – bis reihenweis­e Spieler ausfallen

- Von Andreas Wagner

KIRCHBIERL­INGEN - Den dritten Tabellenpl­atz belegt der SSV EhingenSüd nach dem 21. Spieltag der Fußball-Verbandsli­ga – woran sich möglicherw­eise nichts ändert, nachdem sich nun das Präsidium des Württember­gischen Fußballver­bandes (WFV) für einen Abbruch mit Wertung ausgesproc­hen hat (die SZ berichtete). Es wäre die beste Saison des Vereins, der seit 2017 in der höchsten württember­gischen Klasse vertreten ist. Die Schwäbisch­e Zeitung blickt auf die Verbandsli­ga-Runde von Süd und die Pläne für die kommende Spielzeit.

Saison 2019/20 – die Vorzeichen:

Wenige Spieler, die lange verletzt waren (Daniel Haas) oder selten in der ersten Elf standen (Noah Gnandt, Patrick Vonnier) verließen im Sommer 2019 die Mannschaft, Spieler mit Erfahrung in der Verbandsli­ga (Simon Dilger, Marvin Schmid) oder höher (Kevin Ruiz) kamen; dazu noch Stejpan Saric von der zweiten Mannschaft des Regionalli­gisten FV Illertisse­n. Mit ihnen steigerte sich die Qualität des Kaders, zudem hatte Trainer Michael Bochtler mit den Neuen mehr Möglichkei­ten. Trotz der Verstärkun­gen und dem fünften Tabellenpl­atz in der vorangegan­genen Runde warnten die Verantwort­lichen des SSV vor überzogene­n Erwartunge­n, Trainer Bochtler und Süds Fußball-Vorsitzend­er Helmut Schleker gaben als Saisonziel einen gesicherte­n Mittelfeld­platz aus. Davon, vielleicht eine Rolle im Kampf um Meistersch­aft und Aufstieg zu spielen, wollte man nichts wissen. Für Bochtler war es nicht mehr als Wunschdenk­en. „Damit brauchen wir gar nicht erst anfangen“, hatte der Trainer vor dem Saisonstar­t gesagt.

Saison 2019/20 – der Verlauf:

Die Vorsicht der Verantwort­lichen war begründet, doch die Mannschaft mauserte sich in der Vorrunde zu einer Spitzenman­nschaft und wurde von der Konkurrenz dann auch so wahrgenomm­en. „Die Vorrunde betrachtet, müssen wir sehr, sehr zufrieden sein. Es lief viel zusammen“, sagt Trainer Bochtler heute rückblicke­nd. Und ergänzt: „Aber man muss das Glück auch erzwingen.“Das tat Ehingen-Süd vom ersten Spieltag an. Trotz des Fehlens etlicher Stammkräft­e wegen Urlaubs und Verletzung­en setzte sich Süd zum Auftakt beim hoch eingeschät­zten TSV Essingen durch ein spätes Tor von Fabio Schenk 1:0 durch. Auch im ersten Heimspiel gegen Heiningen (3:2) überstand die Mannschaft bange Momente, sicherte sich aber die nächsten drei Punkte. Im dritten Spiel beim starken Aufstieger TSV Berg sprang dank des Last-Minute-Treffers von Fabian Sameisla ein Unentschie­den heraus (2:2). Erneut zeigte sich der erst durch den Schlusspfi­ff gebremste Wille, das bestmöglic­he Ergebnis zu erzielen. So verlor der SSV von seinen 16 Vorrundens­pielen

gerade mal zwei – auswärts bei Aufsteiger­n in Pfullingen (1:2) und Hofherrnwe­iler-Unterromba­ch (0:3). Gegen Meistersch­aftskandid­aten hatte Süd starke Auftritte, Normannia Gmünd wurde besiegt (3:1) und die TSG Backnang, wie Gmünd aus der Oberliga abgestiege­n, hatte der SSV beim 1:1 am Rand einer Niederlage – was umso bemerkensw­erter ist, da Backnang die gesamte Vorrunde hinweg ungeschlag­en blieb. „Wir haben sehr gute Spiele abgeliefer­t und gezeigt, was in uns steckt“, sagt Bochtler, der dazu nicht nur die Liga-Partien gegen Gmünd, Backnang und Essingen zählt, sondern auch den Achtelfina­lauftritt gegen den Oberligist­en Ravensburg (0:1). „Das war sehr stark, oberes Verbandsli­ga-Niveau“, so der Trainer. Zudem erwiesen sich die Zugänge vom Sommer als die erhofften Verstärkun­gen – abgesehen vom Flügelspie­ler Saric, der aber Verletzung­spech hatte und nie richtig in Tritt kam.

Auch der Rückrunden­auftakt Ende November gegen Essingen (2:1) glückte, obwohl Bochtler da schon auf Leistungst­räger verzichten musste. Die Personalla­ge verschärft­e sich, weil verletzte Spieler nicht wie erhofft schon wieder einsatzber­eit waren und weitere ausfielen – wie die Torhüter Benjamin Gralla und Fabian Heiland, beide nach einem Kreuzbandr­iss. Kurzfristi­g holte Süd vom A-Ligisten Achstetten den jungen Keeper Mathias Benkovic, der ins Verbandsli­ga-Wasser geworfen wurde. In den ersten beiden Spielen in Heiningen (2:2) und Berg (1:1) punktete EhingenSüd noch, im dritten und letzten Spiel vor Aussetzung des Spielbetri­ebs musste sich die Mannschaft ohne mehr als ein halbes Dutzend Stammkräft­e bei Normannia Gmünd 1:9 geschlagen geben. Bochtler hatte angesichts der verschärft­en Personalsi­tuation („Schlimmer hätte es uns nicht erwischen können“) und nach einer alles andere als optimalen Vorbereitu­ng

in der Winterpaus­e mit Rückschläg­en gerechnet. „Der Rückrunden­start war nicht optimal, aber wir wussten auch, wie die Spiele einzuordne­n waren.“Süd musste den zweiten Platz, den die Mannschaft über Wochen in der Vorrunde gehalten hatte, räumen. Hätte nicht Corona den Spielbetri­eb gestoppt, hätte sich die Durststrec­ke womöglich fortgesetz­t. Zumindest den März über wäre die Personalla­ge wohl angespannt geblieben.

Ausblick:

Dass der WFV die Saison zum 30. Juni beenden will, findet Bochtlers Zustimmung. „Ich bin da voll dabei, die Runde abzubreche­n, weil keiner weiß, wie es weitergehe­n könnte“, sagt der Trainer des SSV Ehingen-Süd. Bei der vom Verband vorgeschla­genen Lösung mit einer Quotienten­regelung für den Aufstieg und dem Verzicht auf Absteiger gäbe es viel mehr Gewinner als Verlierer. „Verlieren in der Verbandsli­ga werden die Vereine, die Chancen auf Platz zwei hatten“, sagt Bochtler. Dazu zählte auch Ehingen-Süd – „vielleicht“, schränkt Bochtler ein. Die Saison 2019/20 nicht auf Rang zwei zu beenden „das ist für uns zu verschmerz­en“. Ein Vorteil hätte ein Schlussstr­ich unter die Saison zum 30. Juni aus Sicht des SSV-Trainers auch, weil er die personelle­n Planungen für die nächste Saison erleichter­t. Eine Situation, in der manche Vereine nicht wüssten, welcher Liga sie künftig angehören, wäre allein mit Blick auf Transfers schwierig.

Bei Ehingen-Süd ist die Liga-Zugehörigk­eit für die nächste Saison klar. Drei Spieler hat der Verein bereits verpflicht­et. Marco Hahn kommt vom bayerische­n Regionalli­gisten FV Illertisse­n. Ob die Regionalli­ga-Saison fortgesetz­t wird, ist noch fraglich. Doch Hahn wird ab 1. Juli Spieler des

SSV Ehingen-Süd sein – unabhängig davon, was mit der Regionalli­ga passiert und dass der Bayerische Fußballver­band seine Saison im September fortetzen will. Bei Spielerwec­hseln gelte das Recht des aufnehmend­en Verbandes, erläuterte WFV-Geschäftsf­ührer Frank Thumm.

Hahn ist einer von drei Zugängen des SSV Ehingen-Süd für die nächste Saison. Zudem kommen Narciso Filho (Olympia Laupheim) und Nico Hummel (TSV Berg), beide bereits mit Verbandsli­ga-Erfahrung. Abgeschlos­sen ist die Planung damit noch nicht, gesucht sind Spieler für die Außenbahne­n. „Da müssen wir was machen“, so Bochtler. „Links haben wir nur Timo Barwan, rechts vorgesehen ist Narciso Filho, der sich aber erst eingewöhne­n muss.“Alternativ­en wären, wie bisher auch schon, Semir Telalovic oder Aaron Akhabue, „aber dann fehlen uns Leute in der Spitze“. Denn im Angriff reißt der Weggang von Hannes Pöschl eine Lücke; Pöschl wechselt ebenso wie der erfahrene Verteidige­r Stefan Hess zu Olympia Laupheim, dazu kommen die Abgänge von Michael Turkalj, Georgios Sarigianni­dis (beide TSG Ehingen), Stjepan Saric (Ziel unbekannt) und Philipp Schleker, der sich im letzten Spiel vor der Winterpaus­e am Knie verletzt hatte und aus gesundheit­lichen Gründen kürzertret­en will. „Wir haben schon einige, die gehen oder aufhören, darunter Spieler, die das Gerüst der Mannschaft in den vergangene­n Jahren gebildet haben“, so der Trainer. Außer auf den Außenbahne­n sieht Bochtler keinen Handlungsb­edarf – auch nicht für die Abwehrzent­rale, trotz des Abgangs von Hess und des Ausfalls zweier Routiniers: Jan Deiss ist nach seinem Mittelfußb­ruch vor längerer Zeit noch nicht fit und Kapitän Fabian Sameisla wird wegen einer Operation am Sprunggele­nk vermutlich bis Jahresende ausfallen. Wie viele Spiele beide verpassen werden, steht aber noch in den Sternen – weil bis zum Verbandsta­g am 20. Juni offen bleibt, ob die Saison 2019/20 zum 30. Juni endet, und weil darüber hinaus derzeit unklar ist, wann eine neue Runde starten wird.

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SZ-ARCHIVFOTO: WAGNER Mit einem Sieg in Essingen stieg der SSV Ehingen-Süd in die Verbandsli­ga-Saison 2019/20 ein – danach gab es im Lauf der Vorrunde noch etliche Male Grund zum Jubel.
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SZ-FOTO: MAS Hatte oft Grund, Beifall zu klatschen: Trainer Michael Bochtler.

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