Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Weltstar mit Widersprüc­hen

Supermodel Naomi Campbell wird 50 – Ihre Wutanfälle habe sie heute im Griff

- Von Uli Hesse

LONDON (dpa) - Sie war das erste schwarze Model auf dem Titelblatt der französisc­hen „Vogue“. Bis heute präsentier­t Naomi Campbell Luxusmode auf den Laufstegen der Metropolen, wenn sie nicht gerade durch die Welt jettet, um Spenden zu sammeln. Im vergangene­n Dezember wurde sie bei den Londoner Fashion Awards mit dem höchsten Preis ausgezeich­net und als Mode-Ikone geehrt. An diesem Freitag feiert das Supermodel seinen runden Geburtstag.

„Als ich anfing, wurde ich wegen meiner Hautfarbe für bestimmte Shows nicht gebucht. Ich habe mich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen“, schrieb die gebürtige Londonerin in ihrer zweibändig­en Autobiogra­fie „Naomi Campbell“, die in limitierte­r Zahl zum Preis von knapp 2600 Euro erhältlich ist. „Ich verstand, was es bedeutete, schwarz zu sein. Man musste sich extra anstrengen. Man musste doppelt so gut sein.“

Campbell wuchs in Südlondon bei ihrer Großmutter auf. Ihre Mutter tourte als Tänzerin durch Europa, während Naomi eine Schauspiel­schule für Kinder besuchte. Schon damals trat sie im Fernsehen und in Musikvideo­s auf, unter anderem in Bob Marleys „Is This Love“. Später war sie in Videos von Michael Jackson, Aretha Franklin, George Michael und Jay-Z zu sehen.

Mit 15 wurde sie als Fotomodell entdeckt. Ihre Mutter war dagegen, doch Campbell setzte sich schließlic­h durch. Schon mit 16 flog sie regelmäßig für Aufnahmen nach Paris. Dort lernte sie den tunesische­n Designer Azzedine Alaïa (1935-2017) kennen, der sie als Vaterfigur unter seine Fittiche nahm und in die Welt der Stars einführte: Tina Turner, Jerry Hall, Grace Jones und Quincy Jones wurden zu Freunden. Titelblatt für Titelblatt

arbeitete sich das Model jamaikanis­ch-chinesisch­er Herkunft hoch und musste mit Vorurteile­n und Diskrimini­erungen kämpfen. Die gefürchtet­e Chefin der amerikanis­chen „Vogue“, Anna Wintour, hievte sie schließlic­h als erstes schwarzes Model auf das Cover der wichtigen September-Ausgabe. „Ich glaube, sie hat dafür viel Kritik geerntet“, verriet Campbell in ihrer Autobiogra­fie. „Ich werde ihr ewig dankbar sein.“Auch ihre Supermodel-Freundinne­n Christy Turlington und Linda Evangelist­a halfen ihr. „Sie sagten bestimmten Designern, wenn sie sie in ihrer Show haben wollten, müssten sie auch mich buchen. Diese Art von Unterstütz­ung war einmalig.“

Naomi Campbell ist ein Weltstar mit Widersprüc­hen. Zum einen gründete sie 2005 die gemeinnütz­ige Organisati­on Fashion For Relief, um mithilfe von Modeshows Geld für die Opfer des Hurrikans Katrina, des japanische­n Tsunamis und der EbolaEpide­mie in ganz Westafrika zu sammeln. Auslöser dafür war ihre Freundscha­ft mit Nelson Mandela (1918-2013), der für sie wie ein „Großvater“war, wie sie selbst sagte. In letzter Zeit sammelte sie vor allem Geld für Bildungspr­ogramme in Afrika. „Der größte Teil der Bevölkerun­g ist unter 30 Jahre alt. Sie brauchen diese Bildung“, erklärte das Supermodel dem US-Sender CNN.

Auf der anderen Seite ist Campbell für ihre Wutanfälle berüchtigt; viermal wurde sie wegen Körperverl­etzung verurteilt. Ihr letzter Auftritt vor Gericht war 2010, als sie im „Blutdiaman­ten“-Prozess gegen den ehemaligen liberianis­chen Präsidente­n und Kriegsverb­recher Charles Taylor aussagen musste.

Campbell steht zu ihren Fehlern: „Ich habe aus ihnen gelernt“, sagte sie „Vogue Arabia“. Und in der britischen „Jonathan Ross Show“gab sie zu: „Ich glaube, ich habe das Wort ,Wutmanagem­ent’ berühmt gemacht.“Sie war in Therapie, nahm jahrelang an Treffen der Drogenselb­sthilfegru­ppe Narcotics Anonymous teil. „Ich möchte im Licht bleiben“, erklärte sie dem „Guardian“im vergangene­n Jahr. „Ich möchte nicht in der Dunkelheit sein. Ich habe keine Depression, aber psychische Gesundheit ist mir sehr wichtig.“

Und auch ihre Gesundheit generell: In einem Video von 2019 holte sie im Flugzeug Handschuhe und Desinfekti­onstücher heraus und wischte ihren Sitz in der ersten Klasse gründlich ab. „Es ist mir egal, was die Leute über mich denken“, sagte sie, während sie putzte. „Es ist meine Gesundheit und ich fühle mich besser.“Nun hat sie im März die Fortsetzun­g veröffentl­icht: „Früher haben die Leute mich wirklich ausgelacht“, erklärte sie und demonstrie­rte, wie sie sich nun auf Flügen profession­ell mit Brille, Mundschutz, Schutzanzu­g und Burberry-Cape vor dem Coronaviru­s schützt. „Jetzt bin ich nicht lächerlich.“

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FOTO: DPA Naomi Campbell 2019 bei einer Modenshow in Paris.

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