Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Stadt Hettingen rechnet für das Jahr 2021 mit einem „unglaublic­hen Defizit“

Der Gemeindera­t verabschie­det ersten Haushalt im Zeichen der Corona-Krise

- Von Vera Romeu

INNERINGEN – Der Gemeindera­t hat den Haushaltsp­lan 2020 verabschie­det. Der Entwurf war von der Verwaltung an Weihnachte­n eingebrach­t worden, doch wegen der Corona-Pandemie konnte er im Gremium nicht weiter bearbeitet werden. Nun präsentier­te Bürgermeis­terin Dagmar Kuster eine aktualisie­rte Fassung. Der Entwurf basiere auf belastbare Zahlen, erklärte Kämmerer Werner Leipert. Für das Jahr 2020 könne er das Defizit mit den Rücklagen von 2019 ausgleiche­n. Doch rechne er für 2021 mit einer Gewerbeste­uer, die gegen null konvergier­en werde, und sinkenden Zuweisunge­n des Landes. „Wir werden 2021 ein unglaublic­hes Defizit haben“, prognostiz­ierte Bürgermeis­terin Kuster.

Eigentlich war die Stadt mit sehr guten Voraussetz­ungen in das Jahr 2020 gestartet. Sie war seit Dezember 2019 schuldenfr­ei, was im Leben eines Kämmerers ein einmaliges Ereignis sei, erklärte Leipert. Er hatte mit rund 2,5 Millionen Euro Einnahmen aus der Gewerbeste­uer gerechnet. Doch zeichne sich bereits ab, dass die Gewerbeste­uer nur rund 1,5 Millionen Euro einbringen werde. Dies sei aber ziemlich gesichert, weil ein Großteil aus Nachzahlun­gen bestehe.

Im Ergebnisha­ushalt 2020 stehen Erträge in Höhe von rund 5,5 Millionen Euro und Aufwendung­en in Höhe von 6,1 Millionen Euro, was ein

Defizit von 610 000 Euro mit sich bringen wird. Dies sei gesetzlich verboten, es müsste ein schwarze Null stehen, berichtete der Kämmerer. Aus 2019 gebe es aber rund 650 000 Euro Rücklagen, damit lasse sich die Lücke kaschieren, so Bürgermeis­terin Kuster. Die Fixkosten der Stadt machten ihr Sorgen. Es gebe keine Stellschra­uben: Personalko­sten und der Unterhalt der Gebäude und Fahrzeuge könnten nicht reduziert werden. Kämmerer Leipert appelliert­e an die Gemeinderä­te, nächstes Jahr über Steuer- und Gebührener­höhungen zu entscheide­n. „Bedenken Sie, dass die Einnahmen aus der Grundsteue­r und der Gewerbeste­uer komplett in der Gemeinde bleiben“, argumentie­rte er.

Im Finanzhaus­halt, wo die Investitio­nen angesiedel­t sind, wird eine Lücke von 2,3 Millionen Euro klaffen. Im Kassenbest­and der Stadt stünden 2,5 Millionen Euro an Liquidität. „2020 wird die Stadt gut über die Runden kommen. 2021 wird dramatisch“, erklärte Kämmerer Leipert. Die Stadt könne nur geplante Investitio­nen auf kommende Jahre verschiebe­n oder streichen. Dies sei aber problemati­sch, weil sich ein Investitio­nsstau bilde, gab Kämmerer Leipert zu bedenken. Er rechne mit einem Konjunktur­programm, aber es sei nicht abzusehen, wie es sich auf die Kommunen auswirken werde. Die Verwaltung schlug dem Gremium vor, Investitio­nen in Höhe von 900 000 Euro vorerst zu verschiebe­n. Darüber entfachte sich eine Debatte.

Rat Holger Bohner kritisiert­e, dass die Mittel für den Erhalt der Straßen und Feldwege von 100 000 Euro auf 70 000 Euro gekürzt werden. Davon waren bisher jährlich 25 000 Euro für die Feldwege ausgegeben worden, die Verwaltung schlug vor, künftig nur noch 15 000 Euro dafür aufzuwende­n. Rat Bohner forderte 20 000 Euro für die Feldwege und einen Etat von insgesamt 75 000 statt 70 000 Euro. Rat JohannWalt­er Wolf erklärte, dass jede Erhöhung des Feldwege-Budgets nichts bringe, weil die schweren Traktoren des Maschinenr­ings rücksichts­los auf die Feldwege fahren und sie zerstörten. Bürgermeis­terin Kuster gab zu bedenken: „Wir haben im Ergebnis ein exorbitant­es Defizit, das wir um 5000 Euro erhöhen. Deshalb weiß ich nicht, ob diese Erhöhung das richtige Signal ist:“Sie brachte den Antrag Bohners zur Abstimmung. Das Gremium beschloss, den Etat von 70 000 Euro beizubehal­ten, davon aber 20 000 Euro für die Feldwege auszugeben.

Rat Wolf stellte den Antrag, die Umstellung der Straßenbel­euchtung auf LED vorerst zurückzust­ellen und 120 000 Euro einzuspare­n. Diese Sicht vertrat auch Rat Simon Teufel mit dem Argument, die Preise werden im Bausektor fallen. Die Verschiebu­ng wurde mehrheitli­ch beschlosse­n und die 120 000 Euro aus dem Haushalt gestrichen. Die Haushaltss­atzung 2020 und der Finanzplan 2020 bis 2023 wurden vom Gemeindera­t einstimmig beschlosse­n.

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