Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Diebstahl mit Stil
Die Sparks klauen sich aus verschiedenen Genres zusammen, was ihnen gefällt
BERLIN (dpa) - Wer die Extravaganz des US-Duos Sparks erfassen will, kann bei ihrem ersten Hit „This Town Ain't Big Enough for Both of Us“beginnen und beim neuen Song „Stravinsky's Only Hit“aufhören. Dazwischen liegt ein musikalisches Gesamtwerk aus fast 50 Jahren, das in seiner bunt schillernden Grandezza einmalig ist. Vom Glamrock der 70er- Jahre über Disco und SynthiePop bis zu kammermusikalischen Klängen – kaum ein Genre war vor den beiden Brüdern sicher, stets wurde aus dreistem Stil-Diebstahl virtuoser Pop in Reinkultur. Die Sparks leben vom überdrehten Gesang von Russell Mael und dem Keyboard-Klanggemälde seines Bruders Ron und haben auch auf ihrem aktuellen Album wieder jede Menge raffinierte Pop-Operetten untergebracht.
„A Steady Drip, Drip, Drip“, das mittlerweile 24. Studioalbum der Sparks, zeigt, zu welchen Kabinettstückchen Multiinstrumentalist Ron Mael (74) und Sänger Russell Mael (71) immer noch in der Lage sind. Erneut beweisen sie ihre große Stärke, aus überwiegend elektronischen Sounds, schrägen Texten („I'm Toast“, „Onomato Pia“) und theatralisch überdrehten Vocals allerfeinste Pop-Operetten zu basteln.
Als „Staubsauger des Pop“, die Trends und Moden unersättlich, aber auch stilvoll aufgesogen haben, bezeichnete sie jüngst voller Respekt das Magazin „Rolling Stone“. Andere Kritiker betonen, dass die Maels selbst großen Einfluss ausübten, dass etwa der Sound von Pet Shop Boys, Pulp oder Depeche Mode ohne die Sparks undenkbar wäre. Die Zeitlosigkeit ihrer Musik spiegelt sich auch im äußerlichen Bild der Brüder: Ron mit Brille und dünnem MenjouBärtchen (früher war es ein ChaplinSchnauzer), Russell alterslos mit
Wuschelkopf. Wie relevant und agil die Sparks auch nach fast fünf PopDekaden noch sind, machen nicht nur die 14 neuen Lieder des Albumnachfolgers von „Hippopotamus“(2017) deutlich. Kürzlich wurde die Verfilmung ihres Musicals „Annette“mit Adam Driver und Marion Cotillard unter der Regie des Franzosen Leos Carax bekannt. Zudem soll es dieses Jahr eine Sparks-Dokumentation von Edgar Wright („Shaun Of The Dead“, „Baby Driver“) geben.