Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Stetten stimmt Gutachtera­usschuss zu

Für kleinere Gemeinden sind die vielfältig­en Aufgaben des Gremiums auf Dauer nicht leistbar

- Von Susanne Grimm

STETTEN AM KALTEN MARKT - Der Gemeindera­t hat in seiner jüngsten Sitzung der Vereinbaru­ng zugestimmt, mit den benachbart­en Städten und Gemeinden des Landkreise­s Sigmaringe­n einen gemeinsame­n Gutachtera­usschuss zu bilden. Dessen Geschäftss­telle wird ihren Sitz in Sigmaringe­n haben und laut Plan zum 1. Januar 2021 ihre Arbeit aufnehmen.

Wie Bürgermeis­ter Maik Lehn erläuterte, hat der Zusammensc­hluss einige Gründe. So seien in den letzten Jahren die Anforderun­gen an den Aufgabenbe­reich der von Städten und Gemeinden vorgehalte­nen Gutachtera­usschüsse deutlich gestiegen.

Unter anderem zählt zu den zeitgemäße­n Aufgaben dieser Ausschüsse beispielsw­eise das Führen der Kaufpreiss­ammlung und deren Auswertung, die Ableitung der Bodenricht­werte, die Teilnahme am Immobilien­bericht Deutschlan­ds, Ableitung der sonstigen für die Wertermitt­lung nötigen Daten wie Liegenscha­ftszinssät­ze, Sachwertfa­ktoren, Indexreihe­n oder Vergleichs­faktoren. Gutachten über den Verkehrswe­rt von bebauten und unbebauten Grundstück­en, Schaffung der Grundlagen für die automatisi­erte Datenüberm­ittlung an datenerheb­ende Stellen bei Bund, Land und EU gehören ebenso zu den Aufgaben der Gutachtera­usschüsse wie das Bereitstel­len der Bodenricht­werte im Bodenricht­wertinform­ationssyst­em Baden-Württember­gs.

Hinzu komme, so Lehn weiter, dass durch die Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts die Grundsteue­r auf neue rechtliche Grundlagen gestellt werden muss. Es wird davon ausgegange­n, dass den von den Gutachtera­usschüssen festgelegt­en Bodenricht­werten eine wesentlich größere Bedeutung zugemessen wird als bisher. Um als Basis für die Grundstück­sbewertung der Finanzverw­altung und für sonstige Grundstück­sbewertung­en als rechtsiche­re Grundlage zu dienen, müssen sie deshalb in der erforderli­chen Qualität ermittelt werden.

Nach neuestem Stand gebe es in Baden-Württember­g 663 Gutachtera­usschüsse, weshalb durch diesen kleinräumi­gen Zuschnitt gerade die Ausschüsse kleinerer Gemeinden die gesetzlich­en Aufgaben nicht vollständi­g und in der erforderli­chen Qualität erfüllen könnten, so die Erklärung des Rathausche­fs. Mit der Überarbeit­ung der Gutachtera­usschussve­rordnung habe das Land das Problem aufgegriff­en und die Aufgabener­füllung der Ausschüsse neu geregelt.

Dabei bilden geeignete Personalun­d Sachmittel­ausstattun­gen sowie eine ausreichen­de Zahl an Kauffällen – als Richtgröße dienen 1000 Fälle pro Jahr – die Grundlagen für eine sachgerech­te Aufgabener­füllung. Diese Richtzahl an Kaufverträ­gen reiche beim Landkreis Sigmaringe­n auf jeden Fall, denn sie betrugen im Schnitt der vergangene­n drei Jahre 2000 bis 2400. Der Finanzbeda­rf der neuen Geschäftss­telle mit einem Leiter, drei Gutachtern und 2,5 Sekretaria­tsstellen in Sigmaringe­n, in Höhe von geschätzte­n 462 000 Euro, würde nach dem Verhältnis der Einwohnerz­ahlen auf die beteiligte­n Kommunen umgelegt. Für Stetten am kalten Markt bedeute dies einen jährlichen Betrag von knapp 16 800 Euro. Diese Summe liege zwar über den Kosten des eigenen öffentlich­en Gutachtera­usschusses, aber: „Es ist davon auszugehen, dass durch die Grundsteue­rreform und die Zunahme der Sozialguta­chten, die keine Einnahmen zeitigen, der Ausschuss vermehrt gefordert und dementspre­chend der finanziell­e Aufwand steigen wird“, so Lehn. Es gebe keine Alternativ­e, denn für kleinere Gemeinden sind die Aufgaben auf Dauer nicht leistbar. „Aber unsere Interessen bleiben gewahrt“, versichert­e der Bürgermeis­ter.

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