Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Stetten stimmt Gutachterausschuss zu
Für kleinere Gemeinden sind die vielfältigen Aufgaben des Gremiums auf Dauer nicht leistbar
STETTEN AM KALTEN MARKT - Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung der Vereinbarung zugestimmt, mit den benachbarten Städten und Gemeinden des Landkreises Sigmaringen einen gemeinsamen Gutachterausschuss zu bilden. Dessen Geschäftsstelle wird ihren Sitz in Sigmaringen haben und laut Plan zum 1. Januar 2021 ihre Arbeit aufnehmen.
Wie Bürgermeister Maik Lehn erläuterte, hat der Zusammenschluss einige Gründe. So seien in den letzten Jahren die Anforderungen an den Aufgabenbereich der von Städten und Gemeinden vorgehaltenen Gutachterausschüsse deutlich gestiegen.
Unter anderem zählt zu den zeitgemäßen Aufgaben dieser Ausschüsse beispielsweise das Führen der Kaufpreissammlung und deren Auswertung, die Ableitung der Bodenrichtwerte, die Teilnahme am Immobilienbericht Deutschlands, Ableitung der sonstigen für die Wertermittlung nötigen Daten wie Liegenschaftszinssätze, Sachwertfaktoren, Indexreihen oder Vergleichsfaktoren. Gutachten über den Verkehrswert von bebauten und unbebauten Grundstücken, Schaffung der Grundlagen für die automatisierte Datenübermittlung an datenerhebende Stellen bei Bund, Land und EU gehören ebenso zu den Aufgaben der Gutachterausschüsse wie das Bereitstellen der Bodenrichtwerte im Bodenrichtwertinformationssystem Baden-Württembergs.
Hinzu komme, so Lehn weiter, dass durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Grundsteuer auf neue rechtliche Grundlagen gestellt werden muss. Es wird davon ausgegangen, dass den von den Gutachterausschüssen festgelegten Bodenrichtwerten eine wesentlich größere Bedeutung zugemessen wird als bisher. Um als Basis für die Grundstücksbewertung der Finanzverwaltung und für sonstige Grundstücksbewertungen als rechtsichere Grundlage zu dienen, müssen sie deshalb in der erforderlichen Qualität ermittelt werden.
Nach neuestem Stand gebe es in Baden-Württemberg 663 Gutachterausschüsse, weshalb durch diesen kleinräumigen Zuschnitt gerade die Ausschüsse kleinerer Gemeinden die gesetzlichen Aufgaben nicht vollständig und in der erforderlichen Qualität erfüllen könnten, so die Erklärung des Rathauschefs. Mit der Überarbeitung der Gutachterausschussverordnung habe das Land das Problem aufgegriffen und die Aufgabenerfüllung der Ausschüsse neu geregelt.
Dabei bilden geeignete Personalund Sachmittelausstattungen sowie eine ausreichende Zahl an Kauffällen – als Richtgröße dienen 1000 Fälle pro Jahr – die Grundlagen für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung. Diese Richtzahl an Kaufverträgen reiche beim Landkreis Sigmaringen auf jeden Fall, denn sie betrugen im Schnitt der vergangenen drei Jahre 2000 bis 2400. Der Finanzbedarf der neuen Geschäftsstelle mit einem Leiter, drei Gutachtern und 2,5 Sekretariatsstellen in Sigmaringen, in Höhe von geschätzten 462 000 Euro, würde nach dem Verhältnis der Einwohnerzahlen auf die beteiligten Kommunen umgelegt. Für Stetten am kalten Markt bedeute dies einen jährlichen Betrag von knapp 16 800 Euro. Diese Summe liege zwar über den Kosten des eigenen öffentlichen Gutachterausschusses, aber: „Es ist davon auszugehen, dass durch die Grundsteuerreform und die Zunahme der Sozialgutachten, die keine Einnahmen zeitigen, der Ausschuss vermehrt gefordert und dementsprechend der finanzielle Aufwand steigen wird“, so Lehn. Es gebe keine Alternative, denn für kleinere Gemeinden sind die Aufgaben auf Dauer nicht leistbar. „Aber unsere Interessen bleiben gewahrt“, versicherte der Bürgermeister.