Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Güterzüge rollen bald auf der Räuberbahn
Containerterminal in Pfullendorf wieder ans Netz angeschlossen – Freizeitbahn fährt bald
OSTRACH/PFULLENDORF - Unter Freizeitsuchenden ist die Räuberbahn längst ein Begriff, Güterzüge sind bislang nur vereinzelt auf der Strecke zwischen Pfullendorf und Aulendorf unterwegs. Das soll sich nun ändern.
Für den Ausbau des Güterverkehrs auf den Schienen haben die Eigentümer der Strecke – Pfullendorf, Ostrach und Altshausen – einen entscheidenden Schritt geschafft: Das lange Zeit brachliegende Containerterminal in Pfullendorf ist wieder ans Netz angeschlossen. Ab sofort können von dort Güterzüge mit Containern in Richtung Aulendorf und somit ans weitere Schienennetz fahren. „Der Aufwand war überschaubar, da die Infrastruktur weitgehend intakt war“, sagt Eisenbahnbetriebsleiter Frank von Meißner. Vom Terminal aus hatte früher unter anderem Alno seine Küchen auf den Transportweg gebracht, seit Anfang der 2000er-Jahre lag das Gelände aber brach. Ende 2018 fand eine erste Inspektionsfahrt statt. „Da sich die Natur vor allem auch im Gleisbereich breitgemacht hatte, musste hier und da nachgebessert werden, aber es musste nichts extra gebaut werden“, berichtet von Meißner. Die Gleise stünden nun wieder für den Güterumschlag zur Verfügung. Ansprechpartner dafür sei die Holzwerke Rückerl GmbH. Der Eisenbahnbetriebsleiter
beurteilt die vorhandene Infrastruktur als sehr gut. Die Bereiche zum Beladen seien asphaltiert, zum Umsetzen von Containern sei ein sogenannter Reach Stacker vorhanden. „Vom Container über Holz bis zum Schüttgut ist alles möglich. Wir wollen da in alle Richtungen denken und offen sein“; sagt von Meißner.
Was nun noch fehlt, ist ein Datum für die erste Fahrt. „Aufgrund der Corona-Pandemie und der aktuell schwachen wirtschaftlichen Lage ist der Zeitpunkt etwas ungünstig, aber wir wollten nicht abwarten, wenn wir so etwas auf den Weg bringen können“, sagt von Meißner. Daher seien die Kommunen als Betreiber der Strecke nun in Vorleistung gegangen, im Vertrauen darauf, dass die Nachfrage sich einstellen wird. Mit dem seit Jahren geplanten Container-Umschlagplatz
Boxtango in Ostrach hat das Vorhaben der Räuberbahn-Betreiber nichts zu tun. Seit Mitte 2015 gibt es das Unternehmen Boxtango in Ostrach. Auf dem Gelände des früheren Holzhofes der Gemeinde am Fabrikweg sollte ein Containerterminal entstehen. Entwickelt hat sich bislang auf dem Areal aber wenig. „Ich sehe das sportlich und nicht als Konkurrenz. Wenn sich dort etwas entwickelt, wäre eine Kooperation denkbar“, sagt von Meißner. Doch auch ohne Terminal in Ostrach können nun Containerzüge auf der Strecke rollen, erlaubt ist eine maximale Zuglänge von 400 Metern. „Das entspricht einer Containerkapazität von 20 bis 30 Stück“, errechnet von Meißner. Angesichts des Fachkräftemangels auch im Bereich der Lastwagenfahrer sei es denkbar, dass etwa vom großen Containerterminal
in Ulm nicht mehr 30 Lastwagen auf den Straßen in die Region unterwegs sind, sondern ein Zug auf der Schiene.
Dass die Züge nun überhaupt ungehindert zwischen Pfullendorf und dem restlichen Schienennetz rollen können, ist auch der Brücke der Ortsumfahrung über die Bahnstrecke zu verdanken – ursprünglich war dort ein Damm geplant. Denn als die Straße geplant wurde, war der Schienenabschnitt zwischen Pfullendorf und Altshausen stillgelegt.
Von Meißner war ursprünglich als Bahnfachmann involviert, als im Frühjahr 2008 die Gleise im Bereich des Altshauser Sägewerks reaktiviert wurden. Als damals die Details für den Bau der Ortsumfahrung Pfullendorf zeigten, dass ein späterer Anschluss der Stadt an einem Straßendamm scheitern würde, erkundigte sich von Meißner, wie sich dies verhindern lassen könnte. „Die Antwort war einfach: Bevor gebaut wird, müsste ein anderer Verkehrsweg vorhanden sein“, erklärt der Eisenbahnbetriebsleiter. Mit einer reaktivierten Bahnstrecke wären also die Planer der Ortsumfahrung gezwungen, eine Brücke anstatt eines Damms zu bauen. „Ende 2008 beschleunigte das bei den Anliegern die Entscheidung, die Strecke wieder zu reaktivieren“, erinnert sich von Meißner. Jüngst ist der Rohbau fertig geworden, der auf eine eventuelle Elektrifizierung vorbereitet ist.