Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Weiter Streit um das Lufthansa-Rettungspaket
Billigflieger Ryanair will gegen „rechtswidrige staatliche Beihilfen“vorgehen – EU-Kommission hält sich bedeckt
FRANKFURT/MÜNCHEN (dpa) Das neun Milliarden Euro schwere Corona-Hilfspaket des Bundes für die Lufthansa bleibt umstritten. Während CSU-Chef Markus Söder und Frankfurts Flughafenbetreiber Fraport am Dienstag dem heimischen Konzern den Rücken stärkten, kritisierte Ryanair-Chef Michael O’Leary die angepeilten Staatshilfen über neun Milliarden Euro scharf. Der Ire beklagte eine massive Wettbewerbsverzerrung. Ryanair werde gegen dieses Beispiel „rechtswidriger staatlicher Beihilfen“vorgehen. Die EU-Kommission, die dem Paket noch zustimmen muss, sieht die Hilfen offenbar weiter kritisch.
Nach eigenen Angaben haben die Wettbewerbshüter in Brüssel noch nicht mit der Prüfung des Rettungspakets für die Fluglinie begonnen. Zu möglichen Auflagen für die Lufthansa, die die EU-Kommission für ihre Zustimmung verlangen könnte, gab es am Dienstag keine Aussagen. Aus Unionskreisen hatte es zuletzt geheißen, die Kommission fordere von der Lufthansa, Start- und Landerechte – sogenannten Slots – an den Drehkreuzen München und Frankfurt abzugeben. Dagegen wehrte sich der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport: Die Lufthansa müsse als Netzwerkanbieter ihren Marktanteil halten und ausbauen dürfen, erklärte Vorstandschef Stefan Schulte am Dienstag. Laut „Spiegel“hat auch Bundeskanzlerin Angela Merkel im CDU-Präsidium einen „harten Kampf“dagegen versprochen.
Am Montag hatten Bundesregierung und Lufthansa bekannt gegeben, dass das staatliche Hilfspaket für die deutsche Fluggesellschaft steht. Dass die deutschen Staatshilfen keineswegs einmalig sind, zeigte der Welt-Airlineverband IATA am Dienstag. Nach dessen Berechnung sollen Gesellschaften weltweit staatliche Hilfen von 112 Milliarden Euro erhalten.
BERLIN (dpa) - Je länger die CoronaPandemie unser Leben bestimmt, desto stärker trübt sich die Stimmung der Menschen in Deutschland ein. Laut einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach blicken aktuell nur noch 22 Prozent der Bevölkerung mit Hoffnungen auf das kommende Jahr. 44 Prozent der Befragten sehen den kommenden zwölf Monaten dagegen mit Befürchtungen entgegen. 27 Prozent äußern Skepsis.
Dass die Oppositionsparteien aus den zahlreichen Ängsten und Sorgen, die derzeit die Deutschen bewegen, bislang kaum Kapital schlagen können, hängt mit dem relativ großen Vertrauen in das Krisenmanagement der Bundesregierung zusammen. In der zweiten Maiwoche zeigten sich rund drei Viertel der mehr als 1000 befragten Bürger mit der Arbeit der Regierung zufrieden. Eine Ausnahme bilden hier nur die AfD-Wähler. 62 Prozent der Anhänger der Rechtspopulisten sind der Meinung, die Bundesregierung leiste hier keine gute Arbeit.
Die größte Zustimmung erntet in der Krise Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die bei der Lockerung der Anti-Corona-Maßnahmen immer wieder mehr Vorsicht angemahnt hat. Fast genauso zufrieden sind die Bürger mit Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) (70 Prozent). Das Krisenmanagement von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) finden dagegen nur 32 Prozent der Befragten überzeugend.
Die Angst, sich persönlich mit dem Coronavirus zu infizieren, ist in Deutschland zwar in den vergangenen Wochen gesunken. Waren es im April noch 44 Prozent, die fürchteten, sich mit dem Erreger der Lungenkrankheit Covid-19 zu infizieren, so sind es einen Monat später nur noch 31 Prozent.
Größer geworden ist dagegen die Angst vor Wohlstandsverlust als Folge der Pandemie. Diese Sorge treibt laut Umfrage auch diejenigen um, die persönlich bis jetzt noch keine Einkommenseinbußen erlitten haben. Dass sich die Konjunktur in den kommenden zwölf Monaten noch nicht erholen wird, erwarten 70 Prozent der Bevölkerung. 46 Prozent der Teilnehmer der Befragung sagen, sie rechnen mit einer Verschlechterung ihrer eigenen wirtschaftlichen Lage durch die Pandemie.
Hier bietet sich für die Opposition eine Angriffsfläche, die einige Politiker auch bereits nutzen. Vor allem aus der FDP kommen seit Wochen Rufe nach einer schnelleren Aufhebung
der strengen Vorschriften. Die AfD befeuert dagegen vor allem das Misstrauen der Minderheit, die hinter staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie geheime Interessen – etwa eine anlasslose Überwachung der Bürger – wittert. Dass sich das für die Rechtspopulisten trotzdem nicht auszahlt – in Wählerumfragen lag die AfD zuletzt zwischen neun und zwölf Prozent – könnte zwei Gründe haben. Erstens hat die Partei mit der Beobachtung ihres rechtsnationalen Flügels durch den Verfassungsschutz und den Streit um den Rauswurf des langjährigen
AfD-Landeschefs Andreas Kalbitz Schlagzeilen gemacht. Zweitens würde ein Teil der Menschen, die in sozialen Netzwerken und bei sogenannten Hygienedemos ihre Skepsis zum Ausdruck bringt, niemals eine rechte Partei wählen. Um herauszufinden, wie viele Menschen für Verschwörungstheorien
im Zusammenhang mit Covid-19 empfänglich sind, haben die Demoskopen des Allensbach-Instituts gefragt: „Man hört ja manchmal, dass es bei den Maßnahmen gegen die Corona-Krise um etwas ganz anderes geht als das, was Politik und Medien sagen. Ist da Ihrer Meinung nach etwas dran, oder ist das Ihrer Meinung nach ein unbegründeter Verdacht?“
Eine Mehrheit von 56 Prozent hält diesen Verdacht für unbegründet. 17 Prozent sind unentschieden. Immerhin 27 Prozent der Befragten glauben aber, da sei etwas dran. Auch hier stechen die AfD-Anhänger heraus: 76 Prozent von ihnen glauben, die politisch Verantwortlichen verfolgten mit den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie eigentlich ganz andere Ziele. Von den Wählern der SPD vertreten nur acht Prozent diese Auffassung. Bei den Anhängern der anderen im Bundestag vertretenen Parteien liegen die Werte zwischen 20 und 29 Prozent.
Über alle Parteigrenzen hinweg sind sich die Bundesbürger einig, dass die Krise gezeigt hat, dass das deutsche Gesundheitssystem trotz Personalmangels und Engpässen bei der Schutzausrüstung deutlich besser gerüstet ist als andere Länder. Große Defizite sehen die Bürger dagegen in anderen Bereichen – etwa in den Schulen und bei der Digitalisierung. „Die Corona-Krise hat für fast jeden Bürger spürbar gemacht, wie rückständig Deutschland in Sachen Digitalisierung ist“, sagt Klaus Schweinsberg vom Centrum für Strategie und Höhere Führung, das die Umfrage in Auftrag gegeben hatte.