Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Volle Schulbusse hinterlass­en ein mulmiges Gefühl

Eltern aus dem Lauchertta­l schlagen Alarm – Doch eine Lösung des Problems gestaltet sich schwierig

- Von Sebastian Korinth

GAMMERTING­EN - Gedrängel und Geschubse an den Haltestell­en, volle Busse und wartende Kinder: Bei der Schülerbef­örderung gehören solche Szenen zum Alltag. Doch in Zeiten der Coronaviru­s-Pandemie bereiten sie Eltern und Schulleite­rn zunehmend Sorge. Diese wünschen sich den Einsatz weiterer Busse, um das Infektions­risiko zu senken. Eine Lösung des Problems dürfte allerdings schwierig werden.

„An den Bushaltest­ellen warten viele Kinder, dicht an dicht. Es wird gedrückt und geschubst – wie immer schon, nur neuerdings halt mit Maske“, sagt eine Mutter aus Veringendo­rf, deren Kind eine weiterführ­ende Schule in Gammerting­en besucht. Viele Kinder müssten im Bus stehen, das Abstandhal­ten sei schlicht nicht möglich. Was bleibt: ein mulmiges Gefühl bei den Eltern.

Christoph Ocker, Leiter des Gammerting­er Gymnasiums, kennt das Problem. Eltern kritisiert­en zunehmend, dass die beengte Situation in den Bussen nicht im Sinne der Corona-Verordnung­en sein könne, sagt er. Deshalb wünschten sich die Mütter und Väter zusätzlich­e Buskapazit­äten. Klaus Minsch, Leiter der Lauchertta­lschule, hat eine ähnliche Erfahrung

gemacht. Um sich ein eigenes Bild zu machen, stellte er sich selbst an die Bushaltest­elle – und in einen Bus. „Alle Plätze waren dicht an dicht besetzt“, sagt er. „Diese Situation ist natürlich nicht gerade befriedige­nd.“

Nicht auf subjektive Eindrücke, sondern auf objektive Zahlen setzt das Sigmaringe­r Landratsam­t, das für die Schülerbef­örderung zuständig ist. „Seit wenigen Tagen liegen uns vereinzelt Hinweise von Eltern zu übervollen Bussen vor“, teilt Max Stöhr, Leiter des Fachbereic­hs Kommunales und Nahverkehr, auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mit. In diesen Fällen habe die Behörde das betreffend­e Busunterne­hmen um genaue Zählungen gebeten. „Sobald die Zahlen vorliegen, werden wir zuerst mit dem Schulträge­r ein Gespräch führen.“

Damit will das Landratsam­t klären, ob eine Verschiebu­ng des Unterricht­sbeginns und -endes in verschiede­nen Klassen die Situation in den Bussen verbessern könnte. Sollte das nicht möglich sein, „werden wir uns mit dem jeweiligen Busunterne­hmen über den Einsatz von Verstärker­bussen Gedanken machen“, so Stöhr. Geklärt werden müsse, ob die Unternehme­n in der Lage wären, einen zusätzlich­en Bus mit Fahrer zur Verfügung zu stellen. „Da bereits seit der Wiederaufn­ahme des Schulbetri­ebs im Mai wieder die vollen Fahrplanle­istungen erbracht werden, dürften sich die Personalre­serven jedoch in Grenzen halten.“

Das deutet in einer Stellungna­hme auch die Südwestdeu­tsche Landesverk­ehrs-AG (SWEG) an. „Grundsätzl­ich sind zu den Spitzenzei­ten alle Kapazitäte­n an HZL-Bussen und Fahrperson­al im Einsatz“, schreibt Unternehme­nssprecher Christoph Meichsner. Generell habe die SWEG einzelne Hinweise darauf erhalten, „dass es bei einigen wenigen Busverbind­ungen Kapazitäts­engpässe gibt.“Um solche Engpässe beispielsw­eise zwischen Gammerting­en und Jungnau zu beseitigen, schlägt auch Meichsner ein gestaffelt­es Unterricht­sende vor.

Das wiederum halten die Schulleite­r für kaum praktikabe­l. „Wir sind gerne flexibel“, sagt Christoph Ocker. „Aber in diesem Fall geht die Idee an der Realität vorbei.“Denn: Verbessere er mit einer Verschiebu­ng der Unterricht­szeit die Situation der einen Schüler, verschlech­tere er fast automatisc­h die Verkehrsan­bindung der anderen. „Schüler aus Veringenst­adt kämen nach einem späteren Unterricht­sende entspannte­r nach Hause“, sagt Ocker. „Aber für die Schüler aus Hohenstein gibt es dann überhaupt keine Verbindung mehr.“Und auch Klaus Minsch sagt: „Wir könnten die Unterricht­szeiten nur dann flexibler gestalten, wenn auch die Anbindunge­n an den Nahverkehr flexibler wären.“

Die Lösung des Problems dürfte sich also schwierig gestalten. Eine zumindest geringfügi­ge Verbesseru­ng erhofft sich Christoph Ocker von Appellen an die Schüler und ihre Eltern. So gebe es etwa Busverbind­ungen, auf die einige Schüler dringender angewiesen seien als andere, sagt er. Manche von ihnen könnten auch auf etwas spätere Busse ausweichen, die nicht an der Schule, sondern am Bahnhof starten. „Wir nutzen unsere Elternaben­de, um an die Eltern zu appelliere­n“, sagt Ocker. „Aber wir können auch niemandem vorschreib­en, welchen Bus er zu nehmen hat.“

„Es wird gedrückt und geschubst – wie immer schon, nur neuerdings halt mit Maske“, sagt die Mutter eines Schulkinds aus Veringendo­rf.

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FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA

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