Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Volle Schulbusse hinterlassen ein mulmiges Gefühl
Eltern aus dem Laucherttal schlagen Alarm – Doch eine Lösung des Problems gestaltet sich schwierig
GAMMERTINGEN - Gedrängel und Geschubse an den Haltestellen, volle Busse und wartende Kinder: Bei der Schülerbeförderung gehören solche Szenen zum Alltag. Doch in Zeiten der Coronavirus-Pandemie bereiten sie Eltern und Schulleitern zunehmend Sorge. Diese wünschen sich den Einsatz weiterer Busse, um das Infektionsrisiko zu senken. Eine Lösung des Problems dürfte allerdings schwierig werden.
„An den Bushaltestellen warten viele Kinder, dicht an dicht. Es wird gedrückt und geschubst – wie immer schon, nur neuerdings halt mit Maske“, sagt eine Mutter aus Veringendorf, deren Kind eine weiterführende Schule in Gammertingen besucht. Viele Kinder müssten im Bus stehen, das Abstandhalten sei schlicht nicht möglich. Was bleibt: ein mulmiges Gefühl bei den Eltern.
Christoph Ocker, Leiter des Gammertinger Gymnasiums, kennt das Problem. Eltern kritisierten zunehmend, dass die beengte Situation in den Bussen nicht im Sinne der Corona-Verordnungen sein könne, sagt er. Deshalb wünschten sich die Mütter und Väter zusätzliche Buskapazitäten. Klaus Minsch, Leiter der Laucherttalschule, hat eine ähnliche Erfahrung
gemacht. Um sich ein eigenes Bild zu machen, stellte er sich selbst an die Bushaltestelle – und in einen Bus. „Alle Plätze waren dicht an dicht besetzt“, sagt er. „Diese Situation ist natürlich nicht gerade befriedigend.“
Nicht auf subjektive Eindrücke, sondern auf objektive Zahlen setzt das Sigmaringer Landratsamt, das für die Schülerbeförderung zuständig ist. „Seit wenigen Tagen liegen uns vereinzelt Hinweise von Eltern zu übervollen Bussen vor“, teilt Max Stöhr, Leiter des Fachbereichs Kommunales und Nahverkehr, auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit. In diesen Fällen habe die Behörde das betreffende Busunternehmen um genaue Zählungen gebeten. „Sobald die Zahlen vorliegen, werden wir zuerst mit dem Schulträger ein Gespräch führen.“
Damit will das Landratsamt klären, ob eine Verschiebung des Unterrichtsbeginns und -endes in verschiedenen Klassen die Situation in den Bussen verbessern könnte. Sollte das nicht möglich sein, „werden wir uns mit dem jeweiligen Busunternehmen über den Einsatz von Verstärkerbussen Gedanken machen“, so Stöhr. Geklärt werden müsse, ob die Unternehmen in der Lage wären, einen zusätzlichen Bus mit Fahrer zur Verfügung zu stellen. „Da bereits seit der Wiederaufnahme des Schulbetriebs im Mai wieder die vollen Fahrplanleistungen erbracht werden, dürften sich die Personalreserven jedoch in Grenzen halten.“
Das deutet in einer Stellungnahme auch die Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG (SWEG) an. „Grundsätzlich sind zu den Spitzenzeiten alle Kapazitäten an HZL-Bussen und Fahrpersonal im Einsatz“, schreibt Unternehmenssprecher Christoph Meichsner. Generell habe die SWEG einzelne Hinweise darauf erhalten, „dass es bei einigen wenigen Busverbindungen Kapazitätsengpässe gibt.“Um solche Engpässe beispielsweise zwischen Gammertingen und Jungnau zu beseitigen, schlägt auch Meichsner ein gestaffeltes Unterrichtsende vor.
Das wiederum halten die Schulleiter für kaum praktikabel. „Wir sind gerne flexibel“, sagt Christoph Ocker. „Aber in diesem Fall geht die Idee an der Realität vorbei.“Denn: Verbessere er mit einer Verschiebung der Unterrichtszeit die Situation der einen Schüler, verschlechtere er fast automatisch die Verkehrsanbindung der anderen. „Schüler aus Veringenstadt kämen nach einem späteren Unterrichtsende entspannter nach Hause“, sagt Ocker. „Aber für die Schüler aus Hohenstein gibt es dann überhaupt keine Verbindung mehr.“Und auch Klaus Minsch sagt: „Wir könnten die Unterrichtszeiten nur dann flexibler gestalten, wenn auch die Anbindungen an den Nahverkehr flexibler wären.“
Die Lösung des Problems dürfte sich also schwierig gestalten. Eine zumindest geringfügige Verbesserung erhofft sich Christoph Ocker von Appellen an die Schüler und ihre Eltern. So gebe es etwa Busverbindungen, auf die einige Schüler dringender angewiesen seien als andere, sagt er. Manche von ihnen könnten auch auf etwas spätere Busse ausweichen, die nicht an der Schule, sondern am Bahnhof starten. „Wir nutzen unsere Elternabende, um an die Eltern zu appellieren“, sagt Ocker. „Aber wir können auch niemandem vorschreiben, welchen Bus er zu nehmen hat.“
„Es wird gedrückt und geschubst – wie immer schon, nur neuerdings halt mit Maske“, sagt die Mutter eines Schulkinds aus Veringendorf.