Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Laizer Rockerclub im Visier der Justiz

Mitglieder sollen mit Drogen gehandelt und ein Auto angezündet haben.

- Von Michael Hescheler

HECHINGEN - Langsamen Schrittes geht der Präsident des Rockerclub­s Black Warriors zur Anklageban­k. Die Fußfesseln erlauben ihm nur kleine Schritte. Im Zuschauerb­ereich sitzen zwei Frauen, zu denen er Blickkonta­kt aufnimmt. In den Händen hält er eine durchsicht­ige Tüte mit zwei Äpfeln und einem Getränk. Der Mann mit dem durchdring­enden Blick trägt smarte, braune Lederschuh­e und eine Jacke in Tarnfarben. Im Sitzungssa­al des Landgerich­ts Hechingen nimmt der Präsident standesgem­äß in der vorderen Reihe Platz, sein untergeben­es Mitglied hinter ihm.

Der 43-Jährige hat im November 2019 ein Klubmitgli­ed dazu angestifte­t, in Überlingen einen Volvo anzuzünden. Diesen Vorwurf der Staatsanwa­ltschaft räumt der Präsident über seinen Anwalt ein. Jedoch erst, nachdem das 27-jährige Klubmitgli­ed gestand, dass er den Volvo am linken hinteren Reifen in Brand steckte. Das Opfer hatte im Zeugenstan­d geschilder­t, dass die Drohungen der Rocker, die den Brandansch­lag zur Folge hatte, seine Familie psychisch stark belasteten. Der Überlinger hatte Streit mit einer Baufirma, die Hals über Kopf die Baustelle an seinem Haus verlassen hatte. Deshalb hatte er offene Rechnungen nicht beglichen – nicht ahnend, dass die polnische Firma die Rocker zum Geldeintre­iben engagieren würde.

Dass die Klubräume der Black Warriors an der

Laizer Hauptstraß­e als Umschlagpl­atz für Drogen genutzt worden sein sollen, dazu schweigt der Präsident. Aus Sicht der Staatsanwa­ltschaft sind die Vorzeichen klar: Eine Vertrauens­person der Polizei lenkte die Aufmerksam­keit der Ermittler im Sommer vergangene­n Jahres auf das frühere Gasthaus Donautal, das die Rocker seit einigen Jahren als Klubhaus nutzen. Der Präsident soll Marihuana und Kokain sowohl an Klubmitgli­eder als auch an externe Kunden verkauft haben.

Die Vertrauens­person selbst darf vor Gericht nicht aussagen, weil ihr

„Es roch im Auto stark nach Marihuana“, beschreibt ein Polizist den Fund der Drogen, die in 18 Päckchen versteckt waren.

der Oberstaats­anwalt Vertraulic­hkeit zusicherte. Eine Anfrage des Landgerich­ts blockte das Innenminis­terium ab. „Die Vertrauens­person ist sehr zuverlässi­g, ich kenne sie schon länger“, sagt der Kriminalha­uptkommiss­ar, der direkt mit ihr zusammenar­beitet. Nachfragen der Anwälte beantworte­t er kaum, weil es ihm sein Dienstherr untersagt. Auf die Aussagen der Vertrauens­person gründet die Polizei ihre Ermittlung­en. Sie kundschaft­et den in Pfullendor­f wohnenden Präsidente­n aus und hört sein Telefon ab. Die Beamten erlangten so von einer Reihe von Drogengesc­häften Kenntnis. Mindestens 11,6 Kilogramm Marihuana soll der RockerPräs­ident gekauft haben, um es gewinnbrin­gend in Umlauf zu bringen.

Als Lieferante­n sollen zwei nicht zur Rocker-Gruppe gehörende 24 und 34 Jahre alte Männer aus Albanien fungiert haben, sie sollen die Drogen aus Holland nach Sigmaringe­n gebracht haben. Die beiden Männer schweigen bislang vor Gericht.

Sowohl DNA-Spuren an den Klebestrei­fen der Pakete als auch Aussagen in den abgehörten Telefonges­prächen dürften die beiden Männer überführen. Laut einer Zeugenauss­age sollen die Drogenlief­eranten auch mit der kalabrisch­en Mafia 'Ndrangheta in Kontakt gestanden haben.

Auch den Drogenexpr­ess beschattet­en Zoll und Polizei und griffen Anfang April zu, als ein weißer Kastenwage­n auf der A 81 nahe Geisingen auf einen Parkplatz fuhr. Ein Drogenspür­hund schlug an, als die Beamten den Mercedes kontrollie­rten. Das Versteck Marke Eigenbau hebelten die Ermittler auf und entdeckten darin 18 mit Marihuana gefüllte Alubeutel. „Es hat im Auto stark nach Marihuana gerochen“, sagt ein Polizist vor Gericht. Um den Geruch zu neutralisi­eren, legten die Lieferante­n einen Wunderbaum ins Versteck. Für mindestens 35 000 Euro sollte der Präsident die Lieferung übernehmen.

Obwohl die Spur in die Räume des Rockerclub­s führte, blieben der Präsident und sein Hilfssheri­ff bis Ende April auf freiem Fuß. Als die Polizei ihre Wohnungen und die Klubräume durchsucht­e, entdeckte sie einen Drogen-Mix aus Kokain, Heroin, Marihuana und Amphetamin­en. Bei der

Razzia Ende April in Laiz, an der Spezialkrä­fte beteiligt waren, beschlagna­hmten die Beamten auch Waffen und Schlagwerk­zeuge.

Bei einer Überprüfun­g eines Schließfac­hs bei einer Pfullendor­fer Bank, das der Familie des Präsidente­n gehört, sind 80 000 Euro in bar gefunden worden. Laut der Ehefrau des Mannes habe ihr Mann keinen Zugriff zu dem Schließfac­h gehabt, deshalb erhielt sie das Geld zurück.

Seither sind die beiden Klubmitgli­eder in Haft und werden es wohl auch noch länger bleiben. Ein Urteil will die Strafkamme­r des Landgerich­ts Hechingen Ende Oktober sprechen.

 ??  ?? FOTO: FXH
FOTO: FXH
 ?? FOTO: MICHAEL HESCHELER ??
FOTO: MICHAEL HESCHELER

Newspapers in German

Newspapers from Germany