Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Altkleider-Krise: DRK droht Einbruch des Gewinns
Gammertinger sammeln neun Tonnen gebrauchte Kleidungsstücke – Doch die Preise dafür liegen am Boden
GAMMERTINGEN - Der Markt für Altkleider liegt am Boden, die für das Frühjahr geplanten Sammlungen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Landkreis Sigmaringen waren wegen der Coronavirus-Pandemie abgesagt worden. Trotzdem hat der Gammertinger Ortsverein, unterstützt von der Jugendfeuerwehr, am Samstag eine Altkleidersammlung in der Kernstadt und den Ortsteilen auf die Beine gestellt. „Wir sind auf die Einnahmen angewiesen“, sagt die Ortsvereinsvorsitzende Sonja Göckel. Doch sie rechnet auch damit, dass der Erlös dieses Mal deutlich geringer ausfallen wird als in der Vergangenheit.
Altkleider nimmt das DRK im Landkreis Sigmaringen vor allem auf zwei Wegen entgegen: bei Sammlungen der Ortsvereine und Bereitschaften einerseits und über aufgestellte Container andererseits. „36 Container, verteilt über das gesamte Kreisgebiet, sind es normalerweise“, sagt Claudia Lamprecht von der Servicestelle Ehrenamt. Inzwischen aber hätten einige Ortsvereine ihre Container abgebaut. „Denn wegen der Corona-Pandemie nehmen die meisten Verwerter kaum noch Ware an – oder gar keine mehr“, sagt DRKSprecherin Nicole Maruhn. Dass die Grenzen zu vielen Abnehmer-Ländern im Frühjahr geschlossen worden waren, habe Spuren hinterlassen. Die Sorge vor erneuten Grenzschließungen sei groß.
Das wirkt sich auch auf die Sammlungen aus, an denen sich im Frühjahr in der Regel alle 20 Ortsvereine aus dem Kreisgebiet beteiligen. „Die Sammlungen in diesem Frühjahr sind Corona-bedingt ausgefallen.
Für 2021 haben wir vorsichtshalber noch keinen kreisweiten Termin festgelegt“, sagt Nicole Maruhn. Sammlungen im Herbst seien eher die Ausnahme. Nicht so beim DRK in Gammertingen: Dort sind die meisten der etwa 15 aktiven Mitglieder auch dann regelmäßig unterwegs.
Der Einsatz am Samstag hat sich für sie jedenfalls gelohnt. „Knapp neun Tonnen Altkleider haben wir gesammelt“, sagt Sonja Göckel. Im Durchschnitt seien es sechs bis neun Tonnen, in schlechten Zeiten schon drei oder vier gewesen. „Wir haben das große Glück, dass viele Gammertinger ihre Altkleider extra für das DRK aufbewahren“, sagt sie. Denn der Bevölkerung sei inzwischen bewusst, dass es sich für das Rote
Kreuz um eine wichtige Einnahmequelle handelt. „Mit Werbung und Flyern weisen wir darauf auch regelmäßig hin.“
Göckel verweist zum Beispiel auf die Kosten für Fortbildungen und darauf, dass sich die „Helfer vor Ort“Gruppen finanziell selbst tragen. „Das Material für die Einsätze, etwa Pads für den Defibrillator, müssen wir selbst bezahlen“, sagt sie. Geld für die gesammelten Altkleider bekommt das DRK vom Textilverwerter Striebel in Langenenslingen, der die gesammelte Ware annimmt. Die Verantwortlichen stellen sich aber auch darauf ein, dass der Kilopreis wegen der Corona-Krise in diesem Jahr deutlich geringer ausfallen wird als sonst. „Wie viel wir genau bekommen, wissen wir noch nicht“, sagt Sonja Göckel. „Generell sind die Preise zurzeit ziemlich schlecht.“
Das bestätigt Hermann Bischof, bei der Firma Striebel zuständig für Straßensammlungen und Logistik. Noch immer seien die Folgen der Grenzschließungen im Frühjahr spürbar, sagt er. „Nicht nur, dass unsere eigenen Läden schließen mussten: Auch unsere Abnehmer im Ausland sind als Kunden weggefallen.“Inzwischen steige die Nachfrage nach Altkleidern langsam wieder an. „Aber es ist enorm viel Ware auf dem Markt“, sagt Bischof. „Solange das so ist, wird sich die Lage nicht groß entspannen.“Wie viel das Gammertinger DRK für die gesammelte Kleidung bekommt, könne auch er noch nicht sagen. „Aber vielleicht wird es nur noch halb so viel sein wie sonst.“
Sonja Göckel betont, dass es für den Ortsverein trotz allem keine Alternative gibt – und das nicht nur, weil er auf das Geld angewiesen ist. „Uns haben auch schon viele Leute angesprochen, die nicht wissen, wie sie ihre Altkleider loswerden sollen“, sagt Göckel. Sie weist neben Containern und Sammlungen noch auf eine dritte Möglichkeit hin: Im Gammertinger DRK-Heim können jederzeit Kleiderspenden abgegeben werden. „Diese sammeln wir auf einem Auflieger, den uns die Firma Reifen Göggel zur Verfügung stellt, und transportieren sie bei Bedarf ab.“