Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Corona-Hilfen müssen oft versteuert werden

Wer Geld vom Staat bekommen hat, muss möglicherw­eise Abgaben nachträgli­ch zahlen

- Von Sabine Meuter

BERLIN (dpa) - In der Corona-Krise hat sich der Staat spendabel gezeigt: Soloselbst­ständige, Kleinunter­nehmer und Angestellt­e haben in vielen Fällen ebenso eine Finanzspri­tze bekommen wie Familien. Doch Empfänger der Corona-Hilfen müssen das erhaltene Geld eventuell nachträgli­ch versteuern: Wenn der Steuerbesc­heid für 2020 ins Haus flattert, kann es sein, dass der Fiskus sie zur Kasse bittet. Wichtige Fragen und Antworten dazu im Überblick.

Was gilt steuerlich für Soloselbst­ständige und Kleinunter­nehmer, die Corona-Soforthilf­en erhalten haben?

„Sie müssen die Soforthilf­en als Betriebsei­nnahmen abrechnen“, sagt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahl­er. Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass ihre Steuerlast steigt. Zudem prüft das Finanzamt, ob die Corona-Hilfen-Empfänger das Geld zurecht erhalten haben. In den neuen Steuerform­ularen gibt es dazu eine Extraanlag­e. Wer zu viel erhalten hat, muss die Leistungen gegebenenf­alls zurückzahl­en.

Können Betroffene Steuerzahl­ungen auch verschiebe­n?

Alle, die wegen der Corona-Pandemie in Zahlungssc­hwierigkei­ten sind, können ihre Steuervora­uszahlunge­n herabsetze­n lassen. Auch haben sie die Option, Steuern in Raten zu zahlen oder stunden zu lassen. „Das müssen Steuerpfli­chtige individuel­l beim Finanzamt beantragen“, so Klocke. Wer fällige Einkommen-, Körperund Umsatzsteu­er stunden lässt, muss bis zum 31. Dezember 2020 keine Zinsen zahlen. Egal, ob Steuerstun­dung oder Reduzierun­g der Vorauszahl­ungen: Aufgeschob­en ist nicht aufgehoben. Die Steuern sind in jedem Fall zu zahlen.

Ist Kurzarbeit­ergeld generell abgabenfre­i?

Das Kurzarbeit­ergeld selbst ist steuerfrei. Es unterliegt aber bei der Einkommens­teuererklä­rung dem sogenannte­n Progressio­nsvorbehal­t. „Das bedeutet: Der Steuersatz für das übrige steuerber pflichtige Einkommen erhöht sich“, erklärt Uwe Rauhöft vom Bundesverb­and Lohnsteuer­hilfeverei­ne in Berlin. Ob dies eine Steuernach­zahlung mit sich bringt, hängt vom Einzelfall ab. „In Fällen, in denen lediglich zwei bis drei Monate zu 100 Prozent kurzgearbe­itet wurde und dann wieder die normale Tätigkeit aufgenomme­n wird, entsteht in der Regel keine Steuernach­zahlung“, sagt Klocke. Ihr zufolge müssen alle, die im Jahr mehr als 410 Euro Kurzarbeit­ergeld erhalten, eine Einkommens­teuererklä­rung erstellen.

Sind Boni, die Arbeitgebe­r ihren Beschäftig­ten zahlen, steuerfrei?

In diesem Jahr können Beschäftig­te bis zu 1500 Euro steuerfrei zusätzlich erhalten. „Geld- und Sachleistu­ngen bis zu dieser Höhe sind steuer- und sozialabga­benfrei“, bemerkt Rauhöft. Die Leistung können Arbeitgela­ut der Stiftung Warentest ihren Mitarbeite­rn zusätzlich zu anderen geldwerten Extras gewähren, zum Beispiel neben einem regelmäßig­en Monatstick­et-Zuschuss. Voraussetz­ung ist, dass das Geld zusätzlich zum ohnehin geschuldet­en Arbeitsloh­n gezahlt wird.

Wie wirkt sich der Kinderbonu­s auf die Steuererkl­ärung aus?

Eltern erhalten 2020 prinzipiel­l einen Kinderbonu­s in Höhe von 300 Euro – und zwar für jedes Kind, für das sie mindestens einen Monat lang Anspruch auf Kindergeld haben. „Für Kinder, die zum Beispiel erst im November geboren werden, gibt es den Bonus ebenfalls“, so Klocke. Wie das reguläre Kindergeld rechnet der Fiskus auch den Kinderbonu­s bei der Einkommens­teuererklä­rung auf den Kinderfrei­betrag an. Ehepaare mit einem zu versteuern­den Jahreseink­ommen

bis rund 68 000 Euro (bei Einzelpers­onen etwa die Hälfte) profitiere­n vom Bonus. Bei höheren Einkünften schmilzt der Vorteil ab.

Eltern mussten wegen geschlosse­ner Kitas und Schulen für einige Zeit ihre Arbeitszei­t reduzieren und haben für die Einkommens­einbußen Ausgleichs­zahlungen erhalten. Was gilt hier steuerlich?

Ausgleichs­zahlungen nach dem Infektions­schutzgese­tz sind steuerfrei, werden aber ebenfalls bei der Einkommens­teuer berücksich­tigt. Sie unterliege­n dem Progressio­nsvorbehal­t – der Steuersatz für das übrige Einkommen erhöht sich also. „Dadurch kann es in einigen Fällen zu Steuernach­zahlungen kommen“, so Rauhöft.

Was ist bei der Steuererkl­ärung zu beachten, wenn der Arbeitgebe­r eine kurzfristi­ge Kinderbetr­euung oder die Versorgung eines pflegebedü­rftigen Angehörige­n finanziert?

Der Arbeitgebe­r kann einen Beschäftig­ten mit 600 Euro im Jahr steuerfrei bei einer kurzfristi­gen Kinderbetr­euung oder der Versorgung eines pflegebedü­rftigen Angehörige­n unterstütz­en. Zahlt er einen höheren Betrag für die kurzfristi­ge Betreuung, so ist laut Stiftung Warentest der Anteil oberhalb der 600 Euro steuerpfli­chtig.

Viele Ärzte und Pfleger, die schon in Rente waren, sind im Zuge der Pandemie wieder ins Berufslebe­n zurückgeke­hrt. Was gilt hier?

Sie dürfen für ihre Tätigkeit unter Umständen die sogenannte Übungsleit­erpauschal­e nutzen. Das heißt: Ein Einkommen von bis zu 2400 Euro im Jahr bleibt steuer- und sozialabga­benfrei. Wer diese Grenze einhält, muss nachträgli­ch nicht damit rechnen, dass das Finanzamt ihn mit dem Einkommens­teuerbesch­eid 2020 zur Kasse bittet. Sollten die Einnahmen höher sein, müssen Betroffene aber eventuell auch keine Steuern zahlen. Der Grund: Sie können Stiftung Warentest zufolge eigene Ausgaben für den Job steuermind­ernd geltend machen.

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FOTO: ROBERT MICHAEL/DPA Zuschüsse vom Staat im Zusammenha­ng mit der Corona-Pandemie können in manchen Fällen die Steuerlast erhöhen.

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